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Erschienen in: Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 5/2018

12.07.2017 | Originalien

Kompression oder Expansion der Morbidität in der ambulanten Versorgung?

Die Generation 65plus in 2007 und 2014

verfasst von: Diplom Kauffrau (FH) Janina Frank, MPH, Prof. Dr. Birgit Babitsch

Erschienen in: Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie | Ausgabe 5/2018

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Zusammenfassung

Hintergrund

Im Zuge einer alternden Bevölkerung werden die Thesen der Kompression bzw. Expansion der Morbidität diskutiert.

Ziel der Arbeit

Untersucht wird die Frage, wie sich die Morbidität und das damit verbundene Leistungsvolumen im ambulanten Versorgungsbereich entwickeln.

Material und Methode

Mit einer bundesweit repräsentativen Versichertenstichprobe ambulanter Abrechnungsdaten der Jahre 2007 und 2014 wird die Entwicklung der in den Abrechnungsdaten dokumentierten Morbidität und des ambulanten Leistungsvolumens der Generation 65plus durch eine retrospektive, kohortenspezifische Betrachtung empirisch untersucht.

Ergebnisse

Im Jahr 2014 sind die Anteile der multimorbiden Patienten gegenüber den Chronikern, anderen Inanspruchnehmern und Nichtinanspruchnehmern gestiegen. Eine Subgruppenanalyse zeigt für nahezu alle Alters- und Geschlechtsgruppen rückläufige Inzidenzen. Insgesamt erhöht sich jedoch das durchschnittliche ambulante Leistungsvolumen je Versicherten, was primär auf die zunehmende Versorgung der Multimorbiden und Verstorbenen zurückzuführen ist.

Diskussion

Eine hohe Lebenserwartung ist mit einer zunehmenden Anfälligkeit für chronische Erkrankungen und Multimorbidität verbunden, was für die Morbiditätsexpansion im ambulanten Versorgungsbereich spricht. Der daraus resultierende zunehmende ambulante Versorgungsbedarf sollte durch gezielte Versorgungskonzepte für Chroniker und Multimorbide gedeckt werden. Die rückläufigen Inzidenzen sind ein positives Indiz dafür, auch zukünftig bei der Generation 65plus gesundheitsfördernde Maßnahmen zu verstärken. Um gezielte Versorgungsangebote für eine heterogene Generation 65plus zu entwickeln, sind differenzierte Analysen, beispielsweise nach sozioökonomischem Status und einzelnen Krankheitsbildern, erforderlich.
Fußnoten
1
Es werden nur die Versicherten für die Stichprobe ausgewählt, die an einem festgelegten Kalendertag eines beliebigen Monats Geburtstag haben (daher die Bezeichnung „Geburtskalendertage“).
 
2
Die Stichprobengröße variiert, je nachdem wie viele Geburtskalendertage, aufgrund datenschutzrechtlicher Vorgaben berücksichtigt werden.
 
3
Keine durchgängige Versichertenzeit kann beispielsweise durch datentechnische Lieferlücken, das Versterben, eine dauerhafte Ein- oder Auswanderung, Auslandsarbeit oder einen Versicherungswechsel entstehen. Die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten der letzten zwei Gründe erscheint ab einem Alter von 65 Jahren, auch hinsichtlich der gesetzlichen Regelung, nur in Ausnahmefällen ab einem Alter von 55 Jahren in die GKV wechseln zu können, eher gering.
 
4
Die Liste der chronischen Erkrankungen ist unter dem folgenden Link einsehbar: http://​www.​biomedcentral.​com/​content/​supplementary/​1471-2458-11-101-S2.​PDF.
 
5
Aufgrund von ICD-Änderungen in 2013 wurde die Liste bezogen auf die Krankheitsgruppe der Hämorrhoiden angepasst.
 
6
Aufgrund der sog. Währungsreform im vierten Quartal 2013 zur ausgabenneutralen Anhebung des Orientierungswertes werden für die Vergleichbarkeit der Jahre 2007 und 2014, die im Jahr 2007 in Punkten bewerteten EBM-Leistungen mit dem Faktor 0,35363 multipliziert und so auf das Niveau des Jahres 2014 normiert (vgl. Beschluss des Bewertungsausschusses in seiner 304. Sitzung).
 
7
Preiseffekte zwischen den Jahren 2007 und 2014 bleiben unberücksichtigt, indem die in Euro bewerteten Leistungen jeweils mit einem einheitlichen Faktor von 1/0,101300 multipliziert werden.
 
8
Bei einer Abschwächung der Validierungsstrategie, indem ein ICD-Kode nur in 2 anstelle 3 aus 4 Quartalen kodiert worden sein muss, bestätigen sich die Ergebnisse von der Tendenz. Allerdings sinken die Anteile der Inanspruchnehmer und Chroniker zulasten der Multimorbiden, und die kumulative Inzidenz erhöht sich in beiden Jahren im Niveau.
 
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Metadaten
Titel
Kompression oder Expansion der Morbidität in der ambulanten Versorgung?
Die Generation 65plus in 2007 und 2014
verfasst von
Diplom Kauffrau (FH) Janina Frank, MPH
Prof. Dr. Birgit Babitsch
Publikationsdatum
12.07.2017
Verlag
Springer Medizin
Erschienen in
Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie / Ausgabe 5/2018
Print ISSN: 0948-6704
Elektronische ISSN: 1435-1269
DOI
https://doi.org/10.1007/s00391-017-1291-6

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