Die prähospitale Periarrest-Thorakotomie beim traumatisch bedingten Kreislaufstillstand ist seit einiger Zeit als eine weitere Therapieoption in den Fokus der interprofessionellen Diskussion gerückt. Die inhaltlichen Positionen in der Diskussion sind dabei kontrovers und nur partiell evidenzbasiert.
Zweifellos kann über die Durchführung dieser Maßnahme im Einzelfall erst entschieden werden, wenn die potenziell reversiblen Ursachen eines Kreislaufstillstandes konsequent adressiert worden sind.
Anzeige
Aus diesem Grund hat die Sektion Notfall‑, Intensivmedizin und Schwerverletztenversorgung (NIS) der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) ein Statement zu dieser hochinvasiven Maßnahme erarbeitet. Das Positionspapier ist in der Folge in mehreren Revisionsrunden mit zahlreichen in der prähospitalen und innerklinischen Notfallversorgung engagierten Fachgesellschaften konsentiert worden.
Joint-Statement zur prähospitalen Periarrest-Thorakotomie im Rahmen der Traumaversorgung
Die im Folgenden aufgelisteten Punkte des Joint-Statement zur prähospitalen Periarrest-Thorakotomie im Rahmen der Traumaversorgung sind unter der Beteiligung von DGU, DGAI, DGAV, DGT, DBRD, DGRN, DGCH, DGTHG (Infobox 1) entstanden.
-
Als Standardmaßnahme für den Regelrettungsdienst ist die Maßnahme nicht geeignet.
-
Die prähospitale Periarrest-Thorakotomie im Rahmen der Reanimation kann für wenige geeignete Patienten eine potenziell lebensrettende ärztliche Maßnahme beim traumatisch bedingten Herz-Kreislauf-Stillstand sein. Es handelt sich hierbei um eine maximal-invasive Maßnahme, die nur eingebettet in ein hoch spezialisiertes Setting unter Einbindung mit dem Prozedere vertrauter Zielkliniken Erfolg versprechend sein kann.
-
Die Indikationsstellung zur prähospitalen Periarrest-Thorakotomie muss restriktiv und mit maximaler Sorgfalt unter Würdigung folgender Kontextfaktoren erfolgen und sollte bis zum Erlangen einer breiteren Evidenz für das deutsche Rettungsdienstsystem zuvor definierten Studienzentren vorbehalten sein.
-
Personelle Voraussetzungen:
-
es werden 4 Teammitglieder benötigt,
-
profunde Kenntnisse zur Durchführung der chirurgischen Technik sowie der Atemwegssicherung und der Narkoseführung, die sich auf mindestens 2 Teammitglieder verteilen,
-
ein standardisiertes Protokoll, das die technischen, organisatorischen und prozeduralen Aspekte der prähospitalen Periarrest-Thorakotomie beschreibt, muss vorgehalten und dessen Durchführung muss im Team regelmäßig trainiert werden,
-
insbesondere muss das Vorgehen im Falle eines Wiedererlangens eines Spontankreislaufes klar definiert und dem Team bekannt sein.
-
-
Strukturelle Voraussetzungen:
-
Beginn der Maßnahme < 10 min nach Arrest beim stumpfen Trauma, < 15 min nach Arrest beim penetrierenden Trauma,
-
Mitführung von Blutprodukten zur prähospitalen Anwendung,
-
Mitführung eines adäquaten Equipments (z. B. die Berliner PERT (prehospital and emergency department resuscitative thoracotomy)-Tasche),
-
die annehmende Klinik ist mit der (Weiter‑)Versorgung von Patienten mit ROSC (Return of Spontaneous Circulation) nach Notfallthorakotomie vertraut.
-
-
Einheitlich definierte fachliche und strukturelle Anforderungen müssen Voraussetzung zur Durchführung einer prähospitalen Periarrest-Thorakotomie sein, sind jedoch aktuell nicht flächendeckend etabliert. Die in den letzten Jahren entstandenen Kurskonzepte bilden oftmals nur kleine Anteile dieser Voraussetzungen ab und erscheinen nicht ausreichend, um diese hochinvasive Maßnahme in der prähospitalen Routine zu etablieren.
-
Zur Qualitätssicherung und Schaffung von Evidenz wird eine prospektive Datenerfassung der prähospital durchgeführten Thorakotomien notwendig. Auch vor diesem Hintergrund erscheint die Etablierung der Maßnahme zunächst an Studienzentren sinnvoll, welche die zuvor beschriebene Gesamtlogistik abbilden können.
-
Es sollte gemeinsam und fachgesellschaftsübergreifend ein prähospitales Thorakotomieregister als Ergänzungsmodul zum bestehenden Traumaregister DGU® unter Einbeziehung des Reanimationsregisters etabliert werden.
-
Ziele sind: prospektive Datenerfassung, Schaffung von Evidenz, Schärfung der Indikation, standardisierte Erfassung und strukturierte Aufarbeitung aller präklinisch durchgeführten Thorakotomien sowie die Qualitätssicherung.
Infobox Auflösung der Abkürzungen
-
DGU – Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie
-
DGAI – Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin
-
DGAV – Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie
-
DGT – Deutsche Gesellschaft für Thoraxchirurgie
-
DBRD – Deutscher Berufsverband Rettungsdienst
-
DGRN – Deutsche Gesellschaft für Rettungsdienst und präklinische Notfallmedizin
-
DGCH – Deutsche Gesellschaft für Chirurgie
-
DGTHG – Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie
Stellungnahme der DIVI zum Joint-Statement
Die prähospitale Notfallthorakotomie ist nach aktuellem Kenntnisstand eine rein experimentelle Therapie. Sie ist als Standardmaßnahme für den Regelrettungsdienst nicht geeignet. Vielmehr kommt ihre Anwendung ausschließlich im Rahmen prospektiver randomisierter Studien mit entsprechendem Ethikvotum infrage.
Anzeige
Bei der Durchführung einer solchen prospektiven randomisierten Studie sind u. a. die folgenden Aspekte in Bezug auf Indikationsstellung und strukturelle und personelle Anforderungen unbedingt zu erfüllen.
-
Die prähospitale Periarrest-Thorakotomie im Rahmen der Reanimation kann nur für einige wenige geeignete Patienten eine potenziell lebensrettende ärztliche Maßnahme beim traumatisch bedingten Herz-Kreislauf-Stillstand sein. Diese strenge Indikationsstellung ist klar darzulegen und zu definieren. Bei der maximalen Invasivität und der höchsten Anforderung an die medizinische Expertise des Rettungsdienstes kann sie nur eingebettet in ein hoch spezialisiertes Setting unter Einbindung mit dem Prozedere vertrauter Zielkliniken Erfolg versprechend sein.
-
Die Indikationsstellung zur prähospitalen Periarrest-Thorakotomie muss restriktiv und mit maximaler Sorgfalt unter Würdigung folgender Kontextfaktoren erfolgen:
-
Personelle Voraussetzungen:
-
es werden 4 Teammitglieder benötigt,
-
profunde Kenntnisse zur Durchführung der chirurgischen Technik nicht nur am Modell oder Kadaver sowie der Atemwegssicherung und der Narkoseführung, die sich auf mindestens 2 Teammitglieder verteilen,
-
ein standardisiertes Protokoll, das die technischen, organisatorischen und prozeduralen Aspekte der prähospitalen Periarrest-Thorakotomie beschreibt, muss vorgehalten und dessen Durchführung muss im Team regelmäßig trainiert werden,
-
insbesondere muss das Vorgehen im Falle eines Wiedererlangens eines Spontankreislaufes klar definiert und dem Team bekannt sein.
-
-
Strukturelle Voraussetzungen:
-
Beginn der Maßnahme < 10 min nach Arrest beim stumpfen Trauma, < 15 min nach Arrest beim penetrierenden Trauma,
-
Mitführung von Blutprodukten zur prähospitalen Anwendung,
-
Mitführung eines adäquaten Equipments (z. B. die Berliner PERT-Tasche),
-
die annehmende Klinik ist mit der (Weiter‑)Versorgung von Patienten mit ROSC nach Notfallthorakotomie vertraut.
-
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt
P. Störmann gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden vom Autor keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden. Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen. Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenzinformation auf http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de.
Hinweis des Verlags
Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.