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30.08.2021 | Krankenhaus | Nachrichten

GKV: Drei Säulen für eine sichere Pflege

Angesichts des Pflegenotstands in deutschen Krankenhäusern hat der GKV-Spitzenverband Vorschläge für eine „sichere, gute und bedarfsgerechte Pflege“ vorgestellt. Dabei setzt der Dachverband der Krankenkassen auf drei Säulen.

Stress im Krankenhaus © vm / Getty Images / iStockPersonalengpässe in der in der Pflege sind in Kliniken an der Tagesordnung.

In einer Mitteilung vom Donnerstag schlagen die Kassen vor, zunächst die Pflegepersonaluntergrenzen als Interimslösung zu nutzen. Darüber hinaus gelte es, eine „moderne“ Pflegepersonalbedarfsermittlung zu entwickeln und die Versorgungslandschaft hin zu „bedarfsgerechten Strukturen“ umzubauen.

Personaluntergrenzen – mehr Zumutung als Lösung?

Die Grenzen der Personaluntergrenzen sind dem GKV Spitzenverband durchaus bewusst. So bescheinigte Stefanie Stoff-Ahnis vom Verbandsvorstand diesem Werkzeug „bestenfalls“ die Schulnote „4. Die Personaluntergrenzen könnten lediglich dazu dienen, Patientengefährdung zu vermeiden. Zudem würden selbst diese Untergrenzen oft nicht erreicht, räumte Stoff-Ahnis ein. Im Durchschnitt 12 Prozent aller Schichten in den 1.300 Krankenhäuser, für die Pflegepersonaluntergrenzen gelten, seien unterbesetzt, in den neurologischen Schlaganfalleinheiten wäre das sogar in jeder fünften Schicht der Fall. Für Patienten wie Pflegefachpersonen sei dies eine „gesundheitsgefährdende Zumutung“.

Gute Pflege braucht Personalbemessung

Eine Personalausstattung, die einer guten pflegerischen Versorgung in Krankenhäusern Rechnung trage, sei abhängig vom Pflegebedarf und deutlich höher als eine Mindestvorgabe. „Für die Zukunft brauchen wir endlich ein zuverlässiges Instrument zur Messung des tatsächlichen Pflegepersonalbedarfs auf jeder Station in jedem Krankenhaus. Blinde Flecken darf es nicht mehr geben“, betonte Stoff-Ahnis.

Bis dahin sollen nach dem Willen des GKV-Spitzenverbands die Pflegepersonaluntergrenzen in Kombination mit der vollständigen Finanzierung jeder neuen Pflegestelle als „gute und vor allem praktikable Interimslösung“ dienen. Nach Vorgaben des Gesetzgebers muss die Entwicklung und Erprobung des neuen Pflegepersonalbemessungsinstruments bis Ende 2024 abgeschlossen sein.

Bedarfsgerechte Versorgungsstrukturen

Darüber hinaus sollen nach den Vorstellungen der Kassen “bedarfsgerechte Strukturen“ für Entlastung sorgen. Dies sei ein Schlüssel, um die Pflegesituation für Patientinnen und Patienten sowie Pflegende dauerhaft zu verbessern. Durch medizinisch nicht notwendige stationäre Behandlungen verschafften sich Kliniken zusätzliche Einnahmen und würden gleichzeitig Pflegekräfte, die an anderer Stelle fehlen, blockieren. Nach Angaben des GKV Spitzenverbands verbrachten 2019 rund vier Millionen Menschen lediglich eine Nacht im Krankenhaus. Ein großer Teil davon hätte auch ambulant behandelt werden können. „Durch das Schließen nicht bedarfsnotwendiger Kliniken schwindet der Anreiz, unnötige Behandlungen und Operationen durchzuführen“, so Stoff-Ahnis.

Grob fahrlässige Fehleinschätzung

Beim Deutschen Pflegerat (DPR) stößt der Vorstoß der Krankenkassen indes auf Gegenwind.  Die Ablehnung der von DPR, Deutscher Krankenhausgesellschaft und Verdi gemeinsam entwickelten PPR 2.0 durch die Kassen bezeichnete DPR-Präsidentin Christine Vogler am Freitag als „grob fahrlässige Fehleinschätzung“.

Die gesetzlich bedingte Personalbemessung im Krankenhaus komme frühestens 2025. Solange auf die in vielen Schichten nicht erfüllten Pflegepersonaluntergrenzen, voll finanziertes Pflegepersonal und bedarfsgerechte, abnehmende Fallzahlen zu bauen, sei nicht sachgerecht.

Zu guten Arbeitsbedingungen gehören aus Sicht des DPR zudem eine der Verantwortung angemessene Bezahlung, eine sinnvolle Verteilung der Aufgaben sowie eine Einbeziehung der Profession in die Gestaltung aller sie betreffenden Fragen.

„Nur wenn es uns gelingt, für diese vier Meilensteine einer sicheren, guten und bedarfsgerechten Pflege im Krankenhaus schnellstmöglich Lösungen zu finden – mit der PPR 2.0 als Interimslösung – und diese auch direkt umsetzen, können die hierfür notwendigen professionell Pflegenden im Beruf gehalten und gewonnen werden“, erklärte Vogler. Dem GKV-Spitzenverband komme dabei eine entscheidende Rolle zu, die er ernster nehmen müsse, als er dies in der Vergangenheit vielfach getan habe. (ne)