Eine traumatische Geburt kann viele Hürden beim Stillen zur Folge haben - körperlich und emotional. Eine neue Studie zeigt, welche Herausforderungen betroffene Mütter erleben und wie sie besser unterstützt werden können.
Jede dritte Frau in Deutschland erlebt eine traumatische Geburt. Dies kann schwerwiegende Folgen haben – nicht nur für die mentale Gesundheit der Mutter, sondern auch für das Stillverhalten. Forschende um Alyson Norman von der University of Plymouth (UK) haben in einer aktuellen Studie untersucht, welche Herausforderungen beim Stillen nach einer traumatischen Geburt auftreten. Auch wenn die Stichprobe mit 19 Frauen relativ klein ist, liefern die Ergebnisse wertvolle Einsichten für die Betreuung betroffener Mütter.
Herausforderungen beim Stillen nach einer traumatischen Geburt
Emotionale und körperliche Komplikationen nach einer traumatischen Geburt erschweren vielen Frauen das Stillen erheblich. Während einige Mütter diese zusätzlichen Hürden überwinden konnten, führte es bei anderen dazu, dass sie früher mit dem Stillen aufhörten, als sie es sich gewünscht hätten, oder dass sie eine emotionale Distanz zu ihrem Baby entwickelten.
Viele Studienteilnehmerinnen berichteten, dass sie vom medizinischen Fachpersonal nicht ausreichend auf die physischen und emotionalen Belastungen vorbereitet wurden. Zudem wurden praktische Schwierigkeiten genannt, etwa die Notwendigkeit, Milch abzupumpen anstatt direkt zu stillen oder das Stillen im Liegen aufgrund körperlicher Beschwerden. Besonders in den ersten Tagen und Wochen nach der Geburt war die Unterstützung oft unzureichend – selbst der Zugang zu hygienischen Stillhilfsmitteln wie Milchpumpen in Krankenhäusern stellte ein Problem dar.
Psychosoziale Aspekte: Der Druck der „perfekten“ Mutterschaft
Viele Mütter verbinden das Bild einer „erfolgreichen“ Mutter mit einer natürlichen Geburt und einem reibungslosen Stillprozess. Diese hohe Erwartungshaltung kann erheblichen Druck erzeugen – mit möglichen Folgen wie Schuldgefühlen, geringem Selbstwertgefühl oder sogar Depressionen.
Schon länger ist bekannt, dass der Druck, erfolgreich zu stillen, das Wohlbefinden von Müttern negativ beeinflussen kann. Die aktuellen Studienergebnisse verdeutlichen, wie wichtig es ist, realistische Informationen über Geburt und Stillen bereitzustellen, um falsche Erwartungen abzubauen und Schuldgefühle zu vermeiden.
Es ist entscheidend, dass die komplexe Beziehung zwischen Stillen und der psychischen Gesundheit der Mutter von medizinischem Fachpersonal berücksichtigt wird. Während das Stillen oft positive Effekte hat, kann es sich in manchen Fällen auch belastend auswirken. Stillförderung sollte daher unterstützend und nicht wertend erfolgen.
Implikationen für die Praxis: Wie man Mütter besser unterstützen kann
- Gezielte Stillberatung: Hebammen und medizinisches Personal sollten die besondere Verwundbarkeit von Müttern nach einer traumatischen Geburt erkennen und eine geduldige, einfühlsame Stillberatung bieten.
- Langfristige Begleitung: Neben der frühen Stillunterstützung sollte auch eine langfristige psychische Begleitung angeboten werden.
- Bessere Ausstattung: Krankenhäuser und Geburtszentren sollten sicherstellen, dass Stillhilfsmittel wie Milchpumpen, Stillkissen und hygienische Utensilien leicht zugänglich sind.
- Geburtsnachbesprechung: Frauen sollten die Möglichkeit erhalten, ihre Geburtserfahrung in einem geschützten Rahmen aufzuarbeiten, um eventuelle negative Erlebnisse zu verarbeiten.
Ein offener Umgang mit Stillen und Geburtstrauma
Zusammenfassend zeigt sich, dass eine traumatische Geburt das Stillverhalten erheblich beeinflussen kann. Während einige Frauen das Stillen als heilend und bindungsfördernd empfinden, verstärkt es bei anderen Gefühle des Versagens. Daher ist es entscheidend, dass betroffene Mütter nicht nur medizinische, sondern auch emotionale Unterstützung erhalten. Ein offenerer Umgang mit realistischen Geburts- und Stillerfahrungen könnte dazu beitragen, den Druck auf Mütter zu verringern und sie in ihrer individuellen Stillreise bestmöglich zu begleiten. (ab)