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Open Access 2021 | OriginalPaper | Buchkapitel

2. I. P. Pawlow – der Begründer der experimentellen Magenchirurgie

verfasst von : Dmitry A. Balalykin

Erschienen in: Russische Errungenschaften in der Physiologie der Verdauung

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

Zusammenfassung

Der Name von Iwan Petrowitsch Pawlow steht in der Reihe von hervorragenden Wissenschaftlern, die Russland berühmt gemacht haben. Das Schaffen des großen Physiologen, Naturforschers und Denkers, der auch die Gabe künstlerischer und dichterischer Offenbarung besaß, hinterließ Spuren in Biologie, Psychologie, Medizin und Philosophie.
Der Name von Iwan Petrowitsch Pawlow steht in der Reihe von hervorragenden Wissenschaftlern, die Russland berühmt gemacht haben. Das Schaffen des großen Physiologen, Naturforschers und Denkers, der auch die Gabe künstlerischer und dichterischer Offenbarung besaß, hinterließ Spuren in Biologie, Psychologie, Medizin und Philosophie.
Bei seinen Forschungen verwendete Pawlow Methoden mechanistischer und holistischer Biologie- und Philosophieschulen, die als unvereinbar galten. Als Vertreter des Mechanismus meinte er, dass ein komplexes System (wie etwa der Kreislauf oder die Verdauung) auf dem Weg einer sukzessiven Erforschung begriffen werden kann. Als Vertreter der „Philosophie der Ganzheit“ empfahl er, entsprechende Untersuchungen an einem lebenden und gesunden Tier vorzunehmen. Pawlow und seine Kollegen wiesen nach, dass jeder Teil des Verdauungssystems – Speicheldrüsen, Magen, Bauchspeicheldrüse, Leber – der Nahrung bestimmte Substanzen hinzufügt, welcher diese in Einheiten von Eiweißstoffen, Fetten und Kohlenhydraten spaltet. Nach der Isolierung einiger Verdauungsenzyme begann Pawlow, diese Mechanismen und Interaktionen zu erforschen.
Im Jahr 1904 wurde Pawlow der Nobelpreis für Physiologie und Medizin „in Anerkennung seiner Arbeit über die Physiologie der Verdauung, die das Wissen über wesentliche Aspekte dieses Bereichs verbessert und erweitert hat“, verliehen.
Sein ganzes wissenschaftliches Leben hindurch hielt er sein Interesse am Einfluss des Nervensystems auf die Funktion innerer Organe aufrecht. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts führten seine das Verdauungssystem betreffenden Experimente zur Untersuchung bedingter Reflexe. Zum ersten Mal gelang es, experimentell zu beweisen, dass die Magenfunktion vom Nervensystem abhängt und von ihm gesteuert wird.
„Anstelle grober Verfälschungen und lückenhafter Kenntnisse lassen sich Merkmale eines Mechanismus umreißen, voll von Feinheit und innerer Zweckmäßigkeit, gleich wie alles in der Natur, was wir bei ihr näher kennenlernen.“ Mit diesen Worten zog Pawlow in den „Die Arbeit der Verdauungsdrüsen. Vorlesungen“ das Fazit seiner mehr als zehnjährigen Arbeit zur Physiologie der Verdauung.
Eine logische Theorie über die Funktionen eines Organsystems aus „Verfälschungen und lückenhaften Kenntnissen“ schaffen konnte nur ein hervorragender Experimentator und großer wissenschaftlicher Denker, wie es Pawlow war.
In Anerkennung seiner Verdienste auf dem Gebiet der Verdauungsphysiologie müssen wir uns die Fragen stellen, wer er als Wissenschaftler war und welche neuen weltanschaulichen, methodischen und theoretischen Grundsätze seiner wissenschaftlichen Arbeit zugrunde lagen – Grundsätze, die so reiche Früchte auf dem Gebiet der Physiologie hervorbrachten. Diese Fragen können wir nur beantworten, indem wir ihn vor allem als einen wissenschaftlichen Denker charakterisieren, nämlich als Begründer innovativer Forschungsmethoden und einer neuen Theorie zur Funktion des digestiven Systems.
Um sich ein klares Bild von Pawlow als Denker und Schöpfer einer ganzen Epoche in der Erforschung der Verdauungsphysiologie zu machen, wollen wir versuchen, eine kurze Bestimmung des Begriffs „wissenschaftlicher Denker“ zu skizzieren.
Wenn wir von einem solchen sprechen, verstehen wir darunter einen Wissenschaftler, der weltanschauliche, methodische und theoretische Grundsätze sowie praktische Verfahren auf dem zu erforschenden Gebiet begründete – Prinzipien, auf deren Basis ein neues wissenschaftliches Forschungsprogramm entwickelt wurde und in dessen Rahmen neue wissenschaftliche Entdeckungen möglich wurden.
Weltanschaulich passte sich Pawlow der neuen Zeit an. Er erkannte, dass die Welt der Natur mit ihren Lebewesen einen eigenartigen und komplizierten Mechanismus darstellt. Aufgrund dieser Weltanschauung entstand auch die Reflexlehre. Im Geist dieser Tradition betrachtete er den Organismus hochentwickelter Tiere und des Menschen als einen komplexen, aufgrund streng deterministischer Gesetze zweckmäßig funktionierenden Mechanismus. Dabei gelang es ihm, den mechanistischen Ansatz zum Verständnis der Funktion eines ganzen Organismus zu überwinden. Eine inhaltsleere – wenn auch erneuerte – Weltanschauung reichte aber für die Begründung einer neuen Physiologie der Verdauung nicht aus. Man benötigte dazu neue theoretische Bestimmungen, neue wissenschaftliche Grundsätze im Rahmen dieser Weltanschauung. Dazu hatte der Wissenschaftler in erster Linie festzustellen, auf welcher Entwicklungsstufe sich seine Wissenschaft befand. Pawlow als wissenschaftlicher Denker zeichnete sich durch seine Fähigkeit aus, das Entwicklungsniveau der Physiologie der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts genau zu diagnostizieren. Er hatte ein klares Verständnis davon, womit sich seine Vorgänger befasst und was sie entdeckt hatten. Schon vor ihm gingen die Physiologen davon aus, dass die Verdauung einen eigentümlichen Prozess darstellt, in dem die Nahrung der mechanischen und hauptsächlich chemischen Bearbeitung unterworfen wird. „All’ dieses“, schrieb er, „hat die Physiologie erfahren, indem sie die erwähnten Reagentien oder die reinen Fermente aus dem Organismus gewann und im chemischen Glase ihre Wirkung auf die Bestandteile der Nahrung und ihr gegenseitiges Verhalten zu einander prüfte. Hauptsächlich aufgrund der so erworbenen Kenntnisse hat dann die Wissenschaft die Lehre von der Verarbeitung der Nahrung, oder, wie man sagt, von der Verdauung aufgebaut.“1
Die Verdauungsphysiologie jener Zeit bezeichnete Pawlow als analytische Physiologie. Das Niveau dieser Wissenschaft ließ jedoch keinen Gesamteindruck aller Digestionsprozesse als ganzheitliches System zu und ließ daher keine synthetische Physiologie entstehen.
Eben mangels adäquater theoretischer und methodologischer Voraussetzungen scheiterten Versuche einiger Physiologen, eine komplexe Lehre über digestive Funktionen zu begründen. Es fehlte vor allem an wissenschaftlich fundierten theoretischen Vorstellungen von der Verdauung als einem ganzheitlichen, sich selbst steuernden und sich selbst regelnden System. Wie Pawlow schrieb: „Die Vorstellung vom Organismus als einem ganzheitlichen System wurzelt in uns nicht gründlich genug.“2
Dabei war eine solche allgemeine Vorstellung zwar eine notwendige, aber dennoch unzureichende Voraussetzung für die Etablierung der synthetischen Physiologie. Die allgemeine Vorstellung vom Systemcharakter der Verdauungsfunktionen sollte sich in Form einer konkreten wissenschaftlichen Idee verwirklichen, anhand derer man aus einzelnen Tatsachen eine Theorie formulieren konnte. „Nur wenn wir unser Augenmerk auf das Ganze, den normalen Funktionsablauf in dem einen oder anderen Teil des Organismus richten“, konstatierte Pawlow, „unterscheiden wir ohne Mühe das Zufällige von dem Normalen, finden wir mit Leichtigkeit neue Tatsachen und bemerken öfters und schnell Fehler. Die Idee der gesamten, gemeinsamen Arbeit der Teile wirft ein Schlaglicht auf das gesamte Forschungsgebiet.“3 Eine solche Idee, behauptete er, benötigte man, damit „etwas bestünde, woran man Tatsachen festmacht“, damit etwas bestünde, „womit man vorwärts schreitet“, damit etwas bestünde, „was für künftige gelehrte Untersuchungen anzubieten wäre“.
Die Möglichkeit der Entwicklung einer neuen Verdauungsphysiologie entstand erst danach, nämlich als Pawlow in seiner wissenschaftlichen Forschungstätigkeit die Vorstellung von dem neuen Grundsatz der Funktion des Verdauungssystems umsetzte; jene Vorstellung, die wir als Grundsatz der phasenweisen Abfolge und Selbstregelung des Organismus ansehen4.
Eine neue Verdauungsforschung konnte sich ohne Anwendung einer neuen Methodologie und neuer Forschungsverfahren allein nicht durchsetzen.
Die Methodenlehre Pawlows kann als fortschreitende Abweichung seines wissenschaftlichen Schaffens von allgemeinen weltanschaulichen Einstellungen, theoretischen Vorstellungen und führenden Ideen betrachtet werden. Sie führte zu neuen, genauen und unbestreitbaren Erkenntnissen anhand der von ihm neu entwickelten experimentellen Methoden. „Es ist für den Leser von wesentlichem Vorteil zu sehen“, so Pawlow, „wie sich vor ihm eine einheitliche Idee entwickelt und in stichhaltigen und harmonisch verknüpften Versuchen ihre Gestaltung findet. Die Grundidee dieses Buches verkörpert die endgiltigen Anschauungen unseres Laboratoriums; sie umfasst alle Thatsachen, bis zu den letzten; sie ist fortwährend geprüft und vielfach berichtigt worden und erscheint füglich als die am besten bewährte.“5
Pawlow entwickelte eine Reihe neuer experimenteller Methoden. In Anbetracht der Struktur des Verdauungskanals und seiner Lage im Organismus arbeitete er ein System neuer Forschungsmethoden auf der Grundlage der von ihm begründeten „physiologischen Chirurgie“ aus.

Das Wesen der experimentellen Methode und der physiologischen Chirurgie

Ihrem Wesen nach stellen experimentelle Forschungsmethoden einen „Kunstgriff“ menschlichen Geistes dar. Dieser zwingt Gegenstände bzw. Vorgänge der Natur zur Einwirkung auf andere und offenbart so ihr Wesen. Die naturwissenschaftliche Erkenntnis ist eine Art von Registrierung wissenschaftlicher Tatsachen, Begriffe und anderer gedanklichen Formen. Das Experiment führt die speziell geschaffene Wechselwirkung von Sachen, Vorgängen und Erscheinungen vor. „Wie werde ich die Drüsenfunktion beobachten?“, fragte Pawlow und antwortete darauf: „Die Frage nach der Beobachtung ist die Frage nach der Handlungsweise, die Frage nach der Methode. Sie werden schon noch sehen, dass die Methode die allererste, die hauptsächliche Sache ist. Von der Methode, der Handlungsweise, hängt die ganze Bedeutung der Untersuchung ab. Es liegt alles an einer guten Methode.“6 Pawlow schrieb: „Die Methode hält das Schicksal der Untersuchung in ihren Händen.“7
Die angeführten Gedanken von Pawlow stehen erstaunlicherweise im Einklang mit der Meinung von Hegel über die Bedeutung der Methode im Erkenntnisprozess. Die Wissenschaft, so Hegel, kann ihre Ziele nur vorbehaltlich der Anwendung einer adäquaten Methode erreichen, „denn die Methode ist das Bewusstsein der Form innerer Eigenbewegung ihres Inhalts.“8
Pawlow unterstrich, dass sich die Wissenschaft „stoßweise bewegt“, abhängig von der Schaffung neuer Untersuchungsmethoden. „Mit einem jeden Schritt, den die Methodik vorwärts thut“, schrieb er, „erklimmen wir gleichsam eine höhere Stufe, von der sich uns ein weiterer Gesichtskreis eröffnet, über Gegenstände, die wir früher nicht sahen.“9
Die Methode ist eine allgemeine Untersuchungsvoraussetzung, durch die sich eine Möglichkeit bietet, ein Denotat der Wirklichkeit in eine präzise wissenschaftliche Tatsache umzuwandeln – objektiv registriert und im Experiment reproduzierbar. In diesem Sinne hatte der junge Pawlow recht, als er bemerkte, dass „die Eröffnung einer Methode, die Untersuchung einer wichtigen Voraussetzung in den Naturwissenschaften, oft größeren Wert hat als die Entdeckung einzelner Tatsachen.“10
Die Wissenschaftsgeschichte kennt viele Beispiele dafür, wie sich die im Alltag vorkommenden Erscheinungen dank der Anwendung adäquater wissenschaftlicher Methoden in wissenschaftliche Tatsachen verwandeln. Als Beispiel einer solchen wissenschaftlichen Prozedur führte Pawlow die Untersuchung der Rolle psychischer Faktoren an, unter anderem der Rolle des Appetits bei der Verdauung. „Somit beruht“, schrieb er, „bei dem Akte des Fressens, bei der Scheinfütterung, die Erregung der Drüsennerven des Magens auf einem psychischen Moment, welches hier zu einem physiologischen geworden ist, d. h. ebenso obligat erscheint und unter gewissen Bedingungen konstant ist, wie jeder beliebige physiologische Vorgang.[…] Dieses Agens, das im Leben so wichtig und für die Wissenschaft so geheimnisvoll ist, bekommt hier endlich Fleisch und Blut, verwandelt sich aus einer subjektiven Empfindung in eine präzise Thatsache des physiologischen Laboratoriums.“11
Bei Behandlung der Frage nach der Entwicklung der Untersuchungsmethoden hinsichtlich der Verdauungsfunktion ging Pawlow von dem Gedanken über die Entwicklung einer grundsätzlich neuen, einer synthetischen Physiologie aus. Er stellte ausdrücklich bestimmte Ansprüche an die Methoden, anhand derer man eine neue, eine adäquatere Vorstellung von der Physiologie der Verdauungsfunktionen entwickeln konnte – mit einer strengen Registrierung der während der Nahrungsverdauung verlaufenden Prozesse. „Dazu“, schrieb er, „ist im idealen Falle die Erfüllung vieler und schwieriger Bedingungen notwendig. Wir müssen in der Lage sein, das Reaktiv zu jeder Zeit zu erhalten, sonst könnten sich uns wichtige Thatsachen entziehen; es muss in vollkommenem reinem Zustande sein, denn widrigenfalls könnten wir nicht beurteilen, wie sich seine Zusammensetzung ändert; wir müssen genau seine Menge bestimmen können und endlich ist es notwendig, dass der Verdauungskanal regelrecht funktioniert, und das Versuchstier vollkommen gesund ist.“12
Zu der Zeit, als Pawlow begann, sich mit der Physiologie der Verdauung zu beschäftigen, existierten bereits einige Methoden zur Untersuchung der Funktionen verschiedener Teile des digestiven Systems. Diese Methoden litten jedoch an zwei wesentlichen Nachteilen. Erstens handelte es sich um „akute“, einer Vivisektion gleichkommende Versuche, bei denen der normale Verlauf physiologischer Vorgänge abbrach, was öfters zur Registrierung normabweichender physiologischer Erscheinungen führte. Seine Erfahrung hinsichtlich der Vivisektion als Methode der Untersuchung von Verdauungsfunktionen zusammenfassend bemerkte Pawlow, dass „ein gewöhnliches einfaches Aufschneiden des Tieres im akuten Versuch eine, wie es sich von Tag zu Tag immer deutlicher herausstellt, große Quelle von Fehlern einschließt, weil der Akt eine grobe Verletzung des Organismus darstellt und eine Menge von Folgen für die Funktion verschiedener Organe nach sich zieht.“13
Zweitens waren einige Methoden in sich selbst nicht eindeutig. Sie erreichten nicht ihr Ziel, lösten nicht die Aufgaben des Experiments, machten dabei von ihren Möglichkeiten nicht in vollem Maße Gebrauch. Als Beispiel nehmen wir die Magenfistel von Bassow. Obwohl sie wirklich Möglichkeiten bot, konnte sie bis zur Entwicklung der Methode der Scheinfütterung von Pawlow nicht vollwertig verwendet werden. Dasselbe Problem bestand auch hinsichtlich des von R. Heidenhain vorgeschlagenen Vorgehens zur Pankreasdrüse.
Die Umwandlung der Magenfistel-Methode von Bassow in ein vollwertiges Erkenntnisinstrument beschrieb Pawlow folgendermaßen: „Seinerzeit rief dieses Verfahren äußerst große Hoffnungen hervor, da man einen jederzeit weichen und freien Zugang zum Magen bekam. Aber je mehr Zeit verging, desto mehr Enttäuschungen traten an die Stelle dieser ursprünglichen Hoffnungen.“14
Diese Enttäuschungen waren damit verbunden, dass es mit dieser Fistel ohne eine Kombination mit anderen Methoden unmöglich war, reinen Magensaft zu erhalten, denn er wurde während der Fütterung immer mit Nahrung vermischt. Deswegen solle man bei der Untersuchung der Magensafteigenschaften durch eine Abrasion gewonnenes Material der Magenschleimhaut benutzen. „Man brauchte“, wie Pawlow schreibt, es „nur durch eine kleine Modifikation zu vervollkommnen, um grundlegende Fragen mit ihrer Hilfe endgiltig zu lösen.“15 Hinter dieser „geringen Veränderung“ steckte die sogenannte „Scheinfütterung“, deren Wesen bekanntlich in der Kombination der Magenfistel bei den Hunden mit einer Ösophaguseröffnung bestand, d. h. einer Speiseröhrendurchschneidung am Hals. Auf diese Art wurden die Mundhöhle und der Magen voneinander getrennt. Wenn man ein solches Tier beispielsweise mit Fleisch fütterte, so fiel das Futter aus der Speiseröhre heraus. Dabei kam es zu einer starken Magensaftabsonderung und es entstand die Möglichkeit, die Menge und die Qualität dieses Saftes zu bewerten.
Das ganze Verdauungssystem liegt im Inneren des Organismus und sein Funktionieren lässt sich nicht ohne Anwendung chirurgischer Methoden beobachten. „Ich bin davon überzeugt“, schrieb Pawlow, „dass lediglich die Entwicklung unseres Scharfsinns und unserer Kunst, Operationen am Verdauungskanal zu vollführen, uns die wunderbare Schönheit der chemischen Arbeit dieses Organs enthüllen wird, deren einzelne Züge wir schon mit unseren jetzigen Mitteln erkennen können. “16
Zur Fortentwicklung der Verdauungsphysiologie hatte Pawlow eine neue Richtung in der Physiologie dieses Körpersystems zu begründen, nämlich die physiologische Chirurgie. Sie schuf eine Reihe von Voraussetzungen für die Untersuchung der digestiven Funktionen unter Normalbedingungen.
Die physiologische Chirurgie ist nach Definition von Pawlow die „Ausübung (die technische Ausführung sowohl, wie die Ersinnung) mehr oder weniger komplizierter Operationen, die den Zweck haben, entweder gewisse Organe zu entfernen, oder tief im Organismus verborgene Prozesse der Beobachtung zugänglich zu machen, diese oder jene zwischen zwei Organen bestehende Abhängigkeit zu vernichten, oder, umgekehrt, eine neue zu schaffen u.s.w. Daran muss sich dann das Vermögen anschliessen, alle zugefügten Verletzungen zu heilen und den Allgemeinzustand des Tieres, soweit es dem Wesen der Operation nach möglich ist, zur Norm zurückzuführen.“17 Das war das Programm der „physiologischen Chirurgie“, das sich Pawlow absteckte und das er während seiner Tätigkeit auf dem Gebiet der Verdauungsphysiologie verwirklichte. Im Rahmen dieses Programms entwickelte er entsprechende konkrete Verfahren, indem er sowohl grundlegende physiologische Forschungen als auch die experimentelle Chirurgie des Magen-Darm-Kanals ausführte.
In den letzten drei Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts erlebte die Magenchirurgie eine stürmische Entwicklung. In der chirurgischen Praxis wurden nun weitgehend Antiseptik und Aseptik sowie verschiedene Narkosemethoden und lokalanästhetischen Verfahren eingesetzt. Dies ermöglichte den Chirurgen die Durchführung komplizierter Operationen an den Verdauungsorganen. Es wurden Verfahren zur Entfernung einzelner Teile dieses Systems und der Schaffung ganz neuer Verbindungen entwickelt. In den 1850er Jahren begann die Anwendung der Magenfistel (Gastrostomie) beim Verschluss des Magenpylorus und der Speiseröhre. Danach begann man, Magenresektion, Pyloroplastik, die Magen-Darm-Anastomose, die Totalexstirpation des Magens sowie die Verbindung der Speiseröhre mit dem Darm u. a. durchzuführen. Es war die chirurgische Praxis, die einerseits eigene Untersuchungsmodelle des Verdauungskanals des Menschen entwickelte und andererseits einer weitergehenden theoretisch-experimentellen Grundlegung bedurfte.
Viele hervorragende Chirurgen jener Zeit befassten sich außerhalb der klinischen Praxis mit Untersuchungen der Funktionen des Verdauungssystems anhand von Tierversuchen. Pawlow unterstrich, dass Chirurgen zur Beantwortung der Frage nach der Anwendbarkeit der einen oder der anderen Operation in der Klinik gezwungen waren, als Physiologen aufzutreten und „chirurgisch-physiologische Untersuchungen“ durchzuführen. „Es ist festzustellen“, schrieb er, „dass in der letzten Zeit und hauptsächlich bei den Arbeiten am Verdauungskanal Chirurgen anstatt der Physiologen Operationen durchführen. Diese Unterstützung verdient zwar aufrichtigsten Dank, doch wäre es besser, nur das Gelernte zu tun.“18
Welche der chirurgischen Untersuchungsmethoden der Verdauungsfunktionen sind nun im Rahmen des Programms für physiologische Chirurgie von Pawlow erfunden und in die wissenschaftliche Forschungspraxis eingeführt worden?
Beginnen wir mit ihrer Beschreibung in chronologischer Reihenfolge. Die erste methodische Erfindung war die Entwicklung einer neuartigen Pankreasfistel.
Ihrer anatomischen Lage nach befindet sich die Bauchspeicheldrüse außerhalb des Verdauungskanals. Es schien ursprünglich, dass es keine besondere Schwierigkeit darstellt, ihren reinen Saft zu erhalten. Die Praxis widerlegte aber diese Vermutung. Zu Beginn der Untersuchung der Funktionen des Pankreas erfolgte die Gewinnung des Saftes ausschließlich aus dem Stegreif durch eine Operation, die auf die Einführung und Fixierung einer Kanüle in den Pankreasgang hinauslief. Eine vorläufige Fistel bei Hunden sicherte lediglich eine minimale Flüssigkeitsmenge, die keine vollwertige Drüsenuntersuchung ermöglichte.
Die ersten Versuche zur Anlage einer chronischen Fistel blieben eine geraume Zeit ohne Erfolg. Solche Fisteln funktionierten nur drei bis vier Tage. 1879 führte Pawlow ein grundsätzlich neues Operationsverfahren ein. Unabhängig von Pawlow schlug auch R. Heidenhain 1880 einen gleichartigen Eingriff vor. Der Trick dieser Intervention bestand darin, dass der Saft nicht aus einer durch Anschneiden des Drüsenausführungsganges künstlich erzeugten Öffnung, sondern aus der natürlichen Mündung des Pankreasgangs gewonnen wurde. Nach der Methode von Pawlow wurde der Teil des Zwölffingerdarms, in dem sich diese Mündung befindet, exzidiert und so in die Bauchwand eingenäht, dass sich die Schleimhaut nach außen richtet. Unter solchen Bedingungen konnte die Öffnung des Ausführungsganges jahrelang offen bleiben und gut funktionieren. Diese Operation war aber nicht geeignet, alle vor den Wissenschaftlern stehenden Probleme zu lösen. Da der Pankreassaft nicht in den Verdauungskanal gelangte (bzw. nur in einer geringen Menge), traten wesentliche Störungen im Organismus des Versuchstieres ein, deren Beseitigung das Eingreifen des Experimentators erforderte und die eigentliche Forschung wesentlich beeinflusste.
Eine Teillösung dieses Problems bestand bereits in der eigentlichen Vorgehensweise der Pawlowschen Operation, die es ermöglichte, den Saft für Untersuchungszwecke aus dem großen Drüsengang zu gewinnen. Dabei gelangte der durch den kleinen Gang frei abgehende Saft in den Darm. „Es sei aber falsch“, schrieb Pawlow, „eine solche Lösung für ideal zu halten, weil, erstens, das Leben des Tieres einer neuen spezifischen Gefahr ausgesetzt wird. Diese wird offenbar, wenn die Pflege nachlässt, infolgedessen das Tier aufgrund der Fistel umkommt.“19 Für einen anderen Nachteil seiner Operation hielt er die Tatsache, dass man nach dem Anlegen der Fistel lange auf die Normalisierung der Pankreasfunktion warten musste. Aber „der wichtigste Mangel dieser Operation“, schrieb er weiter, „bestand darin, dass man die Verdauung nicht für normal halten darf, solange bloß eine geringe Menge des Pankreassafts in den Verdauungskanal gelangt.“ Zwecks Schaffung normaler Bedingungen für das Experiment benötigte das Tier eine besondere Kost.
1889 führte Pawlow gemeinsam mit E. O. Schumowa-Simanowskaja eine Ösophagotomie (d. h. eine Speiseröhrendurchschneidung am Hals mit der Einheilung der Speiseröhrenenden in den Wundwinkeln) an einem Hund mit einer Magenfistel durch. Dank dieser Operation erreichte man eine vollständige anatomische Trennung von Mundhöhle und Magen. Die auf diese Weise operierten Hunde fütterte man durch die Magenfistel. Bei guter Pflege waren sie nach Überstehen der Operationsfolgen vollkommen wiederhergestellt, lebten jahrelang und wurden praktisch gesund. Die Ösophagotomie in Verbindung mit der Magenfistel bot gute Möglichkeiten, Versuche hinsichtlich der Magendrüsenuntersuchung durchzuführen und reinen Magensaft in einer unbeschränkten Menge zu gewinnen. Anhand dieser Methodik entstand die Möglichkeit, den Magensaft jederzeit und in jeder vom Experimentator benötigten Menge zu gewinnen.
Diese experimentelle Methodik nannte Pawlow „Scheinfütterung“, und sie besteht unter dieser Bezeichnung in der Wissenschaft bis heute fort. Durch die Scheinfütterung wird nicht nur die Aufgabe der Gewinnung reinen Magensaftes erfüllt, sondern auch die Frage nach der Abhängigkeit der Eigenschaften dieses Safts von der Art des verabreichten Futters gelöst.
Ausgehend von dem Gedanken des konsequenten, phasenhaften Charakters der Magendrüsenreizung und -funktion war Pawlow der Auffassung, dass die Scheinfütterungsmethode lediglich eine Vorstellung von der initialen, psychischen Phase der Magenverdauung gab. Das Scheinfütterungsverfahren bot eine Chance, nur die Einwirkung des Fressaktes auf die Funktion der Magendrüsen zu untersuchen. Sie ermöglichte es nicht, die Einwirkung des sich im Magen befindlichen und unmittelbar auf die Schleimhaut und auf die Magensaftsekretion wirkenden Futters zu untersuchen.
Zur Lösung dieser Frage entwickelte Pawlow seine Methode des isolierten „kleinen Magens“.
Die unmittelbaren Vorläufer dieser Idee in der Geschichte der Verdauungsphysiologie waren die Methoden zur Isolierung des Pylorusteils des Magens nach Klimenzijewitsch (1875) und der kleine Magen von Heidenhain (1879). Weder die eine noch die andere Methode löste das Problem hinreichend, da der nach Heidenhain geschaffene Magen denerviert war und das Wesen der Arbeit des großen Magens somit nicht vollständig wiedergab. Auch der Pylorussack von Klimenzijewitsch ermöglichte lediglich teilweise Vorstellungen von der Tätigkeit der Pylorusdrüsen. Wie Pawlow betonte, brachte ihn außer den genannten Operationen die Darmfistel von Thiry auf die richtige Spur: eine Darmfistel, bei der die Innervation des Darmsegments mit der Fistel aufrechterhalten blieb. Das schöpferische Werk zur Schaffung des kleinen Magens wurde von Pawlow wie folgt beschrieben: „Ein wahrhaft glücklicher Gedanke, wie man in solchen Fällen zu verfahren habe, rührt von Thiry her, welcher, um reinen Darmsaft zu gewinnen, der ja auch aus mikroskopischen Gebilden der Darmwand hervorquillt, und um seinen Sekretionsverlauf zu studieren, ein cylindrisches Stück Darm herausschnitt, aus ihm einen Blindsack bildete und denselben in die Öffnung der Bauchwunde einnähte. Diesen Gedanken verwertete im Jahre 1875 Klemensiewicz, um das reine Sekret des Pylorusteils des Magens zu erhalten, doch lebte sein Hund blos 3 Tage nach der Operation. Heidenhain gelang es, einen solchen Hund am Leben zu erhalten. Bald darauf isolierte Heidenhain ein Stück des Fundus des Magens, indem er daraus einen Blindsack bildete, welcher sein Sekret nach aussen ergoss.“20 Pawlow, der die Wirkung des Vagus auf den gesamten Verdauungsprozess eingehend untersucht hatte, verstand, dass der Heidenhainsche kleine Magen weder eine genaue Kopie, einen „Spiegel“ des großen Magens, noch seine normale Funktion darstellt. Deswegen schuf er einen ähnlichen kleinen Magen; hierbei wurde die Gesamtheit der Mageninnervation aufrechterhalten. Mit diesem Magen konnte Pawlow die Funktion der Magendrüsen sowohl unter der Einwirkung des Fütterungsaktes mit der Absonderung des psychischen Appetitsaftes als auch unter der Einwirkung von chemischen Faktoren untersuchen. Seine Mitteilung über die Bildung des kleinen Magens erfolgte im Jahre 1894 im Aufsatz „Über chirurgische Methoden der Untersuchung der Sekretionsphänomene des Magens“. Außer den genannten Operationen wurden in Pawlows Labor Modifikationen der Forschungsmethoden bezüglich der Funktionen des Pylorus sowie der Untersuchungsverfahren hinsichtlich der Verhältnisse zwischen Darm, Magen u. a. durchgeführt.
Die Untersuchung der Funktionen einzelner Organe des Verdauungssystems führte zu wertvollen Erkenntnissen, stellte jedoch den Verdauungsprozess nicht als eine kontinuierliche Ganzheit – von der Zufuhr der Nahrung in den Verdauungskanal bis zu ihrer Resorption durch den Organismus – dar. Dafür mussten Kombinationen verschiedener Operationen an verschiedenen Teilen des Verdauungssystems gleichzeitig durchgeführt werden – möglichst an demselben Tier: „Wenn aber die Sache darin besteht, dass die Tätigkeit der Verdauungsdrüsen gründlich und allseitig untersucht werden muss, so kann die Operationsarbeit nicht auf die separate Anwendung der beschriebenen Verfahren beschränkt werden, sondern man muss die weitere nicht leichte Aufgabe der Kombination verschiedener Operationen lösen. Die Notwendigkeit dieser Kombinationen geht davon aus, dass sich die Erforschung der Verdauungsdrüsen nicht auf die Erforschung der Säfte und deren Kombinationen beschränkt; sie muss die Bedingungen der Drüsenfunktion sowie den Charakter ihrer Reize und den Ort ihrer Anwendung feststellen.“21
Forschungsverfahren betreffs der digestiven Funktionen, die von Pawlow verwendet wurden, waren wesentlich mit seinen theoretischen Vorstellungen von der Verdauung als von einem auf der Basis bestimmter Grundsätze funktionierenden ganzheitlichen Selbstregulationssystem verbunden.
Die Verdauungsphysiologie hatte vor den Forschungen Pawlows einen analytischen Charakter, da sie getrennt die Funktionen der einzelnen Organe außerhalb des ganzheitlichen Systems untersucht hatte.
„Die Wissenschaft“, notierte er, „hat ja noch nicht versucht, und konnte es bisher auch nicht wagen, zur Synthese der realen Verdauung zu schreiten, d. h. die oft widerstrebenden Interessen aller Nahrungsstoffe untereinander, sowie diejenigen des Verdauungskanals und des Gesamtorganismus zu vereinigen.“22 Das Ziel der von ihm geschaffenen synthetischen Verdauungsphysiologie sah er darin, dass man von einem einheitlichen Standpunkt aus „die Bedeutung jedes Organs aus der Sicht seiner natürlichen Funktion beurteilen und seinen Platz sowie das ihm entsprechende Maß zeigen konnte.“23

Der Grundsatz der phasenhaften Abfolge der Verdauungsprozesse und Selbstregulation der Verdauungsorgane

Dem Grundsatz der phasenhaften Abfolge des Digestionsprozesses und der Selbstregulation der Organe wurden qualitativ neue, von sämtlichen früheren Vorstellungen der Tätigkeit des Organismus abweichende Ideen zugrunde gelegt. Bei der Festlegung dieses Grundsatzes wurde der internationale Stand des Wissens berücksichtigt. Pawlow schätzte alles hoch ein, was seine Vorgänger geschaffen hatten, und verstand dieses Wissen als Ausgangsbaustein in das System seiner eigenen Forschungen einzufügen. Er wäre kein hervorragender Denker geworden, wenn er sich die Ideen der Neuerer weder angeeignet noch das uminterpretiert hätte, was in seiner Epoche den allgemeinen Geist und das Niveau der Wissenschaftsentwicklung bestimmte.
Auf welche Arbeiten und auf welche Ideen stütze sich Pawlow? Was wurde zum Ausgangspunkt seiner Forschungen? Nach unserer Auffassung diente Folgendes als theoretische Voraussetzung für seine Forschungen zu den Verdauungsfunktionen:
Erstens: Experimentelle Angaben von Heidenhain, die davon zeugen, dass die Magentätigkeit etappenweise in periodischen Einzelprozessen erfolgt, deren Beginn jeweils mit einem spezifischen Reiz verbunden ist. In der sechsten der „Die Arbeit der Verdauungsdrüsen. Vorlesungen“ erläuterte Pawlow: „Von anderen Forschern müssen wir noch Heidenhain nennen, der die Physiologie der Absonderungen überhaupt bereichert und speziell betreffs der sekretorischen Arbeit des Magens wichtige Thatsachen mitgeteilt und fruchtbringende Gedanken in Umlauf gesetzt hat. Von ihm gingen einige neue Thatsachen und die Idee aus, den sekretorischen Prozess nach Perioden und Erregern zu gliedern, sowie der Gedanke, dass es wichtig sei, die verschiedenen Nahrungsmittel einzeln hinsichtlich der Arbeit des Magens zu untersuchen.“24
Als Ergebnis seiner zahlreichen Forschungen bewies Pawlow, dass die Magenfunktionen intern strukturiert sind, in einer streng geregelten Folge in einzelnen Schritten erfolgen und die Tätigkeit bei jedem dieser Schritte ihren spezifischen auslösenden Reiz besitzt. Diese Auffassung bezüglich der phasenhaften Abfolge der Magentätigkeit dehnte er auf das gesamte Verdauungssystem aus.
Durch strenge und präzise experimentelle Forschungen zeigte er, welche Faktoren als spezifische Reize für jeden einzelnen Schritt innerhalb des Verdauungsprozesses gelten. Dies alles galt als Grundlage für seine Festlegung allgemein gültiger Gesetze zur Abfolge von Verdauungsfunktionen.
Zweitens: Die wichtigste theoretische Quelle von Pawlows neuer Verdauungsphysiologie waren die Ideen der Selbstregulation der Funktionen des Organismus, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Physiologie veränderten und an deren Entwicklung er selbst aktiv teilnahm.
In den 1850er Jahren hatte Claude Bernard die Lehre von der Konstanz des inneren Milieus des Organismus geschaffen und den Mechanismus der Selbstregulation des Blutzuckes und der Aufrechterhaltung der Körpertemperatur bei warmblütigen Wirbeltieren entdeckt. Er machte auch auf die Mechanismen zur Aufrechterhaltung des arteriellen Blutdrucks innerhalb vorgegebener Grenzen aufmerksam.
In den 1860er bis 1880er Jahren erzielte eine Reihe von Physiologen (vor allem Carl Ludwig) interessante Untersuchungsergebnisse, die die Aufrechterhaltung des Blutdrucks auf einem bestimmten Niveau und innerhalb definierter Grenzen erklärten. An diesen Forschungen nahm Pawlow aktiv teil. Dabei war sein Interesse an Regulationsmechanismen des Blutdrucks keine zufällige Episode in seinem wissenschaftlichen Schaffen. 1882 schrieb er: „Seit Jahren wird meine Aufmerksamkeit von der Regulation des Blutdrucks gefesselt.“25
Im Aufsatz „Der Vagus als Regulator des Blutdrucks“ präsentierte er eine verallgemeinernde Charakteristik der Beiträge zur Selbstregulation des arteriellen Blutdrucks und hob seine Verdienste bei der Ausarbeitung dieser Frage hervor. Er schrieb: „Nach Bernard gehört der Blutdruck zu den konstanten Werten eines warmblütigen Organismus wie zum Beispiel auch die Temperatur. Und in der Tat hat die Physiologie der Ludwig-Schule den Beweis zu verdanken, dass das Blutgefäßsystem fähig ist, die Höhe des Blutdrucks bei bedeutenden Änderungen der Blutmenge durch Aderlass oder Transfusionen aufrecht zu erhalten. Im Anschluss an diese Beiträge zeigte ich, dass der Blutdruck auch bei normalen Lebensvorgängen innerhalb von langen Zeiträumen und unter sehr unterschiedlichen Bedingungen auf einem bestimmten Niveau konstant bleibt.“26
Bei der Erforschung der Mechanismen der Steuerung des arteriellen Blutdrucks beachtete Pawlow Elemente des Selbstregulationsprozesses wie die „gegensteuernden“ Reflexe, die er als „Erregung der Nerven, die in Gegenrichtung tätig sind“, beschrieb. Im Jahr 1879 veröffentlichte er in „Pflügers Archiv“ den Aufsatz „Zur Lehre über die Innervation der Blutbahn“, in dem er festhielt: „Bei 120 mm und niedriger werden wahrscheinlich Bedingungen für eine Nervenerregung geschaffen, die in die Gegenrichtung – also blutdrucksteigernd – wirken (leider sind ähnliche Mechanismen noch nicht ausreichend geklärt); folglich muss der Blutdruck nach der Beseitigung dieser Regler unter die Norm fallen.“27
Ausführlicher und zusammenfassend beschrieb er 1912 den Mechanismus der Blutdruckregulation. In einer Vorlesung für Studenten der Militärmedizinischen Akademie sagte er: „Sie sehen somit die Tatsache der Kopplung von zwei Reflexen. Durch einen Reiz errege ich den Nervus ischiadicus und löse damit einen Reflex aus, und das Ergebnis dieses Reflexes – die Erhöhung des Blutdrucks – führt zu einem anderen Reflex, an dem der Nervus depressor cordis beteiligt ist. Vor Ihnen stehen zwei gekoppelte Reflexe, das Ende eines Reflexes gilt hierbei als Anfang des anderen.“28
Der von Pawlow beschriebene Prozess der Selbstregulation des arteriellen Blutdrucks hat einen zyklischen Charakter und erfolgt mit Hilfe von „steuernden“ und „gegensteuernden“ Reflexen (in der modernen Terminologie „Kopplungs“- und „Rückkopplungs“-Verbindungen). Von ausschlaggebender Bedeutung ist hierbei das Ergebnis als der Zeitpunkt, der einen neuen Zyklus der Selbstregulationstätigkeit initiiert.
Ob die Mechanismen der Selbstregulation, die bei der Erforschung des konstanten Blutdrucks im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Verdauungssystems entdeckt wurden, funktionieren? Diese Frage beantwortete Pawlow eindeutig positiv. „Wenn es für viele Organe“, notierte er, „zweifellos bewiesen ist, dass sich die Nerven, die sie regieren, antagonistisch in zwei Gruppen teilen, warum sollte nicht dasselbe auch für die Drüsen zu Recht bestehen? Vielleicht ist sogar ein solcher Antagonismus als allgemeines Innervationsprinzip aufzufassen.“29
Eine andere Idee, die eine bedeutende Rolle beim Aufbau der neuen Verdauungsphysiologie durch Pawlow spielte und die seinen Vorgängern und Zeitgenossen in dieser Form nicht gekommen war, betrifft die Rolle Nervus vagus.
Die Erkenntnisse und Ideen, über die Pawlow schrieb, hatten einen analytischen Charakter. Sie stellten lediglich Bausteine dar, aus denen ein ganzes Gebäude der synthetischen Verdauungsphysiologie errichtet werden kann. Seine Vorgänger und Zeitgenossen hatten keinen Plan für die Errichtung eines solchen Systems. Sie verfügten weder über einen „Mörtelstoff”, der einzeln funktionierende Teile zu einem unteilbaren Ganzen verbinden würde, noch über einen „Motor“ oder „Kräfte“, mit deren Hilfe einzelne Baustoffe auf konsequent zu errichtende „Stockwerke“ eines Gesamtkonzeptes gehoben werden konnten.
Das Genie Pawlows bestand darin, dass er aus einzelnen theoretischen Voraussetzungen und Erkenntnissen mit adäquaten experimentellen Methoden auf der Grundlage eines neuen, von ihm selbst ausgearbeiteten Grundsatzes die Funktion des gesamten Verdauungskanals in seiner Eigenschaft als ein funktionierendes System vorstellen konnte – ein System, dass sich selbst steuert und sich selbst regelt. Der Grundsatz, den er diesem System zugrunde legte, war, wie oben erwähnt, der Grundsatz der phasenhaften Abfolge des Verdauungsprozesses und der Selbstregulation der Verdauungsorgane. Dieser Grundsatz kann nicht nur auf die Art der Reflexe (Reiz – Reaktion) zurückgeführt werden. Er ist lediglich ein Phänomen der Selbstregulation auf der Grundlage von Kopplungs- und Rückkopplungsverbindungen. Die genannten Formen der Tätigkeit und der Selbstregulation wurden von Pawlow in den Grundsatz der phasenhaften Abfolge des Verdauungsprozesses und der Selbstregulation der Verdauungsorgane als untergeordnete und einzelne Momente eingeschlossen.
Der Grundsatz der phasenhaften Abfolge des Digestionsprozesses und der Autoregulation der Verdauungsorgane liegt den sich selbst steuernden Systemen zugrunde. Die Tätigkeit der einzelnen Elemente (Teile) dieser Systeme erfolgt in einer bestimmten Reihenfolge in der Weise, dass das Ergebnis der Tätigkeit des vorangehenden Elements gleichzeitig die Ursache für die Tätigkeit des folgenden Elements und ein Faktor der Selbstregulation des funktionierenden Teils ist.30
Der Grundsatz der etappenweisen Abfolge des Verdauungsprozesses und Selbstregulation der Digestionsorgane galt als eine Leitidee bei der Erforschung der Verdauungsfunktionen. Diese Idee wurde im Rahmen von Pawlows Forschung als Ensemble von nachgewiesenen Erkenntnissen umgesetzt, aus deren theoretischer Grundlegung in Form eines straffen wissenschaftlichen Systems seine Verdauungslehre folgte.
Die Erforschung des gesamten Verdauungsprozesses begann er mit der Untersuchung des Fütterungsaktes. Zu der Zeit, als er anfing, sich mit dem Verdauungsproblem zu befassen, verfügte die Physiologie bereits über wesentliche Methoden zur Untersuchung der Speicheldrüsenfunktion. Die Tätigkeit dieser Drüsen erfolgt reflektorisch: Die Nahrung mit ihren spezifischen mechanischen und chemischen Eigenschaften löst die jeweilige Tätigkeit der Speicheldrüsen aus. Wie Pawlow betonte, löst der Speichel einen Teil der Nahrungsstoffe und erleichtert dadurch das Erkennen der chemischen Zusammensetzung der Nahrung, fördert ihre mechanische Bearbeitung und beseitigt die physikalischen Eigenschaften, die für ihre Verarbeitung im Magen-Darm-Kanal hinderlich oder sogar schädlich sind.
Im Speichel sind Enzyme enthalten, die eine chemische Bearbeitung der Nahrung im Mund fördern. Die Bedeutung von Speichel als Ergebnis der Tätigkeit der Speicheldrüsen wird nicht auf dessen Funktionen in der Mundhöhle beschränkt. Wie mehrere Forschungen Pawlows und seiner Mitarbeiter zeigten, spielt der Speichel auch eine Rolle als Reiz für die Magendrüsenfunktion, d. h. des nächsten Verdauungsorgans im Anschluss an die Bearbeitung der Nahrung in der Mundhöhle.
Vor seinen Forschungen gab es skizzenartige Angaben zur Funktion der Magendrüsen. Wie oben erwähnt, erfüllten bis dahin die Versuche mit der Magenfistel aus einer Reihe von Gründen die Erwartungen der Experimentatoren nicht. Die erste Frage, die bei der Erforschung der Magensekretion entsteht, ist das Problem, wodurch der Beginn der Verdauungstätigkeit im Magen verursacht wird. Viele Physiologen waren der Auffassung, dass als Ursache der Verdauungstätigkeit im Magen mechanische und andere Eigenschaften der Nahrung infrage kämen, die unmittelbar auf die Magenschleimhaut einwirkten. Die Erkenntnis, die die weitere Richtung der wissenschaftlichen Suche bestimmte, war das Phänomen des sogenannten psychischen Magensaftes: „In Pepsindrüsen genauso wie in Speicheldrüsen verursacht alleine das Sehen der Nahrung […] oder die Wirkung der Letzteren auf ein anderes Sinnesorgan die Saftabsonderung; dies ist die so genannte psychische Sekretion des Magensaftes, auf die Bidder und Schmidt bereits im Jahre 1851 hingewiesen haben.“31
Echte Forschungen zur psychischen Sekretion der Magendrüsen wurden erst nach der Entwicklung der „Scheinfütterungs“-Methode möglich. Die Scheinfütterung in Verbindung mit der Magenfistel bot die Möglichkeit für die Untersuchung der Wirkung eines Faktorenkomplexes, die bei dem Fütterungsprozess entsteht und die Magenverdauung auslöst, da die Nahrung nicht in den Magen gerät. Es stellte sich heraus, dass der Genuss der Nahrung und sein Zusammenwirken mit den entsprechenden Rezeptoren in der Mundhöhle den Beginn der Magensaftabsonderung bei entsprechendem Appetit darstellen. Aus diesem Grund beginnt die Sekretion des sogenannten Appetitsaftes („Zündsaft“ im Magen), „der einzige Initiator des sekretorischen Prozesses und zugleich die notwendige Bedingung seiner Fortsetzung, denn wenn die Verdauung dieser Speisen unter seiner Beihilfe eingeleitet ist, so kann sie spontan fortgehen.“32
Dem Appetit wurde von Pawlow eine große Bedeutung im Verdauungsprozess beigemessen, da er ihn als ein Glied ansah, das die Beschaffung der Nahrung mit der Anfangsetappe ihrer Verarbeitung im Magen verbindet: „Durch den leidenschaftlichen Instinkt der Esslust“, schloss Pawlow, „hat die beharrliche und unermüdliche Natur das Suchen und Finden der Nahrung mit dem Anfang der Verdauungsarbeit verknüpft.“33
Die Wirkung des Fütterungsaktes auf die Magendrüsen erfolgt durch den Vagus. Bei einem vor der Scheinfütterung durchtrennten Vagus wurde kein Zündsaft, kein Appetitsaft abgesondert. Durch eine Scheinfütterung konnte man den Nullpunkt der Saftabsonderung, die Menge und die Qualität des Magensaftes bei Zuführung verschiedener Nahrungsarten ermitteln. Pawlows Versuche zeigten, dass dieser Prozess so regelhaft abläuft, dass es eine bestimmte Zeitspanne für seinen Beginn, die Dauer, das Maximum der Saftabsonderung und das Ende des Prozesses gibt, und zwar für jegliche Art von Nahrung.
Ferner stellte sich heraus, dass sich sowohl die Menge als auch die Qualität des Magensaftes je nach Art der Nahrung ändern.
Bei der Fütterung des Hundes mit Fleisch entfiel beispielsweise die maximale Absonderung bald auf die erste, bald auf die zweite Stunde; bei der Brotverdauung entfiel die maximale Absonderung auf die erste Stunde und bei der Milchverdauung auf die zweite und sogar auf die dritte Stunde. Die Konzentration des Magensaftes änderte sich auch, d. h. jeder Art von Nahrung entsprach eine eigene Art von Absonderung des Magensaftes: Aus diesen Angaben folgerte Pawlow, dass „die Arbeit der Verdauungsdrüsen  […] in hohem Grade elastisch, dabei charakteristisch, genau und zweckentsprechend ist.“34
Er bewies zudem, dass der psychische Saft den gesamten Verdauungsprozess im Magen nicht sicherstellen kann, da er erstens nicht während der ganzen Zeit der Magenverdauung abgesondert wird und zweitens einen unspezifischen Charakter hat, d. h., er besitzt mehr oder weniger die gleiche Verdauungskraft bei verschiedenen Arten der Nahrung. Dies alles brachte ihn auf die Idee, es müsse „die Verschiedenheit des Verdauungsvermögens des Saftes, der in den späteren Stunden nach Genuss der Speise sezerniert wird, in einer ungleichen chemischen Wirkung der verschiedenen Speisen begründet sein.“35
Es wurde klar, dass nach der Beendigung der ersten (psychischen) Phase der Magenverdauung die zweite (chemische) Phase beginnt. In dieser Zeit befindet sich die Nahrung im Magen. Die Methode der Scheinfütterung lieferte hier keine hinreichenden Informationen. Für die Erforschung der Verdauung in dieser Phase musste man deshalb eine spezifische Methode für die Beschaffung des reinen Magensaftes finden. Vor Pawlow gab es diese Methode nicht. Für die Lösung der Frage schuf er den nach ihm benannten kleinen Magen.
Vorstehend haben wir die Aufmerksamkeit auf die historischen Erkenntnisse, mit deren Hilfe Pawlow seinen kleinen Magen schuf, gelenkt. Dank dieser „Kopie“, dem „Spiegel“ des großen Magens, konnte man nun den gesamten Prozess der Magenverdauung erforschen. Durch die Scheinfütterung erzielte Erkenntnisse betrachtete er als analytische Angaben, da sie lediglich eine Vorstellung von der Anfangsetappe der Magenverdauung vermittelten. Durch den kleinen Magen und die Scheinfütterung erzielte Erkenntnisse sah er dagegen als synthetische Angaben an, d. h. als diejenigen, die eine Vorstellung vom gesamten Prozess der Magenverdauung vermittelten.
Wie die experimentelle Praxis zeigte, „muss diese Methode, einen isolierten kleinen Magen zu bilden, als einzig mögliche und im Prinzip richtige anerkannt werden.“36
Auf der Grundlage einer adäquaten Forschungsmethode konnte Pawlow ermitteln, wie die Arbeit der Magendrüsen in der zweiten, der chemischen Phase der Magenverdauung erfolgt.
Was erwies sich denn als spezifischer Reiz der Magendrüsen in dieser zweiten Phase? Als ein solcher Faktor erwies sich das Ergebnis der Nahrungsverdauung unter dem Einfluss des Zündsaftes (Appetitsaft). Das waren vor allem Peptone, die als Ergebnis der Proteinspaltung unter dem Einfluss des Eiweißfermentes Pepsin entstanden. Die Reaktionsart war folgend: die Einwirkung von Appetitsaft (erste Phase der Magensekretion) auf Proteine (Peptone) bewirkt die Absonderung von dem zu zweiter Verdauungsphase gehörigen Magensaft.
Aus dem Magen gelangt die Nahrung in den Zwölffingerdarm. Bekanntlich erreicht die Nahrung das Duodenum mit Unterbrechungen; die Nahrung geht aus dem Magen in einzelnen Portionen in den Darm über.
Die Vorgänger von Pawlow, Girisch und Mehring, stellten fest, dass der Übergang des Mageninhalts in den Zwölffingerdarm durch den oberen Darmteil geregelt wird, der den Übergang von Chymus aus dem Magen vorübergehend einstellt, indem er den Magenpförtner verschließt. Pawlow und seine Mitarbeiter bewiesen, dass dieser Reflex von der Schleimhaut des Zwölffingerdarms, der die Überführung der Nahrungsmasse in den Darm regelt, durch den Einfluss der sauren Reaktion des Mageninhalts ausgelöst wird.
Es stellte sich heraus, dass der wichtigste Faktor bei der Regulation des Transports der Nahrungsmasse in den Darm und der Stimulator, der die Aktivität auslöst, nicht eine Eigenschaft der Nahrung, sondern die Salzsäure, die von den Magendrüsen produziert wird, ist: „Der stärkste Reiz für die Tätigkeit des Pankreas sind die Säure und die Nahrung, die mit dem Magensaft verarbeitet wurden; sie treten in den Zwölffingerdarm in saurer Reaktion über“, so Pawlow.37
Ursprünglich war man in Pawlows Labor der Meinung, dass die Säure des Magensaftes beim Kontakt der Schleimhaut des Zwölffingerdarms mit Nerven eine reflektorische Absonderung des Pankreassaftes hervorriefe. Im Jahre 1902 zeigten die englischen Forscher Bayliss und Starling, dass in diesem Fall ein anderer Mechanismus wirksam ist. Es stellte sich heraus, dass in der Mukosa des Duodenums und des Jejunums ein Stoff enthalten ist, der sich unter dem Einfluss der Säure in einen aktiven Reiz für die Pankreasfunktion verwandelt. Dieser Stoff wurde Sekretin genannt.
Warum gilt gerade eine saure Reaktion (und keine andere Eigenschaft der aus dem Magen in den Dünndarm gelangten Nahrung) als der wichtigste Reiz für die Tätigkeit der Bauchspeicheldrüse? Pawlow sah den biologischen Sinn dieser Erscheinung in Folgendem: Im Pankreassaft befinden sich Fermente, die ihrer chemischen Natur nach Eiweiße sind. Im sauren Milieu wären sie dem zerstörenden Einfluss von Pepsin ausgesetzt. Der Übergang des Chymus aus dem sauren Milieu in das alkalische neutralisiert die Wirkung von Pepsin und ermöglicht die Wirkung der Pankreasfermente auf die Nahrung. Deshalb, so Pawlow, wirkt der Pankreassaft wie Soda, wie Lauge. Die Neutralisierung der Nahrung im sauren Milieu des Zwölffingerdarms nach dem Prinzip der positiven Rückkopplung wirkt auf den Pförtner und die nächste Portion des Mageninhalts gelangt in den Darm. Somit erfolgt die Bewegung der Nahrung aus dem Magen in den Darm nach dem Prinzip der Autoregulation. Das Ergebnis der Tätigkeit der Magendrüsen, die saure Nahrung, ruft, wenn sie in den Darm gelangt, einen rückwärtig bremsenden Reflex auf den Pylorus hervor. Das Ergebnis der Tätigkeit des Pankreas, das alkalische Milieu, ruft einen positiven rückläufigen Reflex auf den Pylorus-Teil des Magens hervor und in den Darm gelangt eine neue Portion von Chymus. Auf diese Weise funktioniert der Mechanismus der Selbstregulation des Nahrungsübergangs aus dem Magen in den Darm.
„Deshalb kann man sich vorstellen“, folgerte Pawlow, „dass der Pankreassaft, der durch die Magensäure getrieben wird, sie durch sein Alkali neutralisiert und sich dadurch eine geeignete Reaktion schafft. Zu gleicher Zeit schützt sich hierdurch der Pankreassaft vor der zerstörenden Wirkung des Pepsins, denn die Neutralisation ist diesem Fermente wenig zuträglich.“38
Dies bedeutet, dass der Sinn des Ablösung des sauren Milieus des Magens durch das basische Milieu im Darm sowohl in der Herstellung von günstigen Bedingungen für die Tätigkeit der Pankreasfermente als auch in der Neutralisierung von Pepsin als proteolytischem Ferment besteht.
Aber im Pankreassaft ist noch ein anderes proteolytisches Enzym, nämlich Trypsin, enthalten. Es spaltet auch die übrigen Fermente der Bauchspeicheldrüse. Unter diesen Bedingungen büßt die Neutralisierung von Pepsin ihren biologischen Sinn ein.
Wie die Forschung von Pawlow und seinen Mitarbeitern zeigte, wurde diese Aufgabe durch die raffinierte Natur wie folgt gelöst. Im Pankreassekret, das unmittelbar unter dem Einfluss der Säure abgesondert wird, existiert das Trypsin nicht in seiner aktiven Form, sondern in Form des Proenzyms Trypsinogen, das in diesem Zustand seine proteolytische Wirkung nicht besitzt. Es bedarf der Wirkung eines anderen Stoffes, eines anderen Faktors, der das Trypsinogen in das Trypsin verwandelt. In Pawlows Labor von wurde dieser Stoff als Enterokinase bezeichnet.
Im alkalischen Milieu des Darms werden Eiweiße, Stärke und Fette durch Pankreasfermente gespalten. Sie werden in einfachere chemische Stoffe verwandelt, die im Darm leicht ins Gewebe des Organismus übergehen.
Bei der Erforschung des gesamten Mehrphasenprozesses der Verdauung wurde festgestellt, dass nicht sämtliche Nahrungskomponenten in den verschiedenen Teilen des alimentären Kanals auf die gleiche Weise in Stufen verarbeitet werden. Wesentliche Besonderheiten wurden beim Verdauungsprozess von Fetten entdeckt. Es stellte sich heraus, dass die Funktion der Magendrüsen und die Absonderung des Magensaftes durch Fette gebremst werden. Im Pawlowschen Labor wurde nun die Rolle der Fette für die Drüsentätigkeit in verschiedenen Abschnitten des Digestionstraktes untersucht. Es wurde aufgedeckt, dass die Fette dann ihre Funktion entfalten, wenn sie sich im Zwölffingerdarm befinden. Von dort aus rufen sie einen bremsenden Rückreflex für die Magensekretion hervor; gleichzeitig wird die Funktion des Pankreas stimuliert. Ihr Effekt ist dann ähnlich der Wirkung der Säure. Unter dem Einfluss eines spezifischen Enzyms, der Lipase, werden die Fette in einfachere Stoffe zerkleinert, die ihrerseits eine stimulierende Rückwirkung auf die Tätigkeit der Magendrüsen ausüben.
Am Beispiel der Fettverdauung wird der Grundsatz der phasenhaften Abfolge des Prozesses und der Autoregulation deutlich erkennbar: Fett als zusammengesetzter chemischer Stoff bremst von der Oberfläche des Zwölffingerdarms her die Aktivität der Magendrüsen durch den Rückreflex. Das Ergebnis der Verdauung der Fette unter dem Einfluss der Lipase stimuliert – im Sinne einer positiven Rückkopplung – die Magendrüsen, welche die Säure produzieren.
Der biologische Sinn dieses Prozesses ist klar. Die Fette werden unter dem Einfluss von Pepsin nicht gespalten, deswegen wäre eine Reaktion der Magendrüsen auf die Zufuhr von Fetten „sinnlos“. Die „Begegnung“ der Fette mit der Lipase dagegen stimuliert die Magendrüsen und fördert die Spaltung der im Magen befindlichen Eiweiße.
Bei der Darstellung der Rolle des Zwölffingerdarms als Teil des Verdauungskanals bezeichnete Pawlow diesen als „gescheit“. Am Beispiel der Funktion dieses Organs ist nicht nur eine äußerst feine Justierung der einzelnen Teile des Verdauungssystems, „sondern auch der mechanische Charakter der Vorgänge im Magen und Darm […] sichtbar, eine Tatsache, die gleichzeitig die feine Abstimmung des Mechanismus und seinen mechanischen Charakter zeigt.“39
Bei der Erforschung und Entdeckung der Funktionsmechanismen einzelner Teile und des Verdauungssystems als Ganzes stellte sich Pawlow die folgende Frage: Welche Komponente der gesamten phasenhaften Abfolge und der Selbstregulation des Systems erzeugt eine zweckmäßige Funktion? Diese Frage wurde von ihm eindeutig beantwortet: Die Perzeption der Funktionsreize durch einzelne Glieder des gesamten Systems. „Die grösste Bedeutung“, schrieb er, „ist dem Umstand beizulegen, dass die peripheren Endigungen der centripetalen Nerven zum Unterschiede von den Nervenfasern, die allgemein erregbar sind, nur spezifische Reize aufnehmen, d. h. nur, oder hauptsächlich, bestimmte Arten von äusseren Reizen in den nervösen Prozess umzusetzen vermögen. Deshalb ist die Thätigkeit der von ihnen (den Endapparaten) abhängigen Organe eine zweckmässige; d. h. sie wird nur von bestimmten Bedingungen ausgelöst und imponiert uns daher als zielbewusste, vernünftige.“40
In der vorstehenden kurzen Analyse von Pawlows Arbeiten zur Physiologie der Verdauung versuchten wir darzustellen, wie im Prozess der komplizierten wissenschaftlichen Arbeit der Grundsatz der phasenhaften Abfolge von Verdauungsprozessen und der Autoregulation der Digestionsorgane gefunden wurde. Zudem sollte gezeigt werden, wie dieser Grundsatz mithilfe der von Pawlow entwickelten Methoden der experimentellen Forschung, d. h. der Bearbeitung experimenteller Aufgaben und der grundsätzlich neuen theoretischen Verallgemeinerungen, in die Medizin eingeführt wurde.
Wie definierte Pawlow selbst den wesentlichen Schwerpunkt dessen, was er im Bereich der Physiologie der Verdauung erreicht hatte? Im Vortrag zum Andenken an S. P. Botkin im Jahre 1899 bestimmte er das Gesamtergebnis seiner Forschungen wie folgt: „Somit stellen sämtliche chemischen Verdauungsagentien eine Art der Assoziation dar, indem sie sich bald anheften, bald ablösen, bald einander gegenseitig unterstützen. Ich erlaube mir, diese reale Synthese der Verdauung für das wichtigste Ergebnis unserer Bemühungen im Labor zu halten.“41
Pawlow betrachtete weltanschauliche, theoretische und methodische Ansätze als allgemeine Grundsätze der Funktionserforschung des gesamten Organismus, sprich: seiner sämtlichen Systeme. Er sah diese überhaupt als ein neues Paradigma physiologischer Forschung an: „Zugleich kann ich es nicht außer Acht lassen, dass das diesen Arbeiten zu Grunde liegende Verfahren auch für andere Bereiche der Physiologie als fruchtbar angesehen werden muss. Nur bei der Betrachtung eines gesamten, eines normalen Vorgangs in dem einen oder anderen Teil des Organismus unterscheiden wir ohne Schwierigkeiten das Zufällige vom Wesentlichen, das Künstliche vom Normalen, finden wir leicht neue Erkenntnisse und bemerken wir oft und rasch Fehler. Die Idee der allgemeinen und gemeinsamen Funktion der Teile hellt das zu erforschende Gebiet deutlich auf.“

Die Vagotomie

Die Vagusdurchschneidung, die stets zum Tod der Versuchstiere führte, war bereits lange vor Pawlows Experimenten ein Forschungsgebiet von Physiologen. Er untersuchte die Funktionen des Nervus vagus schon zu einer Zeit, als er sich mit der Physiologie des Herz-Kreislauf-Systems beschäftigte. Sein Interesse an der Vagotomie entstand auf gleichsam natürliche Weise im Forschungsprozess zu den Wirkungen des Nervus vagus auf die Verdauung. In den „Die Arbeit der Verdauungsdrüsen. Vorlesungen“ berichtete er: „Während dieser Vorlesungen, als ich unsere alten Versuche mit Vagusdurchtrennungen hinsichtlich des sekretorischen Effektes der Scheinfütterung demonstrierte, stellte ich einen Hund mit einer schweren Störung der Verdauungsfunktion des Magens vor – ein Faktum, das mir aus meiner eigenen Erfahrung und aus den Erklärungen zahlreicher anderer Autoren (besonders Ludwig und Kreil) bekannt war. Ich beschloss, die Verdauung des Tieres zu ermöglichen, indem ich mich auf neue Erkenntnisse stützte. Da bei Hunden mit Vagusdurchtrennung die anatomische Voraussetzung für die Absonderung des Magensaftes vollkommen und für immer fehlt, bemühte ich mich, diesen fehlenden natürlichen Mechanismus durch einen künstlichen zu ersetzen.“42
Aus den oben angeführten Worten ist ersichtlich, dass sich Pawlow an die Lösung eines hundertjährigen Problems begab, ausgehend von neuen Grundsätzen zur Verdauung und auf neuen Methoden zu deren Untersuchung basierend. Dies ermöglichte die Erklärung der Todesursachen bei der Vagotomie und die Entwicklung eines Verfahrens, um dem Ableben der Versuchstiere entgegenzuwirken.
Pawlow hielt die eingehende Untersuchung der Geschichte für eine wichtige Voraussetzung eigener Forschungen zum Vagotomieproblem. Er analysierte alles Wesentliche, was dazu in der Historie der Physiologie vor ihm geleistet worden war; er prüfte sämtliche den Tod nach einer Vagotomie betreffende Aspekte. Bei dieser Analyse ging er von der Tatsache aus, dass die Vielfalt der Gesichtspunkte unter anderem durch die komplizierte anatomische Struktur und die Vielfalt der Funktionen des Vagus zu erklären wäre. Gerade aus diesem Grund sahen verschiedene Autoren die Todesursache in der Schädigung von Funktionen ganz unterschiedlicher Organe, die durch den Vagus innerviert werden.
Die früheste Theorie, die den Tod der Tiere nach der Vagotomie zu erklären versuchte, war die Vermutung von Legallois, derzufolge das Ableben der operierten Tiere infolge einer Lähmung des Kehlkopfs und einer Asphyxie eintrat. Diese Ursache ist jedoch leicht durch eine Tracheotomie zu beseitigen, deswegen wurde diese Hypothese nicht für eine ausreichende Erklärung gehalten.
Andere Autoren sahen die Todesursache in Veränderungen, die in der Lunge eintraten. Wie Pawlow bemerkte, entbrannte darüber 1849/50 eine Auseinandersetzung zwischen Traube und Schiff. Traube war der Auffassung, dass infolge der Schädigung der Funktionen der Stimmritze ein Teil der Nahrung in die Lunge gerate, dort in Fäulnis übergehe und Entzündungen verursache; dies gelte als Todesursache bei den vagotomierten Tieren. Schiff hingegen war der Auffassung, dass der Tod die Folge einer Lähmung der Vasomotoren sei, was zu einer Verengung der Lungenalveolen und Bronchien führe. Aufgrund der Erweiterung der Blutgefäße sammle sich eine große Schleimmenge an, was zu einer besonderen Pneumonie als Todesursache der operierten Tiere führe.
Durch die Methode der Scheinfütterung widerlegte Pawlow eindeutig die Vorstellung, dass die Nahrung infolge der Vagotomie in Luftröhre und Lungen gelange. Durch die Anwendung einer einmaligen experimentellen Methode schloss er diese Möglichkeit aus. Er konnte zeigen, dass die Nahrung durch das Ösophagostoma herausfiel, ohne dass sie in die Lungen gelangte; das Tier starb offensichtlich an anderen Folgen der Vagotomie.
Der Vorstellung von einer Asphyxie durch in die Lunge gelangte Nahrung wurde somit jegliche Begründung entzogen.
Eine Reihe von Autoren war der Auffassung, dass der Tod durch Veränderungen im Herz-Kreislauf-System verursacht wurde. Eingehende experimentelle Forschungen zeigten jedoch, dass diese Änderungen nicht zum Tod führen konnten: Einige Tage nach der Operation war der Pulsschlag nahezu normal und im Herzmuskel konnten nur unwesentliche trophische Veränderungen beobachtet werden.
Den richtigen Weg schlugen nach Pawlows Meinung die Forschungen von Ludwig und Kreil ein. Diese Autoren schnitten den Nervus vagus in verschiedenen Höhen durch, um allmählich jene Zweige zu erreichen, die den tödlichen Ausgang der Operation verursachten. Bei der Durchtrennung unterhalb des Diaphragmas trat der Tod nicht ein. Ferner führten die Autoren die Durchschneidung im Brustbereich unterhalb des Abgangs von Lungenästen durch. Auch diese Operation blieb ohne tödlichen Ausgang. Bei der Durchtrennung des rechten Vagus unterhalb des Nervus laryngeus inferior und des linken Vagus am Hals (obwohl die Herzäste auf einer Seite erhalten wurden) starben alle operierten Tiere. Aus ihren Beobachtungen zogen Ludwig und Kreil die Schlussfolgerung, die Todesursache läge in Funktionsveränderungen des Verdauungskanals. Mithilfe einer Magenfistel konnte man die Verdauung im Magen beobachten.
Die Autoren registrierten hierbei keinen einzigen Fall einer sauren Reaktion des Mageninhalts. Immer trat Fäulnis der Nahrung im Magen ein. Diese Beobachtungen führten Ludwig und Kreil zu der Schlussfolgerung, dass eine Sepsis des Organismus infolge Verfaulens der Nahrung die wahrscheinliche Todesursache der Tiere bei der Vagotomie sei.
Pawlow überzeugte sich von der Richtigkeit der Schlussfolgerungen von Kreil und Ludwig durch das nachfolgend beschriebene Experiment. Wenn man dem Tier nach Vagotomie und Gastrostomie sowie nach Durchschneidung der Speiseröhre Fleisch in den Magen einbringt, beginnt keine Magenverdauung und die Nahrung verfault. Nach Pawlows fester Überzeugung führte eben diese Ursache zum Tod des Tieres.
Dank der Bemühungen von Generationen von Physiologen und vor allem dank der Forschungen von Kreil und Ludwig sowie von Pawlow selbst zog man eine eindeutige Schlussfolgerung: Die Ursache des Todes nach der Vagotomie ist eine Störung des Verdauungssystems.
Wie aber kann diese Ursache beseitigt werden? Wie kann man sie bekämpfen? Die Geschichte der Wissenschaft wusste keine Antwort auf diese Frage. Eine Antwort war nur durch eigene Forschungen von Pawlow zu suchen und vor allem im Grundsatz der phasenhaften Abfolge der Digestion und der Selbstregulation der Verdauungsorgane, in der Vorstellung von den zwei Phasen der Magenverdauung (der psychischen und der chemischen Phase) zu finden. „Jetzt befinde ich mich“, schrieb er, „in der glücklichen Lage zu beweisen, dass jener Gedanke von Ludwig vollkommen richtig ist. Diese Möglichkeit habe ich erhalten, da ich in der letzten Zeit bei meinen Arbeiten zur Verdauung ziemlich tief in den Mechanismus der Verdauungsarbeit eingedrungen bin und alle dort aufgetretenen Störungen bewusst bis zu einem gewissen Grade kompensieren konnte. Nachdem ich dies alles getan hatte, erreichte ich, dass der Hund, der die Operation, wie sie auch Kreil und Ludwig durchführten, überstand, am Leben blieb.“43
Worin sah Pawlow die Störung des Verdauungsmechanismus bei dem Hund nach der Vagotomie und wie gelang es ihm, diese Störung zu kompensieren?
Infolge der Vagusdurchschneidung verschwand die erste Phase, die erste neurogene Etappe der Magenverdauung – d. h. der Appetitsaft oder Zündsaft, der die zweite, chemische Phase der Magenverdauung auslöste und antrieb, indem er Eiweiße in Peptone spaltete. Pawlow rekonstruierte die normale Magenverdauung, indem er in den Magen der operierten Tiere Stoffe einführte, die diese Phase der Digestion wiederherstellten. Somit konnten die Tiere die Folgen der Vagotomie überleben.
Wir gestatten uns, ein längeres Zitat aus einer Arbeit von Pawlow anzuführen, in der die Maßnahmen eingehend beschrieben sind, die zum Erhalt des Lebens dieser Hunde führten. „Also“, führte Pawlow aus, „jede Ernährung begann mit der Magenspülung. Dann, da wir wissen, dass vom N. vagus die anfängliche Absonderung des Magensaftes, die Absonderung des Zündsaftes ausgeht und sie ohne den N. vagus folglich nicht beginnt, bemühten wir uns, diesen Mangel zu beheben und führten Brühe in den Magen ein, wissend, dass dies einen chemischen Reiz für den Magen darstellt, einen Reiz, der die Magenarbeit wahrscheinlich durch den Sympathikus hervorruft. Nach der Einführung der Brühe ließen wir diese eine halbe Stunde lang im Magen, dabei untersuchen wir bequem mit einem Kautschukrohr und einem Trichter die Reaktion des Mageninhalts und bemerken, dass diese Brühe allmählich sauer zu werden begann. Nach einer weiteren halben Stunde ergab sich eine intensiv saure Reaktion. Uns gelang auf diese Weise, die Schleimhaut anzuregen, und wir führten als Nahrung bestimmte Stoffe ein. Danach, da wir wussten, dass die wesentlichen sekretorischen Nerven fehlten, bemühten wir uns, in einer oder in eineinhalb Stunden den Magensaft von anderen Hunden einzuführen, den wir durch die Scheinfütterung erhalten hatten.“44
Die Untersuchung der Ätiologie und der Pathogenese des Magen- und des Zwölffingerdarmgeschwürs zeigte, dass die Hauptrolle bei diesem Prozess die verstärkte Sekretion, der erhöhte Säuregehalt des Magensaftes und seine Fähigkeit zur Verdauung der verletzten Schleimhaut des Magens spielten. Deswegen sah man in der Resektion eines Magenteils eine Möglichkeit zur Behandlung der Ulkuskrankheit. Aus Pawlows Forschungen zur Verdauungsphysiologie war bekannt, dass die Durchschneidung des N. vagus zur Verminderung der Magensaftsekretion und zur Herabsetzung seines Säuregehalts führt. Aus dieser Erkenntnis entstand der Gedanke, dass die Vagotomie zu einer chirurgischen Methode der Behandlung der Geschwürerkrankung werden kann. Und solche Operationen wurden durchgeführt, beginnend mit dem zweiten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts.
Die theoretische Grundlage dieser Operationen bildeten klassische Arbeiten von Pawlow zur Untersuchung der Rolle des Nervus vagus bei der Verdauung und besonders seine Arbeiten zur experimentellen Vagotomie.
In unserer Zeit sehen die meisten Chirurgen diese Arbeiten als den Beginn der experimentellen Begründung der Wahl der Behandlungsmethode und als Ausgangspunkt für die Analyse der Therapieergebnisse an. Bis vor kurzem gab es jedoch keine Literatur, in der die Bedeutung der Arbeiten Pawlows als theoretische Begründung der Vagotomie und ihrer Eignung als chirurgische Methode für die Behandlung der Ulkuskrankheit gewürdigt wurde. Aufgrund dieser Umstände ist der Vorrang des russischen Gelehrten Pawlow in diesem Bereich für manche Ärzte und Physiologen nicht ganz offensichtlich.
Bei der Einschätzung seiner Entdeckungen zur Bedeutung der Vagotomie für die klinische Praxis heben wir folgende Hauptmomente nochmals hervor.
Erstens dienten Pawlows experimentellen Arbeiten zur Vagotomie als ethische Grundlage für die Anwendung als therapeutisches Verfahren. Nachdem die Experimente, die in den Jahren 1895 bis 1899 in seinem Labor durchgeführt worden waren, gezeigt hatten, dass das Leben der Tiere nach der Vagotomie zu retten war, konnte er mit voller Berechtigung erklären, dass „die geheimnisvolle Frage nach dem Tod der Tiere im Anschluss an die Vagotomie“ endgültig gelöst worden war.
Zweitens stammt von ihm selbst die Idee von der klinischen Anwendung der Vagotomie. Nachdem er das Rätsel des Todes nach einer Vagotomie entschlüsselt und dieses Risiko ausgeräumt hatte, machte er den nächsten Schritt und empfahl die Anwendung der Vagotomie als chirurgische Behandlungsmethode. Zur Illustration seiner tiefen Überzeugung von der Zukunft der Vagotomie in der klinisch-chirurgischen Praxis führen wir seine Rede vom 23. Januar 1899 in der Diskussion zum Vortrag von P. E. Katschkowski „Über das Überleben von Hunden nach der gleichzeitigen Durchtrennung der Nn. vagi am Hals“ an: „Letztlich“, so Pawlow, „bin ich mit dem Referenten bezüglich der Anwendung dieser unserer Versuche in der Chirurgie nicht ganz einverstanden. Der Referent empfiehlt nicht die Anwendung der Vagotomie beim Menschen. Natürlich wird keiner zu einer derartigen Operation ohne ausreichende Gründe greifen. Es gibt jedoch außerordentliche Fälle, bei denen es keinen anderen Ausweg gibt, zum Beispiel, wenn ein Chirurg zufällig die beiden Nn. vagi durchgeschnitten hat. Nach den früheren Vorstellungen von dieser Verletzung wäre der tödliche Ausgang unvermeidlich; jetzt wäre es jedoch unwissenschaftlich, die Sache so zu betrachten. Jetzt werden die Bemühungen des Chirurgen, das Leben des Kranken zu erhalten, von Erfolg gekrönt, wie unsere Hunde deutlich beweisen.“45
Drittens deckte Pawlow Bedingungen auf, unter denen das Leben der operierten Tiere gerettet werden kann und die tödlichen Folgen der Vagotomie bekämpft werden können. Wir weisen ausdrücklich darauf hin, weil die Geschichte der klinischen Anwendung dieser Operation zeigt, dass die Ursachen für schlechte Ergebnisse nicht selten in der Missachtung der Schlussfolgerungen von Physiologen liegen.
Für Pawlow blieb die Frage nach den an den Pepsindrüsen wirksamen Mechanismen im Anschluss an eine Vagusdurchschneidung letztlich offen. Es war nicht ganz klar, wie im Magen befindliche chemische Agentien die Tätigkeit der Magendrüsen initiieren, wenn der Nerv durchgeschnitten ist. Die Möglichkeit der Mitwirkung des sympathischen Nervensystems an diesem Prozess wurde von Pawlow nicht verneint; er war aber der Auffassung, dass eine befriedigende Antwort auf diese Frage erst dann möglich sei, wenn der zelluläre und molekulare Mechanismus der Tätigkeit der Magendrüsen untersucht worden sei.
Als wesentliche Facette der Charakteristik von Pawlow als wissenschaftlichem Denker gilt seine Besinnung auf die Bedeutung der Geschichte für den Fortschritt der Wissenschaft, die Einheit der Geschichte und die Logik der wissenschaftlichen Erkenntnis.
Die vorstehende Analyse seiner Arbeiten zur Vagotomie weist nach, dass er sich einerseits für die Aufdeckung der Todesursache von Versuchstieren bei der Vagotomie vom Besten leiten ließ, was in der Geschichte zu dieser Frage erarbeitet worden war; andererseits ging er bei einer kritischen Beurteilung der Auffassungen und Leistungen seiner Vorgänger von seinen zeitgenössischen Vorstellungen, von der vollen Tragweite seiner eigenen Forschungen aus. Er verfolgte gleichzeitig zwei Wege: von der Geschichte zu einer zeitgenössischen Lösung und von der Höhe der Logik seiner Lösung derselben Frage zu ihrer Geschichte. Seine eigene Beantwortung der Frage nach der Todesursache der Tiere bei Vagotomie und zu Methoden ihrer Bekämpfung sah er größtenteils als Ergebnis der Geschichte der Untersuchung dieser Frage an: „Das Leben, die Existenz des Hundes, der heute von mir vorgestellt wird“, sagte er, „ist, wie ich glaube, ein vollständiges Ergebnis der beinahe hundertjährigen Bearbeitung dieser Frage; d. h. alles Wesentliche, worauf Autoren zu verschiedenen Zeiten hingewiesen haben, wurde jetzt berücksichtigt, und da dieser Hund lebt, ist die Frage nach dem Mechanismus des Todes gelöst.“46
Andererseits war Pawlow der Meinung, dass eine wahrheitsgetreue Darstellung des historischen Verlaufs und eine vollständige Beurteilung der Arbeiten der Wissenschaftler nur aufgrund der Leistungen der Wissenschaft möglich sind. Er hielt sich an diesen Grundsatz sowohl bei der Beurteilung der Verdienste einzelner Autoren, die zum Nervus vagus bezüglich der Innervation der Magendrüsen publiziert hatten, als auch bei der Prüfung der Vagotomiegeschichte: „Trotz des grossen Umfanges und der Verworrenheit der Litteratur über die Innervation der Magendrüsen sind wir jetzt in der glücklichen Lage, uns klar und bündig die Grundzüge der früheren Arbeiten vorzustellen, die Ursache ihres Misserfolges zu erfassen und aus dieser historischen Lehre Vorschriften für dasjenige ideale Experiment zu schöpfen, welches unsere Frage endgiltig entscheiden soll.“47
Sowohl bei der Forschung zu den Verdauungsfunktionen als auch bei der Lösung der Fragen im Zusammenhang mit der Vagotomie gelang es Pawlow als wissenschaftlichem Denker, die historische Entwicklung der Wissenschaft neu zu bewerten. Er verfügte über grundsätzlich neue Methoden und theoretische Postulate, die ihm die Möglichkeit boten, alles das, was bislang von der Forschung vorgelegt worden war, aufgrund eines höheren und einzig richtigen Gesichtspunkts neu zu interpretieren. Hierbei behandelte er die Leistungen seiner Vorgänger und Zeitgenossen sehr sorgsam und bemühte sich, deren Positionen in die Logik seiner Lehre einzuordnen.
Die Synthese der Geschichte der Physiologie und der Logik der Verdauungstheorie von Pawlow war nur unter einer Bedingung möglich, nämlich dem Aufbau der neuen Lehre auf der Grundlage eines einheitlichen Ausgangsgrundsatzes und eines einheitlichen Anfangs, aus dem wie aus einem Keim ein klar organisiertes Gebilde der Verdauungsphysiologie herauswuchs. Als „Ausgangspunkt“ der gesamten Lehre von Pawlow sowohl im Bereich der Verdauungsphysiologie als auch auf dem Feld der höheren Nerventätigkeit gilt der früher von R. Descartes vorgeschlagene Begriff des Reflexes.
Ein beliebiger Reflex in seiner einfachsten und ursprünglichen Form erfolgt nach dem Schema Reiz – Reaktion. Vor den Arbeiten Pawlows wurde durch dieses Schema das gesamte Wesen des Reflexbegriffs erfasst. In der realen physiologischen Erforschung der Lebensvorgänge im Organismus wurde diese Praxis in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts überwunden. Das Genie Pawlows bestand gerade in seinem Verständnis dafür, dass der klassische Reflex von Descartes beim Mechanismus der Selbstregulation nur als Ausgangspunkt gilt und diese ihr Wesen darin nicht erschöpft. In einer Reflexantwort auf einen Reiz sah Pawlow nicht nur die Funktion eines Organs (oder des Organismus im Ganzen), sondern er verstand auch das Ergebnis als Inhalt des Reflexvorgangs – ein Ergebnis, das stets einen biologischen Sinn hat. Ein Ergebnis, ein „Ende“ eines Reflexaktes, gibt es in ganzheitlichen selbstregelnden Systemen nicht; es wird zum Anfang 1.) des Mechanismus, der die Selbstregulation eines bestimmten Teils des funktionierenden Systems durch „steuernde Reflexe” vornimmt oder 2.) der Tätigkeit des nächsten Elements im Rahmen desselben ganzheitlichen Systems. Darin besteht das Wesen des Pawlowschen Grundsatzes von der Abfolge und der Selbstregulation der Funktionen eines Organismus. Die Begriffe „steuernde Reflexe” und „Ergebnis“ nehmen einen führenden Platz nicht nur in seiner Verdauungsphysiologie, sondern auch in der Lehre von der höheren Nerventätigkeit ein.
Da wir die Fragen zu „Funktionen“ und „Ergebnissen“ im Rahmen des Reflexkonzepts angeschnitten haben, betonen wir, dass diese Fragen für Pawlow hinsichtlich der Ermittlung des Gegenstands seiner Forschungen von besonderer Relevanz waren. In der ersten seiner „Die Arbeit der Verdauungsdrüsen. Vorlesungen“ formulierte er: „Eine umfassende Kenntnis der Verdauungsvorganges kann auf zwei Wegen erworben werden: erstens, wenn die Wissenschaft untersucht, in was für einem Zustande der Verarbeitung sich das Rohmaterial an jedem einzelnen Punkte des Verdauungskanals befindet (diesen Weg gingen Brücke, Ludwig und seine Schule und andere Forscher), und andererseits, wenn sie genau ermittelt, wie viel von dem Verdauungsreaktiv für jeden einzelnen Bestandteil der Speise und für diese in ihrer Gesamtheit sezerniert wird, wie diese Reaktive beschaffen sind, und wann sie sich in den Verdauungskanal ergiessen (dieses ist der Weg der zahlreichen Forscher, welche den Sekretionsverlauf der Verdauungssäfte untersucht haben). Unsere Untersuchungen gehören der zweiten Reihe an.“48
Die erste Herangehensweise an die Erforschung der Verdauungsfunktion wurde von Pawlow der Zuständigkeit der physiologischen Chemie (Biochemie), das zweite der Physiologie zugeordnet. In seinen Erinnerungen an A. F. Samojlow bezeichnete er sich als „reinen Physiologen“.
Den schöpferisch-heuristischen Charakter der Reflextheorie betonte Pawlow sein ganzes Leben lang. Auf dem XIII. Internationalen Medizinischen Kongress, der am 2. August 1900 in Paris stattfand und die Ergebnisse der Entwicklung der Medizin im 19. Jahrhundert zusammenfasste, trug auch er vor. Dabei ging er auf die Aufrufe einiger Wissenschaftler zum Verzicht auf die Reflextheorie ein: „Warum wird uns dann manchmal ein anderer Weg empfohlen, eine andere Richtung, als ob sie mehr der Fülle des Lebens entspräche? Hörten wir denn auf, uns mit unserer alten Fahne in den Händen ständig mit der Untersuchung des Organismus vorwärts zu bewegen? Unsere Macht über diesen tierischen Organismus vergrößert sich bloß ununterbrochen.“49

Experiment und Klinik

Pawlow schrieb: „In grundsätzlicher Betrachtung sind Physiologie und Medizin untrennbar. Wenn ein Arzt bei seinem Tun, umso mehr in seinem Ideal, ein Mechaniker des menschlichen Organismus ist, dann wird ein beliebiger physiologischer Erwerb von neuer Erkenntnis früher oder später unbedingt die Macht des Arztes über diesen außerordentlichen Mechanismus vergrößern – die Macht, diesen Mechanismus aufrechtzuerhalten und zu reparieren.“50
Es fällt schwer, eine richtige und klare Haltung zur Bedeutung der Physiologie und der Naturwissenschaft im Ganzen für die Umwandlung und Entwicklung der Medizin auf der Basis echter wissenschaftlicher Grundlagen zu finden.
Die Epoche, in der Pawlow eine neue Verdauungsphysiologie schuf, war die Epoche des intensiven Eindringens der Methoden, der Theorien und der Leistungen der Naturwissenschaften in die Medizin. Als Beispiel hervorragender Erfolge der Medizin auf diesem Wege bezieht er sich auf den Fortschritt im Bereich der Infektionspathologie auf der Grundlage der Entdeckungen der Bakteriologie sowie auf die Errungenschaften der Chirurgie im Zusammenhang mit den Erfolgen der Antisepsis und der Asepsis.
Das Interesse von Pawlow an den Wechselbeziehungen von Physiologie, Naturwissenschaft und Medizin wurde nicht nur durch den allgemeinen Denkansatz und den Geist der Epoche hervorgerufen, sondern auch durch seine persönlichen Erfahrungen, die er während seiner Arbeit im klinischen Labor von Sergei Petrowitsch Botkin gesammelt hatte. Nach der Aussage von Pawlow „war S. P. Botkin die glücklichste Verkörperung eines gesetzmäßigen und fruchtbaren Bündnisses der Medizin und der Physiologie, zweier Arten menschlicher Tätigkeit, die vor unseren Augen ein Gebäude der Wissenschaft über dem menschlichen Organismus errichten und versprechen, dem Menschen in Zukunft sein größtes Glück, die Gesundheit und das Leben, zu sichern.“51
In Botkins Labor hatte Pawlow oft die Möglichkeit, klinische Phänomene vom Standpunkt der im Labor erzielten Schlussfolgerungen zu analysieren und sich die Meinung des berühmten Klinikers anzuhören. Die von ihm im Labor erzielten experimentellen Ergebnisse halfen in vielen Fällen, ein Licht auf komplizierte klinische Phänomene zu werfen. Andererseits wurden durch klinische Beobachtungen, durch die klinische Kasuistik, neue Ideen zu experimentellen Forschungen entwickelt, neue Facetten der Erscheinungen betont, die für den Physiologen von Interesse waren. „Ich hatte das Glück“, erinnerte sich Pawlow, „ein besonderes Verhältnis zum verstorbenen Sergei Petrowitsch zu haben. Ich war Laborant in seinem klinischen Labor. Ich habe im Gedächtnis und werde lange im Gedächtnis diejenigen Fälle haben, wenn ich bei ihm mit meinen Laborergebnissen erschien. Sergei Petrowitsch schätzte es nicht, auf die Kritik der Physiologen einzugehen, aber durch seine umfassende Beobachtungsgabe gab es immer gleich Belege für die dargestellten Sachverhalte; zugleich machten sie ihm die Schattenseiten der klinischen Beobachtung verständlich; und gleichzeitig wurden aus der gleichen Quelle immer neue Erkenntnisse geschöpft, neue Gesichtspunkte für neue Fragestellungen, für neue Erkenntnisse aufgedeckt.“52
In seinen Arbeiten bezog sich Pawlow mehrfach auf klinische Beobachtungen, die hervorragenden physiologischen Entdeckungen zugrunde lagen. Als Beispiel einer für die Physiologie wichtigen Beobachtung führte er einen Fall des kanadischen Arztes Beaumont an. Im ersten Kapitel dieses Buches haben wir bereits gezeigt, wie dessen Beobachtungen und Untersuchungen eines Kranken mit einer Magenfistel nach einer Verletzung als Initialzündung für W. A. Bassow dienten. Von nun an setzte dieser sich für die Schaffung einer künstlichen Magenfistel und die Erforschung der Magenfunktionen ein.
Nach Pawlow bestand zwischen der Medizin und der Physiologie ein besonderes Verhältnis, das durch einige Aspekte charakterisiert ist.
Erstens betrachtete Pawlow pathologische Prozesse als eine eigene Form der Lebenstätigkeit des Organismus, als Zusammenbruch des normalen Verlaufs physiologischer Funktionen. Eine Krankheit ist eine unendliche Reihe von allen möglichen Kombinationen physiologischer Erscheinungen, die in einem gesunden Organismus nicht vorhanden sind. Nur derjenige, der die Gesetzmäßigkeiten der Vorgänge in einem gesunden lebendigen Organismus kennt, kann diese Vorgänge bei Erkrankungen berichtigen und sie zur Norm zurückführen. Deswegen büßt, so Pawlow, eine Medizin ohne Physiologie ihr wissenschaftliches Fundament ein und „wird zur Gesundbeterei und nicht zur Sache des Geistes.“53
Zweitens werden von der Physiologie und von anderen biologischen Wissenschaften, auch von der Physik und der Chemie, nicht nur konkrete Mechanismen der Lebensvorgänge untersucht, sondern es wird auch der konzeptuelle Apparat gebildet, durch den der Charakter verschiedener biologischer Erscheinungen sowohl innerhalb der Norm als auch unter den Bedingungen der Pathologie beschrieben, klassifiziert und bestimmt werden kann. In diesem Sinne spielte die Physiologie der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die entscheidende geistige, theoretische und methodische Rolle bei der Entwicklung der Medizin. Pawlow meinte, die vorher nie dagewesene Anhäufung von mehr oder weniger genauen klinischen Beobachtungen und experimentell zu prüfenden Thesen am Ende des 19. Jahrhunderts sei damit verbunden gewesen, dass Physiologie, Mikrobiologie und andere Wissenschaften maßgebliche Ideen für die Erforschung der Lebensvorgänge des Organismus bei einer Erkrankung formulierten: „Die riesige Sammlung von klinischen Beobachtungen in der letzten Jahrhunderthälfte“, folgerte er, „basiert darauf, dass der Physiologe dem Arzt ein Schema des Lebens an die Hand gab, mit dem dieser die vor ihm in Erscheinung tretenden Fälle bequem betrachten, erkennen und gruppieren kann.“54
Einen wichtigen Rang in der Methodenlehre Pawlows nimmt die Frage nach den Regeln für die Anwendung der von der Physiologie erzielten Erkenntnisse in der medizinischen Praxis ein. Zur Lösung dieser Frage erforschte und verglich er das Wesen der naturwissenschaftlichen und der klinischen Methoden zum Erkenntnisgewinn bezüglich der Lebenserscheinungen.
Er kennzeichnete die klinische Methode der Medizin als eine Beobachtung, bei der die Entdeckung von komplizierten Erscheinungen und Tatsachen Zufall ist. Ein Kliniker sieht und untersucht das, was die Natur für ihn vorbereitet hat. Ein naturwissenschaftliches Experiment ist dagegen ein Handlungsverfahren, mit dessen Hilfe der Experimentator das zu erforschende Objekt – einen gesunden oder einen kranken Organismus – und seine Geheimnisse, die den Forscher interessieren, erfassen kann. Mit der Einführung der experimentellen Methode in die Untersuchung von pathologischen Erscheinungen verband Pawlow, wie bereits erwähnt, die Entstehung der naturwissenschaftlichen Richtung in der Medizin.
Die Unkenntnis der internen Gesetzmäßigkeiten des Funktionierens eines Lebewesens stellt ein großes Hindernis auf dem Wege einer rationalen Behandlung, der Durchführung von medizinischen und vorbeugenden Maßnahmen, dar. „Es ist leicht“, schrieb Pawlow, „sich die schwierige Lage eines Arztes vorzustellen, wenn dieser gegen die eine oder die andere Krankheit, gegen das eine oder das andere Symptom nach einem bekannten medizinischen Verfahren vorgeht und oft gar nicht weiß, was dieses Verfahren im Organismus bewirkt. Welch eine Unrichtigkeit und Unbestimmtheit in den Handlungen, welch ein weiter Spielraum für Zufälle!“55
Dieser wesentliche Mangel in der medizinischen Theorie und Praxis kann nur durch die experimentell-wissenschaftliche Erforschung der in der Klinik zu beobachtenden Erscheinungen und der Aufdeckung ihres wahren Wesens behoben werden: „Ich verstehe, warum sich die praktische Medizin derzeit fest an die theoretische Medizin und an die Laboratoriumsmedizin hält“, konstatierte Pawlow hinsichtlich dieses Problems.56
Der historische Prozess der Entwicklung der Medizin des 19. Jahrhunderts, so wie dieser uns von Pawlow vorgestellt wurde, ging von der klinischen Beobachtung zum physiologischen Experiment und weiter zur rationalen Therapie. Nur die ständige Bereicherung der Medizin durch immer neue physiologische Erkenntnisse, die die Feuerprobe des Experimentes bestanden hatten, konnte nach einem Gedanken Pawlows dazu führen, dass die Medizin so werden konnte, „was sie im Ideale sein muss: nämlich zur Kunst, den schadhaften Mechanismus des menschlichen Körpers auf Grundlage seiner genauen Kenntnis zu flicken, — zur ungewandten Physiologie.“57
Die Prüfung der klinischen Beobachtungen in einem Experiment ist eine komplizierte Sache und mit zahlreichen möglichen Fehlern verbunden. Erstens hat es die Medizin mit Erscheinungen zu tun, die im menschlichen Organismus unter äußerst vielfältigen Bedingungen stattfinden und die der Arzt sehr oft nicht wirksam beeinflussen kann. Zweitens gibt es eine Reihe von physiologischen Funktionen, die in einem Experiment nicht vollkommen untersucht werden können, sowie eine Reihe von pathologischen Erscheinungen, die sich auch nicht im Tierexperiment modellieren lassen.
Pawlow wies auf eine Reihe von Beispielen hin, bei denen die Medizin in ihren Stellungnahmen zu physiologischen Erscheinungen der Wahrheit näher ist als die Physiologie. Er sagte, es gebe „eine Reihe von physiologischen Versuchen, die die Natur und das Leben anstellt; es sind dies oft solche Verkettungen von Erscheinungen, die den Physiologen der Gegenwart lange nicht in den Sinn gekommen wären, und die sich sogar durch unsere jetzigen technischen Hilfsmittel oft kaum hätten hervorrufen lassen. Deshalb wird die klinische Kasuistik stets eine reiche Fundgrube physiologischer Thatsachen bleiben.“58 „Im Labor des Physiologen“, so Pawlow, „befindet sich ein begrenzter Kreis von Erscheinungen“, während „im Labor des Arztes die ganze kranke Menschheit ist.“
Drittens gilt die Unkenntnis der Ursachen vieler Krankheiten als das wichtigste Hindernis auf dem Wege der experimentellen Erforschung von pathologischen Erscheinungen. Die Entdeckung ätiologischer Faktoren bei einer Reihe von Infektionskrankheiten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts änderte die Situation hinsichtlich der Laborforschungen zu pathologischen Prozessen grundsätzlich. „Erst mit der Entdeckung von pathogenen Organismen“, schrieb Pawlow, „entfaltete sich vor dem Experimentator der gesamte Bereich der pathologischen Physiologie und derzeit gibt es nichts, das einen hindert, fast die ganze Welt des Pathologischen bereitgestellt für Forschungen im Labor zu haben“.59
Als Gesamtergebnis der Erforschung der Wechselbeziehungen von Physiologie und Medizin sowie der historischen Perspektiven auf die Entwicklung der Letzteren stand Pawlows Schlussfolgerung, dass „nur durch die Feuerprobe des Experimentes die Medizin das sein wird, was sie werden muss, d. h. absichtsvoll und folglich immer und in vollem Maße zweckdienlich handelnd.“60
Abgesehen von der Lehre von den Infektionskrankheiten (und ihrer Verhütung) machte die Chirurgie am Ende des 19. Jahrhunderts einen weiteren großen Schritt auf dem Weg zu einer rationalen Wissenschaft. Dies wurde möglich, weil die Chirurgen ihre Handlungen auf Errungenschaften der Naturwissenschaft basierten wie 1.) Kenntnis des anatomischen Baus und der Funktionen des Organismus sowie seiner einzelnen Systeme, 2.) Berücksichtigung der kompensatorischen Möglichkeiten des Organismus und 3.) breite Verwendung der Antiseptik und der Aseptik bei der Bekämpfung des Hauptfeindes – der Wundinfektion. Pawlow betonte ferner die Einführung von experimentellen Methoden in einen Bereich der Medizin wie der Pharmakologie, und zwar im Hinblick auf die Untersuchung der Mechanismen der Wirkung von Heilmitteln auf einen kranken Organismus. Die Pharmakologie ist eine Verbindungsstelle der wissenschaftlichen Erkenntnis, an der ein reger Austausch zwischen der Physiologie und der klinischen Therapie erfolgt. Die Pharmakologie vervollkommnet die Therapie, indem sie die Wirkungsmechanismen von Heilmitteln entdeckt, und stellt die Therapie auf eine rationale und feste wissenschaftliche Grundlage. Zugleich betonte Pawlow, dass pharmakologische Untersuchungen von Arzneimitteln häufig solche Aspekte physiologischer Prozesse aufdecken, die bei einer rein physiologischen Untersuchung unbemerkt bleiben können. Die experimentelle Pharmakologie wecke bei ihm ein riesiges theoretisches Interesse, da sie zum „Erfolg der physiologischen Kenntnis außerordentlich beitragen kann, weil chemische Stoffe die feinsten analytischen Methoden der Physiologie darstellen.“61
Beim Eindringen der Naturwissenschaften in die Medizin war es leicht, die Haltung einzunehmen, die Medizin sei angewandte Physiologie. Pawlow erkannte die Unseligkeit dieser Herangehensweise sowohl für die Medizin als auch für die Physiologie. Nach seinen Vorstellungen sollte die Verwendung der physiologischen Erkenntnisse in der Medizin geregelt, mit ausdrücklich bestimmten und strikt einzuhaltenden Regeln ausgestattet werden. Er betonte, dass in dieser Sache „Vorsicht und Maß erforderlich sind, da es für die Sache nicht immer nützlich ist, sich durch physiologische Bestimmungen einschränken zu lassen; es ist möglich, dass die Physiologie zur Bremse und bei der Lösung der Frage hinderlich wird.“62
Wovon sollte sich nach der Meinung von Pawlow ein Arzt leiten lassen, wenn er physiologische Erkenntnisse in Anspruch nahm, wenn er eine Diagnose stellte und sein Vorgehen bei der Behandlung des Kranken von den Ergebnissen der Laboruntersuchung her bestimmte?
Erstens muss man das Entwicklungsniveau der wissenschaftlichen und insbesondere der physiologischen Kenntnisse berücksichtigen. In der Wissenschaft gibt es etwas, was unstrittig bewiesen wurde und von unvergänglicher Bedeutung ist, und etwas, was zu präzisieren oder zu widerlegen ist. In der für ihn aktuellen Physiologie, mahnte Pawlow, gebe es neben unstrittigen Wahrheiten viele fehlerhafte Bestimmungen. In einigen Fällen konnte eine unkritische Anwendung von physiologischen Daten zu schwerwiegenden Folgen in der medizinischen Praxis führen.
Zweitens muss man in Rechnung stellen, dass physiologische Daten und physiologische Kenntnisse nicht vollständig sind. Deswegen konnten die auf der Grundlage dieser Angaben gezogenen und auf das „wirkliche Leben“ übertragenen Schlussfolgerungen nicht immer zuverlässig sein und beinhalteten ein großes Fehlerrisiko.
Drittens hat ein Physiologe am häufigsten mit analytischen Angaben und Tatsachen zu tun, die aus dem Kontext des einheitlichen Organismus herausgenommen wurden und deswegen einseitig sind. Ein Arzt hat mit der Synthese, mit dem „vollen Leben“, zu tun. Denkergebnisse auf der Grundlage analytischer Angaben, die in einem Experiment erhalten worden sind, bergen in sich Fehlermöglichkeiten. „Folglich“, so Pawlow, „würde die Synthese wiederum die Sache der Schlussfolgerung sein, folglich mit Fehlerwahrscheinlichkeit.“63
Viertens besteht die Gefahr, dass eine experimentelle Prüfung nicht dem Prozess unterworfen werden kann, mit dem die jeweilige Krankheit oder das Symptom verbunden ist. Bei der Überprüfung seiner klinischen Beobachtungen im Labor muss der Arzt sicher sein, dass die bei einer Laboruntersuchung gewonnenen Erkenntnisse ein Licht gerade auf die ihn interessierenden Erscheinungen werfen und die klinischen Erscheinungen rational erläutern können.
Fünftens sagte Pawlow, dass die Welt pathologischer Erscheinungen vielseitig sei, die Medizin aber „in ihren rationalistischen Erklärungen oft sehr eng“ denkt. „Sie sucht oft auf die einfachste Weise einen komplizierten Heilungsvorgang aus unseren physiologischen Daten zu erklären.“64 Kraft der genannten Umstände kann der Arzt die physiologischen Angaben nur unter einer Bedingung in Anspruch nehmen: mit einer ständigen Prüfung dieser Angaben durch klinische Beobachtungen.
Sechstens meinte Pawlow, dass aus dem therapeutischen Effekt der Anwendung irgendeines Heilmittels keine Schlussfolgerungen über die physiologischen Mechanismen ihrer Wirkung gezogen werden dürfen, und zwar aufgrund des Umstandes, dass die Wirkung des Heilmittels durch andere Faktoren im Organismus verändert werden kann.
Die von Pawlow zum Ausdruck gebrachten Ideen über das Verhältnis zwischen den Grundlagenwissenschaften und der Medizin haben bis jetzt ihre Bedeutung nicht eingebüßt.
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Fußnoten
1
Die Arbeit der Verdauungsdrüsen. Vorlesungen, S. 3.
 
2
Pawlow, I. P., Gesammelte Werke, Bd. II, Buch 2, S. 418.
 
3
Anthologie der Geschichte der russischen Chirurgie, Bd. I, S. 76.
 
4
Siehe Schingarow, G. Ch., Wissenschaftliches Schaffen von I. P. Pawlow. Probleme der Theorie und Erkenntnismethode. Moskau, 1985. S. 84–97; Schingarow, G. Ch., Balalykin, D. A., Pawlower Grundsätze der Verdauungsphysiologie und -pathologie. Kubaner medizinisch-wissenschaftliches Informationsblatt. 1999 Nr. 1–3; Schingarow, G. Ch., Balalykin, D. A., Grundsatz der phasenhaften Regelung der Funktionen des Verdauungssystems im Schaffen von I. P. Pawlow. Materialien der XVI (I) Russischen Fachtagung „Physiologie und Pathologie der Verdauung“. Krasnodar, 1997. S. 6–9.
 
5
Die Arbeit der Verdauungsdrüsen. Vorlesungen, S. XII.
 
6
Pawlow, I. P., Gesammelte Werke, Bd. V, S. 26.
 
7
Pawlow, I. P., Gesammelte Werke, Bd. V, S. 28.
 
8
Hegel, G. W. F., Werke, Bd. V, Moskau, 1937, S. 33.
 
9
Die Arbeit der Verdauungsdrüsen. Vorlesungen, S. 5.
 
10
Pawlow, I. P., Gesammelte Werke, Bd. I, S. 35.
 
11
Die Arbeit der Verdauungsdrüsen. Vorlesungen, S. 97–98.
 
12
Die Arbeit der Verdauungsdrüsen. Vorlesungen, S. 5.
 
13
Pawlow, I. P., Anthologie der Geschichte der russischen Chirurgie, Bd. I., S. 99.
 
14
Pawlow, I. P., Anthologie der Geschichte der russischen Chirurgie, Bd. I., S. 99.
 
15
Die Arbeit der Verdauungsdrüsen. Vorlesungen, S. 13.
 
16
Die Arbeit der Verdauungsdrüsen. Vorlesungen, S. 24.
 
17
Die Arbeit der Verdauungsdrüsen. Vorlesungen, S. 20.
 
18
Anthologie der Geschichte der russischen Chirurgie, Bd. I, S. 322–323.
 
19
Anthologie der Geschichte der russischen Chirurgie, Bd. I, S. 347.
 
20
Die Arbeit der Verdauungsdrüsen. Vorlesungen, S. 15.
 
21
Anthologie der Geschichte der russischen Chirurgie, Bd. I, S. 359 – 360.
 
22
Die Arbeit der Verdauungsdrüsen. Vorlesungen, S. 158.
 
23
Anthologie der Geschichte der russischen Chirurgie, Bd. I., S. 462.
 
24
Die Arbeit der Verdauungsdrüsen. Vorlesungen, S. 145–146.
 
25
Pawlow, I. P., Gesammelte Werke, Bd. I, S. 69.
 
26
Pawlow, I. P., Gesammelte Werke, Bd. I, S. 308.
 
27
Pawlow, I. P., Gesammelte Werke, Bd. I, S. 67.
 
28
Pawlow, I. P., Gesammelte Werke, Bd. V, S. 475.
 
29
Die Arbeit der Verdauungsdrüsen. Vorlesungen, S. 76.
 
30
In allgemeiner Weise formulierte Pawlow den Grundsatz der phasenhaften Abfolge der Digestionsprozesse und der Autoregulation der Verdauungsorgane in den „Die Arbeit der Verdauungsdrüsen. Vorlesungen“. Anthologie der Geschichte der russischen Chirurgie, Bd. I, S. 222.
 
31
Pawlow, I. P., Gesammelte Werke, Bd. II, Buch 2, S. 482.
 
32
Die Arbeit der Verdauungsdrüsen. Vorlesungen, S. 132.
 
33
Die Arbeit der Verdauungsdrüsen. Vorlesungen, S .97.
 
34
Die Arbeit der Verdauungsdrüsen. Vorlesungen, S. 46.
 
35
Die Arbeit der Verdauungsdrüsen. Vorlesungen, S. 133.
 
36
Die Arbeit der Verdauungsdrüsen. Vorlesungen, S. 19.
 
37
Pawlow, I. P., Gesammelte Werke, Bd. V, S. 176.
 
38
Die Arbeit der Verdauungsdrüsen. Vorlesungen, S. 155.
 
39
Pawlow, I. P., Gesammelte Werke, Bd. V, S. 250.
 
40
Die Arbeit der Verdauungsdrüsen. Vorlesungen, S. 82.
 
41
Anthologie der Geschichte der russischen Chirurgie, Bd. I, S. 509.
 
42
Anthologie der Geschichte der russischen Chirurgie, Bd. I, S. 509–510.
 
43
Anthologie der Geschichte der russischen Chirurgie, Bd. I, S. 431.
 
44
Anthologie der Geschichte der russischen Chirurgie, Bd. I. S. 432.
 
45
Anthologie der Geschichte der russischen Chirurgie, Bd. 1, S. 450.
 
46
Anthologie der Geschichte der russischen Chirurgie, Bd. I, S. 447.
 
47
Die Arbeit der Verdauungsdrüsen. Vorlesungen, S. 59.
 
48
Die Arbeit der Verdauungsdrüsen. Vorlesungen, S. 4.
 
49
Anthologie der Geschichte der russischen Chirurgie, Bd. I., S. 461.
 
50
Pawlow, I. P., Gesammelte Werke, Bd. III, Buch 1, S. 81.
 
51
Anthologie der Geschichte der russischen Chirurgie, Bd. I, S. 468.
 
52
Anthologie der Geschichte der russischen Chirurgie, Bd. I, S. 486.
 
53
Pawlow, I. P., Gesammelte Werke, Bd. V, S. 397.
 
54
Anthologie der Geschichte der russischen Chirurgie, Bd. I, S. 470.
 
55
Anthologie der Geschichte der russischen Chirurgie, Bd. 1, S. 528.
 
56
Pawlow, I. P., Gesammelte Werke, Bd. VI, S. 28 – 29.
 
57
Die Arbeit der Verdauungsdrüsen. Vorlesungen, S. 175.
 
58
Die Arbeit der Verdauungsdrüsen. Vorlesungen, S. 59.
 
59
Anthologie der Geschichte der russischen Chirurgie, Bd. I, S. 526.
 
60
Anthologie der Geschichte der russischen Chirurgie, Bd. I, S. 530.
 
61
Anthologie der Geschichte der russischen Chirurgie, Bd. I, S. 487.
 
62
Anthologie der Geschichte der russischen Chirurgie, Bd. I, S. 488.
 
63
Anthologie der Geschichte der russischen Chirurgie, Bd. I, S. 471.
 
64
Die Arbeit der Verdauungsdrüsen. Vorlesungen, S. 191.
 
Metadaten
Titel
I. P. Pawlow – der Begründer der experimentellen Magenchirurgie
verfasst von
Dmitry A. Balalykin
Copyright-Jahr
2021
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-62044-1_2