Klimafolgenanpassung Hitzewellen und Extremwetterereignisse nehmen in Deutschland zu. Pflegefachpersonen müssen sich dringend darauf vorbereiten, um zu gesundheitlichen Folgen von Hitzewellen und zu geeigneten Maßnahmen beraten zu können.
Eine Strategie, das Klima zu schützen ist, den ökologischen Fußabdruck von jeder einzelnen Person, aber auch von Institutionen zu reduzieren. Der Lancet Countdown for Health and Climate Change-Report hat 2019 Empfehlungen für die systematische und flächendeckende Umsetzung von Hitzeschutzplänen zur Reduktion von hitzebedingten Gesundheitsrisiken in Deutschland veröffentlicht. Dieser Text beleuchtet die hitzebedingten Herausforderungen für pflegebedürftige Personen in Privathaushalten und welche Schlüsselpositionen beratende Pflegefachpersonen beim Umgang mit Hitzeperioden haben können.
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Hitzebedingte Auswirkungen auf pflegebedürftige Personen
Die Wissenschaft warnt immer eindringlicher vor der erhöhten Gesundheitsgefährdung der deutschen Bevölkerung aufgrund der starken und langanhaltenden Wärmebelastungen im Sommer und dem gleichzeitigen zahlenmäßigen Anwachsen der Risikogruppen. Dabei spielen die Überalterung und die Verstädterung eine zentrale Rolle. Eine RKI-Studie zu den Hitzewellen (2006, 2015, 2018) in Hessen und Berlin zeigt, dass es zu einer erhöhten Mortalitätsrate gekommen ist. Dabei war besonders auffällig, dass etwa 50% der hitzebedingten Sterbefälle den älteren Altersgruppen (> 64 Jahren) zu zuordnen war.Insgesamt sind bei chronisch kranken und pflegebedürftigen Personen (Abb. 1) eine Verschlechterung von körperlichen, kognitiven und psychischen Fähigkeiten sowie die Verstärkung von Symptomen bestehender Vorerkrankungen als Folge der Wärmebelastung und ungünstiger Faktoren des räumlichen und sozialen Umfeldes festzustellen.
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Beratungskompetenz von Pflegefachkräften muss erweitert werden
Der International Council of Nurses (ICN) hat 2021 in seiner Überarbeitung des Ethikkodexes die globale Gesundheit als Aufgabe und Verantwortung von Pflegenden deutlich herausgehoben. In der Evaluation von 2021 mahnte der Lancet Countdown Health and Climate Change-Report an, zügig den Planetary-Health-Ansatz verpflichtend in Aus-, Fort- und Weiterbildung von Gesundheitsberufen zu verankern. Planetary Health (deutsch "planetare Gesundheit") beschreibt den Gesundheitszustand der menschlichen Zivilisation und der sie umgebenden Umwelt, von der sie abhängt. Die veränderten Umweltbedingungen und deren massive Auswirkungen auf die Gesundheit erfordern auch von Pflegenden ein tieferes Verständnis für den Ernst der Lage. Auch Pflegende müssen einen Anteil leisten, um zu einer nachhaltigeren und gesundheitsfördernden Gesellschaft beizutragen. Beratende Pflegefachpersonen sollten über Fachwissen zu gesundheitsfördernden Präventivmaßnahmen, hitzebedingten Schädigungen und erforderlichen Sofortmaßnahmen verfügen. Gerade die pflegerische Beratung im Kontext vom SGB V und SGB XI lassen einen Spielraum zu, um die individuelle Beratung auf den Aspekt des Klima- und Gesundheitsschutzes sowie der Klimafolgenanpassung von pflegebedürftigen Personen und deren pflegenden Angehörigen in Privathaushalten auszuweiten. Die Pflegefachperson müssen sich ihrer Multiplikatorenrolle bewusst werden und ihre Fähigkeiten zu einer zielgruppenspezifischen und klimafreundlicheren Aufklärung weiterentwickeln. Dazu gehören z.B. der Aufbau von Netzwerken mit örtlichen Akteuren (niedergelassene Ärzte, Gesundheitsämter etc.) und das Bereithalten von hitzespezifischen Informationsmaterialien für pflegebedürftige Personen und ihr soziales Umfeld. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) und das Umweltbundesamt bieten dazu Broschüren mit einer Vielzahl von praktischen Empfehlungen bei Hitzeperioden an.
Pflegerische Empfehlungen bei hitzebedingten Belastungen
Eine wichtige Maßnahme ist die rechtzeitige und proaktive Kontaktaufnahme zu Personen, die bereits eine Pflegeberatung in Anspruch nehmen. So können individuelle Angebote zu hitzebedingten Risiken und Präventionsmaßnahmen gemacht werden. Folgende Aspekte könnten eine Beratung umfassen:
Reduzierung von Hitze in Innenräumen (kühlende Inseln)
Wirksamkeit und Lagerfähigkeit von Medikamenten
Auswirkungen auf physische und psychische Funktionen (z.B. Schwindel oder herausforderndes Verhalten)
Reduzierung von UV-Belastung beim Aufenthalt im Freien
Anpassung von Kleidung
Erhöhte Sturzgefahr
Angepasstes Trinkverhalten
Alternative Abkühlmaßnahmen (Wickel, Fußbäder oder Waschungen im Sinne von Basaler Stimulation®)
Angepasster Tagesablauf
Die Angebote müssen in Hinblick auf die Umsetzbarkeit geprüft und an die jeweilige Pflegesituation angepasst werden.
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Hitzeaktionspläne in ambulanten Pflegediensten und Pflegeberatungsstellen
Es gibt bereits entwickelte Hitzeaktionspläne, zum Beispiel in Hessen, und ein angemessenes Warnsystem durch den DWD. Auch führen die Landesgesundheitsämter ein Monitoring durch. Jedoch fehlt es noch an einer bundesweiten, flächendeckenden, strukturierten und gesteuerten Handlungsplanung, die die Umsetzung und die Zusammenarbeit der versorgenden Akteure zum Wohle der Risikogruppen effizient koordiniert. Um die mittel- und langfristige Hitzeresilienz in Kommunen, Institutionen und bei den Risikogruppen zu stärken, ist es notwendig, die Entwicklung und Umsetzung von Hitzeaktionsplänen weiter voranzutreiben und ein regionales Netzwerk von Akteuren zu pflegen. Pflegefachpersonen müssen sich dabei verstärkt einbringen und gemeinsam mit den Kommunen, zuständigen Gesundheitsämtern und niedergelassenen Ärzten Handlungsfelder und Maßnahmenpläne für die ambulante Versorgung entwickeln. Die Bundesempfehlungen zur Erstellung eines Hitzeaktionsplans bieten eine gute Orientierung, um beispielsweise innerbetriebliche Verfahrensanweisungen bei einer starken Wärmebelastung zu entwickeln, ein regionales Warnsystem zu etablieren oder den Personaleinsatz anzupassen. An dieser Stelle muss sich auch die Pflegewissenschaft den Auswirkungen des Klimawandels stärker zuwenden und klimafreundliche Handlungsoptionen für die Pflegeprofession entwickeln.
Pflege einfach machen
Pflegefachpersonen müssen sich verstärkt mit ihrer Verantwortung für eine individuelle und globale Gesundheit auseinandersetzen, um durch eine gezielte Beratung der Risikogruppen in ihrem pflegerischen Arbeitsalltag den Ausbau einer langfristigen Hitzeresilienz aktiv mitzugestalten.
Eine umfassende Aufklärung, Information, Beratung und Anleitung von pflegebedürftigen Menschen und deren pflegenden Angehörigen kann ein entscheidender Beitrag von beratenden Pflegefachpersonen sein, um die Folgen von starker Wärmebelastung zu reduzieren.
Der Deutsche Wetterdienst (DWD) und das Umweltbundesamt bieten dazu Broschüren mit einer Vielzahl von praktischen Empfehlungen bei Hitzeperioden an.
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