Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
Anamnese
Ein 61-jähriger Patient stellte sich aufgrund von rechtsthorakalem Druckgefühl in Notarztbegleitung in unserer interdisziplinären Notaufnahme vor.
Seit vier Tagen bestand bei dem Patienten eine gering symptomatische SARS-CoV-2(Severe acute respiratory syndrome coronavirus type 2)-Infektion. Mit dem Ziel der Entisolation führte die Ehefrau des Patienten bei ihm einen SARS-CoV-2-Antigen-Schnelltest mittels Rachenabstrich durch. Dies löste beim Patienten einen heftigen Hustenanfall aus. Anschließend verspürte er Kribbelparästhesien der Hände, Dyspnoe und ein rechtsthorakales Druckgefühl. Es bestanden keine relevanten Vorerkrankungen. Der Patient nahm keine Dauer- oder Bedarfsmedikation ein.
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Bei Eintreffen des Rettungsdiensts besserte sich die Symptomatik spontan. Die Vitalzeichen waren stabil und auf weitere Maßnahmen vor Ort wurde verzichtet. Während des Transports kam es zu plötzlich einsetzender Diaphorese und einer Sinusbradykardie bis minimal 45/min, welche nach circa zwei Minuten ohne weitere Intervention sistierte.
Befund
Bei Übergabe in der Notaufnahme präsentierte sich der Patient wach, 4‑fach orientiert und in einem regelrechten Allgemein- und Ernährungszustand. Der Patient gab an, nun keinerlei Beschwerden mehr zu haben. Die Vitalparameter lagen bis auf eine leicht erhöhte Atemfrequenz (25/min) im Normbereich. Rechts basal fand sich ein abgeschwächtes Atemgeräusch, die weitere körperliche Untersuchung war unauffällig. Im EKG zeigte sich ein normofrequenter Sinusrhythmus ohne akute Erregungsrückbildungsstörungen. Im Point-of-Care-Ultraschall konnte ein rechtsseitiger Pleuraerguss mit einer maximalen kraniokaudalen Ausdehnung von ca. 6 cm festgestellt werden. Laborchemisch waren die D‑Dimere leichtgradig erhöht (0,77 mg/l [< 0,5 mg/l]). Die weiteren Gerinnungsparameter, die Entzündungswerte und kardialen Markerenzyme waren normwertig. Zur weiteren Diagnostik erfolgte eine kontrastmittelgestützte CT-Untersuchung des Thorax (Abb. 1). Dabei fanden sich der rechtsseitige Pleuraerguss mit erhöhten Dichtewerten sowie eine Wandverdickung des distalen Ösophagus. Eine Lungenarterienembolie, ein Aortenaneurysma oder eine Aortendissektion konnten ausgeschlossen werden. Zur weiteren Abklärung erfolgte eine Pleurapunktion, wobei sich im Pleurapunktat ein Hämoglobinwert von 8,1 g/dl fand.
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Diagnose
Bei einem signifikant erhöhten Hämoglobinwert und überwiegend Erythrozyten im Pleurapunktat konnte die Diagnose eines Hämatothorax unklarer Genese gestellt werden.
Therapie und Verlauf
Bei normwertigen Vitalzeichen und klinischer Beschwerdefreiheit wurde im interdisziplinären Konsens kein akuter operativer Interventionsbedarf gesehen und der Patient zur intensivmedizinischen Überwachung aufgenommen. Am Folgetag kam es zu einem signifikanten Abfall des Hämoglobinwerts. Aufgrund der unklaren Verdickung im Bereich des distalen Ösophagus wurde zunächst eine Gastroskopie durchgeführt. Hier kam ein suspektes Areal am gastroösophagealen Übergang zur Darstellung. Histologisch konnte eine Barrett-Mukosa ohne Dysplasien nachgewiesen werden, es ergab sich kein Anhalt für Malignität.
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Im Anschluss an die Gastroskopie erfolgte eine Thorakotomie mit Ausräumung des Hämatoms und Darstellung des Ösophagus. Der paraösophageale Raum stellte sich intraoperativ als massiv unterblutet dar. Eine aktive Blutungsquelle oder Perforation konnte jedoch nicht festgestellt werden. Der postoperative Verlauf gestaltete sich komplikationslos und der Patient wurde schließlich am zehnten postoperativen Tag in subjektivem Wohlbefinden entlassen (Abb. 2).
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Diskussion
Das Auftreten eines Hämatothorax ohne prädisponierende Erkrankungen ist eine seltene Komplikation von starkem Husten. In der Literatur werden als eine mögliche Ursache u. a. Rippenfrakturen durch das Husten aufgeführt [1‐3]. Ricketti et al. beschrieben 2016 einen Fall eines idiopathischen Hämatothorax bei einer 29-jährigen Patientin im Status asthmaticus. Die Genese des Hämatothorax blieb unklar, sodass die Autoren ebenfalls von einem sekundären Hämatothorax infolge von starkem Husten ausgehen [4]. Im Rahmen von COVID-19 findet sich nur ein weiterer Fallbericht eines spontan auftretenden Hämatopneumothorax bei einem 17-jährigen Patienten [5]. Hierbei ist jedoch von einem Einriss des Lungenparenchyms auszugehen.
Bei dem hier beschriebenen Patienten bestand kein Pneumothorax. Aufgrund des intraoperativ festgestellten paraösophagealen Hämatoms ist am ehesten von einem Einriss der äußeren Wandschichten des Ösophagus mit sekundärer Blutung in den Pleuraraum auszugehen, verursacht durch den plötzlichen und starken Anstieg des intrathorakalen Drucks im Rahmen des Hustenstoßes. Die während des Notfalltransports beobachtete Diaphorese und Sinusbradykardie interpretierten wir a. e. im Rahmen einer vagalen Reizung durch den sich ausbreitenden Hämatothorax.
Fazit für die Praxis
Ein Hämatothorax nach starkem Husten ist eine sehr seltene Komplikation, sollte jedoch bei passender Anamnese und Klinik in die differenzialdiagnostischen Überlegungen miteinbezogen werden.
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt
C. Maier-Stocker, M. Malsy, F. Hanses, M. Zimmermann und J. Hupf geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autor/-innen keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien. Für Bildmaterial oder anderweitige Angaben innerhalb des Manuskripts, über die Patient/-innen zu identifizieren sind, liegt von ihnen und/oder ihren gesetzlichen Vertretern/Vertreterinnen eine schriftliche Einwilligung vor.
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