Die Versorgung von Kindern im OP und die Betreuung ihrer Eltern erfordert ein hohes Maß an Empathie, besonders in Notfallsituationen. Für eine professionelle Betreuung sind zudem eine strukturierte Planung und standardisierte Prozesse notwendig. Der Bericht aus einem Hamburger-OP zeigt die vielen Schritte, die für ein gelingendes OP-Management im Sinne der Familienbetreuung nötig sind.
Die Indikationsstellung für eine Operation findet seitens der Ärzte statt. Die Aufklärung zum Ablauf der geplanten Operation ist ein sehr sensibler und emotionaler Moment für die Familie und benötigt viel Empathie und Einfühlungsvermögen. Die Operateure und Anästhesisten sind hierbei in enger Abstimmung mit den Eltern und dem Belegungsmanagement. Für die Vertrauensbildung ist es sehr wichtig, einen festen und sicheren OP-Termin zu gewährleisten. Die unterschiedlichen Vorgehensweisen für den präoperativen Prozess hängen von der Art des Eingriffs, dem Alter des Kindes und den sozialen Rahmenbedingungen der Familie ab.
Patienten werden in drei verschiedene Gruppen eingeteilt:
- Ambulanter Patient
- SDS (Same Day Surgery)
- Patient Stationärer Patient
In dem Vorgespräch sollten die Eltern die Informationen schriftlich in Form eines Informationsflyers bzw. den Aufklärungsbogen ausgehändigt bekommen. Hier sollte das prä- und postoperative Prozedere gut verständlich erläutert sein. Das Team plant die Operation im Planungssystem und schickt die Anmeldung an die Anästhesie.
Eine gute Planung ist entscheidend
Um den Kindern und ihren Eltern eine zuverlässige und den kindlichen Ansprüchen gerechte Terminvergabe zu garantieren, stimmen wir dies in einer täglichen OP-Planbesprechung mit allen beteiligten Berufsgruppen ab: OP Manager, Anästhesist, Operateure, OP- und Anästhesiepflege, Stationsleitung, Intensivmediziner und SDS-Team. Wichtige Gesichtspunkte hierbei sind das Alter des Kindes, die Art des Aufnahmestatus sowie der Anästhesiefreigabestatus. Der Fokus bei der OP-Planung liegt darin, die Kinder am OP-Tag nicht zu lange nüchtern zu lassen und den Eltern die Möglichkeit zu geben, so lange wie möglich bei ihren Kindern zu bleiben.
Die Reihenfolge der Operationen ist die Voraussetzung für die Abstimmung der Betten der SDS-Kinder: Festlegung der Einbestellzeiten durch das SDS-Team für alle ambulanten und SDS-Kinder. Die unterschiedlichen Aufnahmeformen werden für alle im OP-Planungsprogramm markiert und mit der Einbestellzeit dokumentiert.
Die Eltern erfahren bei der telefonischen Einbestellung am Vortag, wie die Vorbereitung für ihr Kind durchgeführt werden muss: Nüchternheit, Medikamentengabe, Trinkverhalten und ggf. zusätzliche Informationen für die postoperativen Prozesse.
Das richtige Aufnahmemanagement wirkt beruhigend
Alle stationären Kinder kommen einen Tag vor der Operation auf die jeweilig geplante Station und werden dort für die OP am Folgetag von der Stationspflege mit den Eltern gemeinsam vorbereitet. Die ambulanten und SDS-Kinder kommen am Tag der Operation ins Aufnahmebüro des SDS-Bereichs und werden dort als Patienten der Klinik aufgenommen. In diesem Gespräch wird die erfolgte OP-Vorbereitung (Nüchternheit, Medikamente, Temperatur und Allgemeinzustand des Kindes) abgefragt und die Eltern werden über alle weiteren Schritte informiert.
Die Kinder erhalten ihre Identifikationsarmbänder und – falls angeordnet - ihre Prämedikationen. Außerdem wird bei Bedarf die exakte Körperstelle für den Eingriff markiert. Die Kinder und ihre Eltern warten anschließend in einem kindgerecht gestalteten Wartebereich. Die Gestaltung der Wartebereiche und SDS Umkleiden ist farblich abgestimmt, freundlich bunt mit Bildern und Entertainment für alle Altersgruppen. Spielen, malen und basteln sind sehr gute Ablenkungen für Groß und Klein. So lässt sich die Aufregung ein wenig in den Hintergrund rücken. Diese angenehme Atmosphäre wirkt sich positiv auf Kind und Eltern aus.
Links ist die Tür zur Patientenschleuse, rechts die für die Eltern zur Elternschleuse.
Präoperative Prozesse: Vor dem Eingriff ist noch viel zu tun
Die Familien werden vom SDS-Team oder der Stationspflege zur Patientenschleuse und Elternschleuse begleitet. Hier werden die Kinder von der OP-Außenschiene, also den Pflegenden, die die Patienten in den OP-Bereich einschleusen, in Empfang genommen. Dies ist noch einmal ein Moment, um relevante Informationen weiterzugeben. Die Eltern gelangen über die Elternschleuse in den OP Bereich und werden gemeinsam mit ihrem Kind in die Holding Area (Präoperativer Wartebereich) der Anästhesiepflege begleitet. Die räumliche Gestaltung hat farbliche Akzente und bunte Wimmelbilder, welche die Kinder und Eltern ablenken und so die Wartezeit verkürzen. Anschließend können die Eltern ihre Kinder gemeinsam mit den zuständigen Anästhesiepflegenden in die OP-Einleitung (Raum in dem die Narkotisierung der Kinder durch das Anästhesie-Team erfolgt) begleiten. Diese Räume haben ebenfalls farblich abgestimmte Wände und Möbel sowie Bilder im Blickfeld des Kindes. Dies gibt Eltern und Kindern ein Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit. Die Eltern haben zudem die Möglichkeit, ihr Kind in den sicheren Narkoseschlaf zu begleiten und vermitteln ihm so ein Gefühl von Sicherheit.
Die Wartezeit ist für Eltern voller Sorgen
Die Eltern verlassen nach der Narkoseeinleitung ihres Kindes den OP-Bereich und erhalten schriftlich alle notwendigen Informationen über den postoperativen Prozess und ihre Ansprechpartner. Sie können sich in den Wartezimmern, den Elternzimmern oder in dem Gastrobereich der Klinik bis zum Ende der Operation ihres Kindes aufhalten.
Die Eltern haben während der Wartezeit immer wieder die Möglichkeit, Informationen zur Operation ihres Kindes einzuholen. In dieser Zeit befinden sie sich meistens in einer psychischen Stresssituation, da sie die Verantwortung für ihr Kind in für sie fremde Hände abgeben mussten. In dieser Situation ist es wichtig, den Eltern mit professionellen und adäquaten Informationen die Sorgen um Kind zu minimieren.
Die Operation ist vorbei – und nun?
Ein Elternteil wird postoperativ von dem Anästhesisten angerufen, über das OP-Ende informiert und in den Aufwachraum zu ihrem Kind bestellt. Das Kind ist zu dem Zeitpunkt bereits aus der Narkose erwacht, ansprechbar oder reaktionsfähig, je nach Alter. Diese Situation ist für die Familie ein sehr emotionaler und ergreifender Moment. Das Elternteil wird vom Operateur über den OP-Verlauf und das weitere Vorgehen informiert und so aus der unsicheren Situation des Wartens herausgeholt.
Nach der von der Anästhesie freigeben Aufwachphase kann das Kind den Aufwachraum verlassen und geht entweder als ambulanter Patienten direkt nach Hause oder als SDS bzw. stationärer Patient auf die geplante Station. Ambulante Patienten erhalten die notwendigen Medikamente, Verbände etc. sowie Anordnungen und den OP-Bericht für den weiterbehandelnden Arzt.
Kinder im OP sind eine besondere Herausforderung
Die Versorgung von kindlichen Notfällen, schwerkranken und todkranken Kindern ist für das gesamte interdisziplinäre OP-Team eine psychische und oft auch physische Herausforderung. Die Prä- und intraoperative Versorgung der Kinder ist bei den beteiligten Personen sehr standardisiert und interprofessionell. Dennoch kommt es auf Grund vitalbedrohlicher und nicht planbarer Komplikationen auch für die beteiligten Mitarbeiter häufig zu einem emotionalen Ausnahmezustand, der sich manchmal allerdings erst (viel) später bemerkbar macht. Auch erfahrene Pflegende im Operationsbereich benötigen in einigen Fällen Hilfe bei der Verarbeitung von psychisch belastenden Situationen. Denn nicht jedes Kind kann durch eine Operation gerettet werden. Besonders dramatisch sind Situationen nach Unfällen, die die Familien – aber auch die OP-Teams – absolut unvorhergesehen treffen. Hierbei ist es in der Kinderchirurgie unbedingt notwendig, Peer Berater und Psychologen zu haben, welche die Kollegen bei der Aufarbeitung und Verarbeitung dieser außergewöhnlichen Situationen unterstützen.
Fazit |
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