Auszug
Das Experteninterview ist eines der am häufigsten eingesetzten Verfahren in der empirischen Sozialforschung. Es kommt sowohl als eigenständiges Verfahren als auch im Rahmen einer Methodentriangulation zur Anwendung. Bereiche, in denen besonders häufig von Experteninterviews Gebrauch gemacht wird, sind die industriesoziologische Forschung, die Organisationsforschung, die Bildungsforschung und die Politikforschung. Lange Zeit erfolgten die Durchführung und die Auswertung von Experteninterviews in Gestalt eines methodologischen Pragmatismus. Die Forschungspraxis war von einer gewissen “Hemdsärmeligkeit“ geprägt. Der Häufigkeit der Anwendung des Verfahrens korrespondierte keine methodologische Reflexion, die sich um eine Bestimmung der Besonderheiten des Experteninterviews gegenüber anderen Interviewverfahren bemühte. Die Folge ist eine gewisse “Unübersichtlichkeit und Uneinheitlichkeit in der Auffassung und Darstellung von Experteninterviews“ (Mieg/Brunner 2004: 199; ähnlich Bogner/Menz 2002a: 20). Dies gilt gleichermaßen für die deutsche wie die internationale Forschungslandschaft.
Dieser Beitrag basiert auf Überlegungen aus zuvor publizierten Aufsätzen zum Verfahren des Experteninter- views (Meuser/Nagel 1991,1994,1997,2002)und führt diese fort.
Siehe hierzu den Beitrag von Susanne Pickel zu Triangulation in diesem Band.
Beispiele aus einigen dieser Forschungsbereiche finden sich in Bogner/Littig/Menz (2002).Zum Stellenwert von Experteninterviews in der Politikforschung vgl.Schmid (1995).
Für die politikwissenschaftliche Forschung weist Schmid (1995)auf eine Diskrepanz von Verwendungshäu- figkeit und geringem methodischen Interesse hin.
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Meuser, M., Nagel, U. (2009). Das Experteninterview — konzeptionelle Grundlagen und methodische Anlage. In: Pickel, S., Pickel, G., Lauth, HJ., Jahn, D. (eds) Methoden der vergleichenden Politik- und Sozialwissenschaft. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91826-6_23
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