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Erschienen in: Pflegezeitschrift 9/2018

01.09.2018 | Pflegemanagement Zur Zeit gratis

Neue Konzepte für die Bewerbersuche

„Junge Wilde“ erfolgreich rekrutieren

verfasst von: Dr. Joachim F. Komorowski

Erschienen in: Pflegezeitschrift | Ausgabe 9/2018

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Zusammenfassung

Die Rekrutierung von Nachwuchskräften stellt Kliniken vor neue, oft unterschätzte Herausforderungen. Employer-Branding-Strategien müssen das veränderte, multimediale und dialogorientierte Kommunikationsverhalten der jungen Zielgruppe berücksichtigen. Die richtige Nutzung innovativer Formen der Onlinekommunikation sowie der gezielte Einsatz von Personalberatern erhöhen die Erfolgschancen von Kliniken im Wettbewerb um die jungen Talente. Neben interessanten und gutbezahlten Jobs sind auch Work-Life-Balance-Angebote erfolgsentscheidend bei der Auswahl eines Arbeitgebers.
Hinweise
Dr. Joachim F. Komorowski ist Personalberater und Geschäftsführer von Business Matters Management Consultants. Er ist spezialisiert auf die Suche und Auswahl von leitendem Personal im Management von Kliniken und Unternehmen des Gesundheitswesens.
Kliniken klagen mit wachsender Tendenz über Probleme bei der Rekrutierung von Nachwuchspflegekräften. Die Zielgruppe ist Mangelware und wird sich auch künftig über eine hohe Nachfrage und interessante Jobofferten freuen können. Neue Strategien in der Personalbeschaffung sind seitens der Kliniken gefragt, um auch künftig wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Positionierung als Arbeitgebermarke muss als integraler Bestandteil der Personalstrategie verstanden werden, um sich im „War for Talents“ zu positionieren.
Vom „Employer Branding“, also der Positionierung eines Arbeitgebers als attraktive Unternehmensmarke, wurde schon zu den Zeiten des Internet Hypes gesprochen. Seitdem sind fast 20 Jahre vergangen. Zu beobachten ist, dass die schlichte Intensivierung gelernter, klassischer Rekrutierungsinstrumente ausgerechnet bei der gefragten jungen Zielgruppe nicht mehr zum gewünschten Ergebnis führt. Eine offensichtliche Ursache: Die Generationen der nach 1980 Geborenen haben ein mitunter ungewohntes Kommunikationsverhalten und bedienen sich bei der Jobsuche Informationskanälen, die von den meisten Kliniken nicht oder nur halbherzig bedient werden.

Neue Kommunikationswege

Die allgegenwärtige und stetig wachsende Reizüberflutung mit positiven Werbebotschaften macht es den um ein gutes Image bemühten Arbeitgebern auch nicht leichter. Allgemeine Botschaften schrecken eher ab. Für abgenutzte Floskeln à la „Bei uns steht der Mensch im Mittelpunkt“ oder vergleichbare Plattitüden erntet man heutzutage allenfalls ein müdes Lächeln. Erfolg kann nur erwarten, wer authentisch auftritt und interessante Inhalte möglichst mundgerecht — also dem Konsumverhalten der Angesprochenen angepasst — vermittelt.
Ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg ist die richtige Nutzung der neuen Medien. Das Internet hat die Methoden der Informationsbeschaffung und -verbreitung revolutioniert. Services wie Google oder Wikipedia erlauben es, jederzeit und fast überall jede beliebige Information zu recherchieren. Die Inhalte von Stellenanzeigen sowie Image- und Rekrutierungsbroschüren auf die Hompage zu übertragen und für ein gutes Ranking in Suchmaschinen zu sorgen, ist ein guter Anfang. Es geht aber viel weiter.
Gerade junge Menschen nutzen das Internet nicht nur als Zeitung oder Bibliothek, sondern als Instrument des Dialogs. Das Internet bietet über die reine Informationsbeschaffung hinaus eine faszinierende Vielfalt an effizienten Möglichkeiten der Interaktion und Kollaboration und damit der sozialen Vernetzung. Die Nutzung von Diensten wie Facebook oder Twitter ist für junge Menschen so selbstverständlich, wie für die vorherigen Generationen das regelmäßige Lesen einer Tageszeitung oder die abendliche Tagesschau. Der Unterschied: Moderne Kommunikationskanäle sind multidirektional und die Informationsinhalte unterliegen in der Regel keiner professionellen Prüfung nach journalistischen Prinzipien. „Shitstorms“ und die Verbreitung von „fake news“ sind die negativen Auswüchse dieser neuen Form der Informationsverbreitung. Risiken, auf die man vorbereitet sein muss, wenn man sich der neuen Medien bedienen will.
Um in einer vernetzten Wissensgesellschaft als Arbeitgeber wettbewerbsfähig zu bleiben, sollten Informationen über die Identität als Arbeitgebermarke insofern nicht lediglich zur Verfügung gestellt werden. Vielmehr muss der Prozess der Informationsverarbeitung und Meinungsbildung auf der Seite der Angesprochenen beobachtet und im Idealfall positiv beeinflusst werden. War man in der Vergangenheit als Stellensuchender auf das vom Klinikum zur Verfügung gestellte Imagematerial und den einen oder anderen Presseartikel angewiesen, kann man sich heutzutage online auf gezielte Informationssuche begeben oder sich beispielsweise per RSS-Feeds automatisiert mit dem neuesten Klatsch und Tratsch versorgen lassen.

Vernetzung ist das A & O bei der Job- und Bewerbersuche

Zwecks Objektivierung so gesammelter Informationen und Bewertungen bietet sich der direkte Dialog an. Zunehmender Beliebtheit erfreuen sich Businessnetzwerke, wie XING (www.​xing.​de) oder linkedIn (www.​linkedin.​com), in denen neben anderen berufsbezogenen und privaten Inhalten auch die Karriere thematisiert wird. Über Suchfunktionen kann man konkrete Jobofferten ausfindig machen und sich direkt innerhalb der Community über die Aufgabe und das Unternehmen informieren. Auch findet man in der Regel mit wenigen Mausklicks die relevanten Gesprächspartner aus Personal- und Fachabteilung und kann bereits im Vorfeld Informationen über die potentiellen neuen Kollegen einholen oder sogar in einen Dialog treten.
Es ist generell eine gute Idee, konkrete Personen in den Mittelpunkt der Kommunikation zu stellen. Menschen identifizieren sich sehr viel müheloser mit Meinungsäußerungen anderer Menschen, als beispielsweise mit unpersönlichen Unternehmensleitsätzen. Ein Prinzip, das im politischen Wahlkampf seit jeher bekannt ist. So findet man mittlerweile auf den Homepages verschiedener zumeist US-amerikanischer Firmen Blogs des Firmenchefs, die inhaltlich so gestaltet sind, dass über die Identifikation mit der Person die Identifikation mit dem Unternehmen gefördert wird. Weshalb also nicht auch mit einem erfolgreichen Chefarzt werben? Oder ein besonders interessantes Ausbildungsprogramm oder Fördermaßnahmen für Pflegekräfte auf der Homepage thematisieren?
Nach dem Vorbild von Bewertungsplattformen aus dem Touristik- und Konsumgüterbereich gibt es Internetplattformen, auf denen Mitarbeiter ihren Brötchengeber anonym nach standardisierten Kriterien bewerten können. Die Ergebnisse sind dann für jedermann abrufbar. Unter dem Motto „Arbeitnehmer bewerten Arbeitgeber“ kann man beispielsweise auf der Webseite von Kununu anonym Lob und Tadel verteilen und statistisch aufbereitete Unternehmensbewertungen abrufen (www.​kununu.​de).
Ob man es nun mag oder nicht: Die junge Zielgruppe ist optimal informiert und sie sucht und findet den Dialog. Ganz im Trend liegt derzeit der Einsatz von Personalberatern auch bei der Besetzung sehr juniorer Positionen. Was im Kern eine vernünftige Idee ist, scheitert jedoch häufig an der Umsetzung. Eine Direktansprache — also der aktiv initiierte Dialog mit einem interessanten Kandidaten — macht aus Unternehmenssicht dann Sinn, wenn sie exklusiv erfolgt. Das bedeutet konkret: Die angesprochene Person wird umfassend und qualifiziert über die Position und das Unternehmen informiert und auch nur bei diesem einen Unternehmen präsentiert. Eine Dienstleistung, für die der Personalberater ein angemessenes Honorar erwartet.
Da Budgets für die mandatsgebundene Direktansprache in der Regel Fach- und Führungspositionen vorbehalten sind, greifen Unternehmen im Nachwuchssegment gern auf die Dienstleistungen von Vermittlern zurück, anstatt einem exklusiv suchenden Personalberater ein Mandat zu erteilen. Oft ein schlechter Kompromiss, denn ein rein auf Erfolgsbasis arbeitender Vermittler bietet wechselbereite Kandidaten mehreren Kliniken gleichzeitig an. Das eigentliche Ziel, den Kandidaten im Dialog gezielt für ein bestimmtes Klinikum zu begeistern, wird somit verfehlt. Entscheidet sich der Umworbene anderweitig, steht das Klinikum mit der Personalsuche wieder ganz am Anfang. Was auf den ersten Blick wirtschaftlich erscheint, führt also in der Regel nicht zu dem gewünschten Erfolg.

Den Bewerber vom Unternehmen überzeugen

Eine relativ neue, in verschiedenen Branchen erfolgreich erprobte Alternative erlaubt es dem Personalberater, Kandidaten exklusiv für ein Haus zu motivieren, ohne dabei dem Rotstift der Kostenwächter auf Klinikseite zum Opfer zu fallen. Durch eine Vielzahl von Direktansprachen unter Nutzung verschiedener Medien wird in diesem Fall ein Kandidatenpool exklusiv für das suchende Klinikum aufgebaut. Diese Dienstleistung wird unmittelbar honoriert. Erfolgsabhängige Zusatzhonorare werden pro Kandidat und zusätzlich bei Erreichen einer vereinbarten Mindestanzahl insgesamt rekrutierter Kandidaten außerdem fällig. Der Berater hat auf diese Weise den nötigen budgetären Spielraum für die professionelle Planung, Vorbereitung und Durchführung erfolgreicher Ansprachen. Gemeinsam mit seinem Klienten hat er zusätzlich ein nachhaltiges Interesse daran, möglichst viele Kandidaten zu gewinnen. Einen Schönheitsfehler gibt es: Das Vorgehen ist nur dann für beide Seiten wirtschaftlich und unternehmerisch reizvoll, wenn mehrere Vakanzen mit identischem oder sehr ähnlichem Suchprofil zu besetzen sind.
Nicht zuletzt ist die Qualität des Interviewprozesses ein weiterer wichtiger Differenzierungsfaktor für den Erfolg bei der Rekrutierung. Ein Kandidateninterview sollte niemals ein einseitiges Bewerbungsgespräch sein. Weder der in Stressinterviews geschulte Assessment-Veteran noch ein auf dem roten Teppich daherkommender Bewerber lassen ein gelungenes Interview erwarten. Zielführend ist ein unaufgeregt und professionell praktizierter — ggf. extern moderierter — Dialog zwischen gleichberechtigten Gesprächspartnern. Selbstverständlich ist eine angemessene Standardisierung des Interviewprozesses schon aus Gründen der Effizienz und Objektivierbarkeit unerlässlich. Dennoch verdienen beide Seiten einen Dialog auf Augenhöhe anstelle eines ritualisierten Balztanzes nach den Regeln der zahllosen „Wie bewerbe ich mich richtig“- bzw. „Wie finde ich den richtigen Bewerber“-Ratgeber aus der einschlägigen Management-Literatur.
Für den Arbeitgeber ist es wichtig zu wissen, mit welchen Angeboten er überzeugen kann oder wo es Nachholbedarf in Sachen Mitarbeiterbindung gibt. Neben den fachlichen Inhalten der Arbeit, dem Gehalt und den Entwicklungsperspektiven gewinnen Rahmenbedingungen eines Jobs zunehmend an Bedeutung, die die Verträglichkeit der Arbeit mit dem Privatleben ermöglichen. Work-Life-Balance, flexible Arbeitszeiten und Zeitkonten, sowie Teilzeitangebote und Kinderbetreuungsmöglichkeiten sind nur einige Schlagworte, nach denen gerade Jobsuchende jüngerer Generationen fragen. Nicht selten sind es derartige Zusatzleistungen, die den Ausschlag für die Annahme oder Absage einer Jobofferte geben.
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Metadaten
Titel
Neue Konzepte für die Bewerbersuche
„Junge Wilde“ erfolgreich rekrutieren
verfasst von
Dr. Joachim F. Komorowski
Publikationsdatum
01.09.2018
Verlag
Springer Medizin
Erschienen in
Pflegezeitschrift / Ausgabe 9/2018
Print ISSN: 0945-1129
Elektronische ISSN: 2520-1816
DOI
https://doi.org/10.1007/s41906-018-0677-4

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