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Erschienen in: Heilberufe 3/2022

01.03.2022 | Hautpflege | Pflege Kolleg Zur Zeit gratis

Strapazierte Haut schützen

verfasst von: Mareike Berger

Erschienen in: Heilberufe | Ausgabe 3/2022

Die Kehrseite der Händehygiene Hygienemaßnahmen zum Infektionsschutz sind in Gesundheitsberufen unverzichtbar, können die Haut aber belasten und angreifen. Insbesondere häufiges Händewaschen schädigt die Schutzbarriere. Wie können Handhygiene und Hautgesundheit in Einklang gebracht werden?
Handekzeme zählen zu den häufigsten berufsbedingten Erkrankungen und kommen bei Berufsgruppen vielfach vor, die einer vermehrten Hautbelastung ausgesetzt sind. Bei Pflegekräften sind insbesondere von außen einwirkende hautreizende Einflüsse wie der wiederholte Umgang mit Wasser und Seife im Wechsel mit regelmäßigem Tragen von flüssigkeitsdichten Handschuhen (Feuchtarbeit) von Bedeutung.

Die Haut im Überblick

Mit einer Oberfläche von etwa 2 m² und einem Gewicht von mehr als 3 kg zählt die Haut zu den größten Körperorganen. Sie bildet die Grenze zwischen dem Körperinneren und der Umwelt und ist je nach Körperregion zwischen 1,5 mm und 4 mm dick. Es lassen sich von innen nach außen drei Schichten unterscheiden, die eng verzahnt ineinander übergehen: Unterhaut (Subcutis), Lederhaut (Dermis) und Oberhaut (Epidermis).
Subcutis: Die Unterhaut stellt als Unterhautfettgewebe die Verbindung zu den tiefer liegenden Muskel- und Organgeweben her.
Dermis: Mit ihren Bindegewebsfasern ist die Lederhaut für die Festigkeit und Elastizität der Haut verantwortlich. In der Lederhaut befinden sich Sinneszellen, Blut- und Lymphgefäße, Muskel- und Nervenfasern, Schweißdrüsen sowie Haare mit Talgdrüsen.
Epidermis: Ganz außen liegt die Oberhaut, deren Zellen sich ständig erneuern. Die neu gebildeten Zellen wandern dabei durch mehrere Schichten der Oberhaut. Ihr äußerster Teil ist die Hornschicht, die aus abgestorbenen Hautzellen besteht. Sie stellt die wesentliche Schutzbarriere vor schädlichen äußeren Einflüssen dar und verhindert einen Flüssigkeitsverlust des Körpers. Die einzelnen Zellen sind wie bei einer Ziegelmauer dicht aneinander angeordnet und werden unter anderem mithilfe sie umgebender Hautfette wie durch Mörtel miteinander verbunden. Außerdem finden sich hier natürliche Feuchthaltefaktoren, die Wasser anziehen und binden können. Die obersten Zelllagen werden ständig als Hautschuppen abgelöst, um Platz für die nachgewanderten Zellen zu machen. Der gesamte Prozess der Hauterneuerung dauert bei gesunder Haut ca. 28 Tage (Abb. 1).
Auf der Hautoberfläche liegt ein Wasser-Fett-Film, der sogenannte Hydrolipidmantel, mit einem schwachsauren pH-Wert von ca. 5. Durch die Besiedlung der Haut mit physiologischen und unschädlichen Mikroorganismen (Mikrobiom) werden Krankheitserreger auf natürliche Weise abgehalten.

Was macht die Händehygiene mit der Haut?

Hygienemaßnahmen zum Infektionsschutz sind in Gesundheitsberufen unverzichtbar, doch sie können die Haut auch belasten und angreifen. Insbesondere häufiges Händewaschen schädigt die Schutzbarriere, weil dadurch der Hydrolipidmantel abgewaschen wird. In der Folge quillt die oberste Hornschicht, und der vormals enge Zellverbund lockert sich. Hautfette und andere schützende Substanzen (z.B. Feuchthaltefaktoren) gehen verloren. Die Haut wird rau und trocken, Spannungsgefühle entstehen.
Hautverträglicher und effektiver für die Keimreduktion ist die Händedesinfektion mit alkoholischen Einreibepräparaten. Hierbei werden zwar ebenfalls Hautfette gelöst, aber durch fehlendes Abspülen verbleiben diese auf der Haut. Ist die Haut bereits geschädigt, kann der im Händedesinfektionsmittel enthaltene Alkohol einen brennenden Schmerz auslösen. Viele Betroffene denken, es handle sich dabei um eine schädigende Wirkung des Händedesinfektionsmittels, z.B. eine Allergie. Allergien auf Händedesinfektionsmittel kommen jedoch nur sehr selten vor. Es ist wichtig zu verstehen, dass das Brennen oftmals nur ein Zeichen für eine bereits bestehende Schädigung ist. Die hautverträglichere Händedesinfektion ist deshalb dem Händewaschen weiterhin vorzuziehen. Die Hände sollten nur gezielt und gemäß den Vorgaben gewaschen werden, beispielsweise bei Verschmutzungen oder Kontakt zu alkoholunempfindlichen Erregern.

Wie kann die Haut geschützt werden?

Handekzeme lassen sich meist vermeiden, wenn die Haut vor gefährdenden Stoffen geschützt und regelmäßig gepflegt wird. Bereits einfache Schutzmaßnahmen helfen, Beschwerden zu verhindern oder zu verringern. Die entscheidende Präventionsmaßnahme ist die konsequente Umsetzung von Hautschutz, Hautreinigung und Hautpflege. Dieses Drei-Säulen-Modell ermöglicht einen bestmöglichen Schutz vor durch Feuchtarbeit verursachten Handekzemen.
Hautschutz: Zum Hautschutz gehören die Verwendung von Handschuhen zum Schutz vor Kontakt mit hautschädigenden Stoffen wie Reinigungspräparaten und Flächendesinfektionsmitteln sowie der Einsatz von Hautschutzcremes vor und regelmäßig während der Arbeit. Dabei ist zu beachten, dass für die Tätigkeiten geeignete Schutzhandschuhe ausgewählt werden und die Hände vor dem Anziehen der Handschuhe sauber und trocken sind.
Hautschutzcremes unterstützen die Barrierefunktion der Haut. Sie werden im Gesundheitsdienst eingesetzt bei Tätigkeiten, die mit einer Mischexposition (Wechsel von Handschuhtragen und häufiger Händereinigung) einhergehen. Die Creme wird vor und während der Arbeit aufgetragen und muss vor der Nutzung von Handschuhen vollständig eingezogen sein.
Hautreinigung/Händedesinfektion: Aus hygienischen Gründen und zum Infektionsschutz ist die regelmäßige Händehygiene unerlässlich. Es müssen je nach Situation die Hände desinfiziert und/oder gewaschen werden. Generell gilt: Die Händedesinfektion ist hautschonender als das Händewaschen. Deshalb sollten die Hände nur bei Arbeitsbeginn, sichtbarer Verschmutzung und nach dem Toilettenbesuch gewaschen werden, wenn nicht spezielle Hygienemaßnahmen erforderlich sind, z.B. zur Entfernung von alkoholunempfindlichen Krankheitserregern.
Empfehlenswert sind milde, flüssige möglichst pH-hautneutrale Handwaschpräparate (Syndets), die mit lauwarmem Wasser aufgeschäumt werden. Anschließend werden die Hände- und Fingerzwischenräume gründlich abgespült und sorgfältig mit einem weichen Einmalhandtuch abgetrocknet.
Die Händedesinfektion wird mit alkoholbasierten Händedesinfektionsmitteln durchgeführt. Damit die von den Alkoholen gelösten Lipide auf der Haut verbleiben können, ist es wichtig, sich Zeit zu nehmen, das Händedesinfektionsmittel nach dem Einreiben von allein abtrocknen bzw. verdunsten zu lassen. Auf das Abwischen von überschüssigem Händedesinfektionsmittel sollte verzichtet werden.
Hautpflege: Als dritte Säule des Modells rundet Hautpflege die Präventionsmaßnahmen ab. Am Arbeitsende und in der Freizeit sollte regelmäßig eine Pflegecreme angewendet werden: Eine etwa haselnussgroße Menge wird sorgfältig in die Haut einmassiert. Dabei sollte der Fettgehalt individuell auf den Hautzustand abgestimmt sein. Bei stärkerer Beanspruchung der Haut sollte die Pflege intensiviert werden. Zum Beispiel benötigt die Haut in den kalten Monaten und bei vermehrter beruflicher Belastung besonderen Schutz und spezielle Pflege - im Beruf wie in der Freizeit. Die regelmäßige Anwendung von Hautpflegemitteln hilft der Haut sich zu regenerieren. Generell gilt für alle Hautmittel, möglichst auf Duft- und bedenkliche Konservierungsstoffe zu verzichten. Diese Zusatzstoffe können die Haut reizen und Allergien hervorrufen.

Entwicklung eines Handekzems

Bei fehlenden Hautschutzmaßnahmen kommt es oft zu einer Beeinträchtigung der Hornschicht und damit auch zu stärkeren Haut-irritationen bei Kontakt zu hautreizenden Stoffen. Hautreizende Substanzen wie Tenside (waschaktive Substanzen, z.B. in Spülmittel oder Shampoo) können nach länger andauerndem und wiederkehrendem Kontakt zu einer entzündlichen Reaktion der Haut, einem beginnenden Handekzem (Abnutzungsekzem) führen. Erste Symptome können Rötungen und eine ausgeprägte Trockenheit der Hände sein. Im weiteren Verlauf können zusätzliche Beschwerden wie Bläschen, Schuppungen und Risse sowie Juckreiz und Schmerzen dazukommen und zu deutlichen Einschränkungen und Belastungen in Beruf und Alltag führen. Ist die Haut durch Abnutzung vorgeschädigt, können allergieauslösende Stoffe, sog. Allergene, wie Duftstoffe, leichter in die tieferen Schichten der Oberhaut eindringen und zur Entstehung eines allergischen Handekzems führen. Wenn sich ein Handekzem entwickelt hat, sind die beschriebenen Hautschutzmaßnahmen allein nicht mehr ausreichend, und es bedarf einer Therapie. Da die Ursachen für Handekzeme vielfältig sind und auch anlagebedingte Faktoren (Atopie) eine Rolle spielen können, sollten Pflegekräfte ihre Beschwerden zeitnah hautfachärztlich abklären lassen, um frühzeitig eine Linderung ihrer Beschwerden sowie eine zielführende Behandlung zu erhalten.

Beruflich bedingte Hauterkrankungen früh melden

Berufsbedingte Handekzeme werden unter der BK-Nummer 5101 - Schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen - erfasst und gehören mit zu den häufigsten Berufserkrankungen im Gesundheitsdienst. Der Berufsgenossenschaft Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) werden jährlich deutlich über 6.000 Verdachtsfälle gemeldet. Den Verdacht auf ein beruflich bedingtes Handekzem sollten der behandelnde Arzt oder der Betriebsarzt an den zuständigen Unfallversicherungsträger (UVT) melden. Auch der Arbeitgeber oder der Betroffene selbst können sich an an den UVT wenden. Eine Meldung sollte frühzeitig erfolgen, da durch eine zeitnah eingeleitete dermatologische Therapie am besten verhindert werden kann, dass die Erkrankung chronisch wird. So lassen sich in vielen Fällen die Beschwerden lindern und die Entwicklung einer Berufskrankheit verhindern.Die BGW als gesetzlicher Unfallversicherungsträger bietet ausführliche Informationen und praktische Tipps zum Hautschutz im Internet unter www.​bgw-online.​de/​hautschutz. Unter anderem finden sich dort neben Informationsbroschüren auch berufsspezifische Hautschutz- und Händehygienepläne. Werden diese Pläne am Arbeitsplatz aufgehängt, können Beschäftigte jederzeit nachschauen, wann und wie die Hände im Arbeitsalltag richtig geschützt, gepflegt, desinfiziert und gereinigt werden.Ansprechpartner bei berufsbedingten Hauterkrankungen ist neben Betriebsärztin oder Betriebsarzt sowie Hautärztin oder Hautarzt auch der für den Betrieb zuständige gesetzliche Unfallversicherungsträger. Für Beschäftigte in Pflegeberufen, die Beschwerden an den Händen feststellen, gibt es Hautsprechstunden und Seminarangebote in den Schulungs- und Beratungszentren (schu.ber.z) der BGW: www.​bgw-online.​de/​schuberz. Hier erwerben die Teilnehmenden Handlungskompetenz zu hautschonenden Arbeitsweisen und erhalten Unterstützung bei der Bewältigung ihrer Hauterkrankung.

Tipps zum Hautschutz

  • Hautschutzcreme vor und regelmäßig während der Arbeitszeit anwenden.
  • Schutzhandschuhe tragen bei hautgefährdenden Tätigkeiten.
  • Vor dem Anziehen der Handschuhe sollten die Hände sauber und trocken und die Hautschutzcreme vollständig eingezogen sein.
  • Händewaschen auf das notwendige Minimum beschränken.
  • Händedesinfektionsmittel indikationsgemäß verwenden und vollständig verdunsten lassen.
  • Hautpflegemittel am Arbeitsende und in der Freizeit regelmäßig anwenden.
  • Hautmittel möglichst ohne Duft- und bedenkliche Konservierungsstoffe auswählen.

Pflege einfach machen.

Händedesinfektion ist hautschonender als das Händewaschen.
Das sogenannte Drei-Säulen-Modell aus Hautschutz, Hautreinigung/Händedesinfektion und Hautpflege ermöglicht einen bestmöglichen Schutz vor durch Feuchtarbeit verursachten Handekzemen.
Gesetzliche Unfallversicherungsträger bieten ausführliche Informationen und praktische Tipps zum Hautschutz.

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Metadaten
Titel
Strapazierte Haut schützen
verfasst von
Mareike Berger
Publikationsdatum
01.03.2022
Verlag
Springer Medizin
Erschienen in
Heilberufe / Ausgabe 3/2022
Print ISSN: 0017-9604
Elektronische ISSN: 1867-1535
DOI
https://doi.org/10.1007/s00058-022-2215-4

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