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Erschienen in: Notfall +  Rettungsmedizin 4/2006

01.06.2006 | Schwerpunkt: Forschung in der Notfallmedizin

Forschung in der Notfallmedizin – das Haftungsgefüge

verfasst von: RA Dr. iur. Dr. med. A. Koyuncu

Erschienen in: Notfall + Rettungsmedizin | Ausgabe 4/2006

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Zusammenfassung

Fehlbehandlungen können bei Notfallpatienten erheblich folgenreicher sein. Damit kommen bei der notfallmedizinischen Forschung im Schadensfall erhebliche haftungsrechtliche Fragen auf. Haftet der Notarzt, das Krankenhaus, das Rettungspersonal, der Rettungsdienstträger oder der Hersteller des eingesetzten Medikaments? Wie weit geht die Amtshaftung und die Produkthaftung? Welche Schadensrisiken bestehen? Kann das Haftungsrisiko durch Abschluss einer Probandenversicherung abgewehrt werden? Die Forschungssituation unterliegt – nicht nur in der Notfallmedizin – einem spezifischem Haftungsgefüge, das in dem vorliegenden Beitrag genauer betrachtet wird.
Fußnoten
1
Zu den Schwierigkeiten bei der notfallmedizinischen Prüfung von Arzneimitteln s. Sefrin 1999, Der Notarzt 15: 59. Viele in der Notfallsituation angewandten Arzneimittel sind nicht hierfür erprobt, obwohl die präklinische Notfallbehandlung häufig entscheidend für das Überleben und die spätere Lebensqualität des Patienten ist.
 
2
In der klinischen Prüfung ändern sich die Pflichten des Arztes nicht. Vielmehr hat er alles, was er bei der normalen Behandlung beachten muss, erst recht in der Forschungssituation zu beachten; vgl. Deutsch 1995, MedR 483 (485).
 
3
Zu den denkbaren Konstellationen (Gruppen von Ärzten, Vereinigungen etc.) s. Lippert 1982, NJW 2089 (2090).
 
4
Lippert 1982, NJW 2089 (2092).
 
5
Jäkel 2000, Der Notarzt 83 (85); Lippert 1982, NJW 2089 (2092); ders. 2004, VersR 839 (841).
 
6
Lippert 2004, VersR 839 (841) mit der Besprechung des BGH-Urteils vom 09.01.2003 (VersR 2003, 732 ff.), dem der Fall einer Krankenhausärztin zugrunde lag, die den Notarztdienst in Nebentätigkeit wahrnahm. Entsprechend schied die Haftung des Krankenhausträgers aus.
 
7
Beispiele: Auswahl ungeeigneter Zielklinik, unterlassene Voranmeldung in der Klinik bei besonderen Gefährdungen; vgl. Bremer 1993, Das System des Notarztes, Aufgabe, Stellung im Recht und Haftung (Dissertation), S. 84.
 
8
Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Der Notarzt schuldet die Sorgfalt, die in seiner beruflichen Bezugsgruppe geboten ist.
 
9
BGH 2005, NJW 429 ff.
 
10
Wenn der Notarztdienst hingegen von Krankenhausärzten in Nebentätigkeit oder von Vertragsärzten erbracht wird, übernehmen diese die Rolle des Geschäftsführers.
 
11
Insbesondere ist § 680 BGB nicht auf Notärzte anwendbar (die Norm senkt die geschuldete Sorgfalt auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz herab, wenn die Tätigkeit zur Gefahrenabwehr erfolgt). § 680 BGB gilt nur für spontan Hilfeleistende. Der Notarzt, der für die Notfallrettung ausgebildet ist, kann bei schuldhafter Schädigung keine Entlastung beanspruchen, nur weil er tatsächlich zur Notfallrettung tätig wurde.
 
12
Palandt- Sprau, BGB, § 683 Rdnr. 7; Lippert 1989, Notfallmedizin 423 (424).
 
13
Koyuncu, Das Haftungsdreieck Pharmaunternehmen – Arzt – Patient (2004), S. 207ff.
 
14
BAG 1995, NJW 210 (211 ff.).
 
15
Diese arbeitsrechtlichen Grundsätze gelten aber nicht für ermächtigte Krankenhausärzte, die den Notarztdienst in Nebentätigkeit wahrnehmen, da sie hierbei keine Dienstaufgabe gegenüber dem Krankenhaus erfüllen.
 
16
Der Rettungsassistent benötigt eine 2-jährige Ausbildung und darf bei Notfällen selbständig intervenieren (Notkompetenz). Der Rettungssanitäter steht unter dem Rettungsassistenten (3 Monate Ausbildung) und kann neben Fahrertätigkeit auch bei der Notfallrettung mitwirken. Der Rettungshelfer (7 Wochen Ausbildung) wird in der Regel als Fahrer des Krankenkraftwagens eingesetzt. Im Folgenden wird nur auf den Rettungsassistenten Bezug genommen.
 
17
Lippert 1995, Der Notarzt 165 f.
 
18
LG Duisburg, Urteil vom 09.02.1993 – 1 O 58/91 (Lagerungsschäden), Jäkel 2000, Der Notarzt, 83 (85).
 
19
BGH 2005, NJW 429 ff.; BGH 2003, NJW 1184.
 
20
Für die stationäre Weiterbehandlung des Patienten wird jedoch wieder nach privatrechtlichen Grundsätzen gehaftet.
 
21
Koyuncu 2005, Haftung für Arzneimittelschäden, RPG, 69ff.
 
22
Koyuncu 2006, Medizinprodukte Recht (MPR) 29 ff. Der BGH hat auch hier ein System von Verkehrssicherungspflichten und Beweiserleichterungen geschaffen.
 
23
Ein auf die Studiendurchführung gerichteter mutmaßlicher Patientenwille wird auch in der Literatur befürwortet, s. Deutsch u. Spickhoff, Medizinrecht, Rn. 670; Köhler 2002, NJW 853 ff.; Habermann, Lasch u. Gödicke 2000, NJW 3389 (3394), die auch Gründe anführen, weshalb es im Interesse des Patienten sein kann, in eine Studie einbezogen zu werden. Ähnlich: Wessler 2002, Notfall & Rettungsmedizin, 270 ff., der aber auf die Beteiligung eines 2. Facharztes abstellen möchte. Diese Auflage geht aber über das AMG hinaus, da dort die Entscheidung des Prüfarztes genügt.
 
24
Koyuncu 2006, MPR 29ff. vgl. auch Koyuncu 2006, Die klinische Prüfung von Medizinprodukten, Klinische Forschung und Recht, 1ff.
 
25
Koyuncu 2005, PHi 85 ff. zur Haftung der Ethikkommission.
 
26
Dieses Gesetz sieht u. a. vor: Die Versicherung muss zugunsten der von der klinischen Prüfung betroffenen Personen bei einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb befugten Versicherer genommen werden. Ihr Umfang muss in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit der klinischen Prüfung verbundenen Risiken stehen und auf der Grundlage der Risikoabschätzung so festgelegt werden, dass für jeden Fall des Todes oder der dauernden Erwerbsunfähigkeit einer von der klinischen Prüfung betroffenen Person mindestens 500.000 EUR zur Verfügung stehen.
 
27
Nach dem Medizinprodukterecht darf er nur Anhaltspunkte für einen unmittelbaren Nutzen berücksichtigen.
 
28
von Bar u. Fischer 1980, NJW 2734 (2736 f.).
 
29
Legaldefinition in § 1 Abs. 2 Nr. 5 ProdHaftG.
 
30
S. § 1 Abs. 2 Nr. 5 ProdHaftG. Das ProdHaftG bleibt insbesondere relevant für Fabrikations-, Instruktions- und Informationsfehler. Hiervon sind auch Produktausreißer erfasst.
 
31
Vgl. die Musterbedingungen des GDV vom 19.04.2002.
 
32
Die Arzt- und Produzentenhaftung kennen keine Höchstbeträge und sind nicht auf den Probanden beschränkt.
 
Metadaten
Titel
Forschung in der Notfallmedizin – das Haftungsgefüge
verfasst von
RA Dr. iur. Dr. med. A. Koyuncu
Publikationsdatum
01.06.2006
Verlag
Springer-Verlag
Erschienen in
Notfall + Rettungsmedizin / Ausgabe 4/2006
Print ISSN: 1434-6222
Elektronische ISSN: 1436-0578
DOI
https://doi.org/10.1007/s10049-006-0829-8

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