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Erschienen in: Hebammen Wissen 3/2021

01.08.2021 | Hautpflege | Hebammen Praxis

Faktencheck Babyhaut

verfasst von: Janine Burmester

Erschienen in: Hebammen Wissen | Ausgabe 3/2021

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Zusatzmaterial online: Zu diesem Beitrag sind unter https://​doi.​org/​10.​1007/​s43877-021-0102-x für autorisierte Leser zusätzliche Dateien abrufbar.
Nabelpflege, Windeldermatits & Kopfgneis Die Haut von Neugeborenen ist empfindlich und bedarf deshalb besonderer Pflege. Bei Fragen rund um das erste Bad, die Nabelpflege, den Knopfgneis oder Sonnenschutz ist die Hebamme für Eltern häufig die erste Ansprechpartnerin. Eine Herausforderung - denn die Empfehlungen auf diesem Gebiet ändern sich ständig
Vernix caseosa (Käseschmiere) umhüllt die Haut des Neugeborenen. Hat sie intrauterin die Haut vor Austrocknung durch das Fruchtwasser geschützt bietet sie postpartum zudem Schutz vor Umwelteinflüssen, vor Auskühlung und Infektionen. Daher ist es von besonderer Bedeutung, die Vernix caseosa "[...] in die Haut des Neugeborenen einzumassieren" (Abeck 2016). Bis die Hautbarrierefunktion vollständig ausgebildet ist, dauert es ungefähr ein Jahr. Die Hautbarriere besteht aus Hornzellen (Stratum corneum), welches von Lipiden und Horneiweißschichten zusammengehalten wird. Der pH-Wert der Haut des Neugeborenen postpartum liegt im leicht alkalischem Bereich zwischen 6,6-7,5. Dieser verändert sich im Laufe der ersten Lebenstage und liegt dann im sauren Bereich (Büthe 2020). Die Wasseraufnahmefähigkeit der Haut ist bei Neugeborenen und Säuglingen höher und die Resorption erfolgt deutlich schneller als bei der Haut eines Erwachsenen und auch die Elastizität der Neugeborenenhaut ist höher als bei Erwachsenen. Die körpereigene Talgproduktion ist schwächer als die eines Erwachsenen (Blume-Peytavi & Garcia Bartels 2010).

Mythos: Babyhaut benötigt keine Pflege?

Seit Jahren halten sich einige Mythen sehr hartnäckig: Beispielsweise, dass Babyhaut keine großartige Pflege benötige oder dass in den ersten Lebenswochen Pflegeprodukte für Neugeborene nicht notwendig seien. Aktuellen Studien zufolge gilt dies als widerlegt. Durch die Benutzung von Babylotion und Sonnenblumenöl kam es zu einer Steigerung der Hautbarrierefunktion, einer Verbesserung der Hautbeschaffenheit und einer Erhöhung die Widerstandsfähigkeit der Haut in Bezug auf den Wasserverlust über die Hautoberfläche. Ein Unterschied bestand zwischen der Babylotion und des Sonnenblumenöls: die Babylotion steigerte die Sebumwerte der Haut wohingegen das Sonnenblumenöl eher zu einer Abnahme führte. Allerdings wiesen beide beim Neugeborenen eine gute Verträglichkeit auf. Olivenöl hingegen führte zum Teil zu Hautirritationen und zur Austrocknung der Neugeborenenhaut. Daher wird von dessen Verwendung abgeraten. Ein weiterer Vorteil der täglichen Hautpflege von Geburt an ist, dass sie das Risiko an einer atopischen Dermatitis zu erkranken um 50% senkt (Abeck 2016). Aktuelle wissenschaftliche Studien belegen, dass durch den Einsatz angepasster Hautpflegeprodukte die natürliche Hautschutzbarriere aufgebaut werden kann (ebd.). Doch manchmal benötigt auch die Haut von Neugeborenen oder Säuglingen besondere Aufmerksamkeit.
Atopische Dermatitis: Unter einer atopischen Dermatitis - auch als Hautekzem oder Neurodermitis bezeichnet - versteht man eine chronische Erkrankung der Haut. Die Betroffenenen leiden unter starkem Juckreiz. Je nach Schwere der Erkrankung kann die Lebensqualität vermindert und eingeschränkt sein. Der Beginn dieser Erkrankung findet zu 60% der Fälle im ersten Lebensjahr statt. Bei ungefähr 60% der Kinder und Jugendlichen heilt die Erkrankung bis zum Erwachsenenalter aus (AMWF 2008).
Je nach Verlauf und Schwere der Erkrankung ist eine juckreizstillende Therapie notwendig. Im Allgemeinen wird die atopische Dermatitis mithilfe von medikamentösen (z.B. Glukokortikosteroide, Antihistaminika) und nicht medikamentösen (Neurodermitisschulung, Psychologische Begleitung) Therapie behandelt. Für Sie als Expert*innen ist es wichtig, die Eltern hinsichtlich der möglichen Triggerfaktoren - wie der Reduktion von Pollen auf der Haut bei Sensibilisierung, Beachtung spezieller Nahrungsmittelunverträglichkeiten (z.B. Kuhmilch, Hühnereier, Weizenmehl) - und hausstaubmilben-reduzierender Maßnahmen zu beraten (Werfel et al. 2014, AWMF 2015). Durch eine angepasste Hautpflege vom Neugeborenenalter an kann es zu einer Verbesserung des Verlaufs oder einer Milderung der Symptome kommen. Im Allgemeinen ist die Haut der Patient*innen von einer Hauttrockenheit und einer defekten Hautschutzbarriere betroffen (s. Checkliste).
Milchschorf: Bei Milchschorf (Crusta lactea) handelt es sich um eine Entzündung der Kopfhaut, meist ab dem dritten Lebensmonat. Auf der Mitte des Vorderkopfes auf der geröteten Kopfhaut befinden sich gelbe, fettig glänzende, harte Schuppen und Krusten. Milchschorf führt zu starkem Juckreiz. Hier ist nicht nur das Leiden der Säuglinge groß, für Kinder mit diagnostizierten Milchschorf besteht ein höheres Risiko an Neurodermitis zu erkranken. Bei Bedarf ist eine medikamentöse Juckreizlinderung und Entfernung der Schuppen, um Infektionen vorzubeugen (Schneider 2017), angezeigt. In jedem Fall sollten die Kinder einem Pädiater vorgestellt werden.
Kopfgneis: Die Entstehung von Kopfgneis ist auf eine Seborrhoe (erhöhte Talgproduktion) aufgrund mütterlicher Hormonrückstände nach der Geburt zurückzuführen und entwickelt sich meist zwischen der zweiten und der sechsten Lebenswoche. Bei Kopfgneis handelt es sich um kleieförmige, fettige und massive Schuppen sowie leichte Krusten auf der Vorderkopfhaut und zum Teil auf der Stirn. Die Säuglinge empfinden beim Kopfgneis keinen bis kaum Juckreiz. Die Schuppen und Krusten ähneln denen des Milchschorfs und sind daher nicht leicht voneinander zu unterscheiden. Kopfgneis verschwindet oft von allein, dennoch ist eine Vorstellung zur Abklärung beim Pädiater anzuraten. Falls eine Therapie erforderlich oder erwünscht ist, können die Schuppen mit Oleogel oder Olivenöl entfernt werden. Eine aktuelle Studie zeigte, dass Oleogel dem Olivenöl überlegen ist. Oleogel muss 30 Minuten auf der Kopfhaut einwirken. Danach können die Schuppen effektiv entfernt werden (ebd.).
Windeldermatitis: Diese Erkrankung zählt zu den häufigsten Hauterkrankungen bei Säuglingen und Kleinkindern. Gut zwei Drittel aller Kinder erkranken mindestens einmal in ihrem Leben daran und tendenziell ist die Prävalenz deutlich höher. Hierbei kommt es zur Entzündung, Rötung, Mazeration, eventuell mit Pustelbildung der Haut im Intim- und Analbereich des Kindes. Zum Teil auch mit einer Hefepilzinfektion durch Candida albicans (dann wird aus einer Dermatitis "Windelsoor") oder einer bakteriellen Infektion mit Staphylococcus aureus. Diese Infektionen sind für Säuglinge oft sehr schmerzhaft. Das feuchtwarme Milieu durch Urin und Stuhl in Verbindung mit der Reibung der Windel auf der Haut führen zu einer starken Reizung (Axt-Gadermann & Fölster-Holst 2017). Bei einem Windelsoor ist unbedingt eine Mundinspektion des Säuglings durchzuführen, da es durch das Stillen (bei einer Pilzinfektion der mütterlichen Brust) und/oder aufgrund der Ernährung der Mutter zu einem Mundsoor des Kindes kommen kann. Durch den Mund gelangt der Candida albicans über den Magen-Darm-Trakt bis in die Windel und löst dort den Windelsoor aus (Gnaiger-Rathmanner & Hör 2018). Weitere Ursachen, die eine Windeldermatitis/Windelsoor beschleunigen oder zum Ausbruch bringen können:
  • Unregelmäßiges Windelwechseln, zu lange Intervalle
  • Verwendung ungeeigneter Pflegeprodukte (z.B. alkoholhaltige Feuchttücher, ungeeignete Pflegecremes und -salben)
  • Diarrhö, chronische Magen-Darm-Erkrankungen
  • Säurehaltige Nahrungsmittel
  • Verschiedene Medikamente (Axt-Gadermann & Fölster-Holst 2017)
Nabelpflege: Die Nabelpflege wird vor allem durchgeführt, um einer Omphalitis (Entzündung des Nabelstumpfs) vorzubeugen. Der Nabelstumpf fällt meist zwischen dem fünften und zehnten Lebenstag des Neugeborenen ab. In den darauf folgenden Tagen verschließt sich das Gewebe. Es besteht die Möglichkeit, dass sich das Gewebe wieder öffnet, wenn das Baby nach dem Trinken ein besonders vorgewölbtes Abdomen hat oder wenn es sehr eindringlich schreit. Dadurch kommt es zum Austritt von seröser Flüssigkeit oder Blut. Bei einem geröteten Nabel kann dieser mit einer sterilen Kompresse und einem schleimhautverträglichen Wunddesinfektionsmittel versorgt werden. Bei einem reizlosen Nabel reicht es, diesen mit einer sterilen Kompresse und 0,9%-NaCl-Lösung oder Aqua dest. zu reinigen. Nach der Reinigung kann der Nabel an der frischen Luft trocknen. Wichtig ist, dass zu jeder Versorgung des Neugeborenen der Nabel inspiziert und bei Bedarf gereinigt wird. Die Eltern sollten entsprechend einbezogen und angeleitet werden. Methenamin-Silbernitrat oder Chlorhexidin in Form von Puder lässt sich gut auf den Nabelhof auftragen und führt zu einem schnelleren Austrocknen und Abfallen des Nabelschnurrests (Büthe 2020). Allerdings ist dies in der Regel meist nicht erforderlich. Bei Auffälligkeiten und bei Verschlechterung des Allgemeinzustandes ist der Kinderarzt aufzusuchen.
Sonnenschutz: 80% der UV-Strahlen gelangen trotz bedecktem, wolkigem Himmel auf die Haut. Zum Schutz des Kindes vor einem Sonnenstich (thermisch bedingte Hirnhautreizung) und Hyperthermie (Überwärmung) sollten verschiedene Präventionsmaßnahmen getroffen werden. Ein Sonnenschutzmittel für Kinder (ab Sonnenschutzfaktor 30) sollte in jedem Haushalt vorhanden sein und großzügig auf der Haut verteilt werden, um einen ausreichenden Sonnenschutz zu gewährleisten. Außerdem sollte dieser Vorgang mit wiederholtem Eincremen vor allem nach dem Baden im Freien wiederholt werden. Säuglinge und Kleinkinder sollten so wenig wie möglich der direkten Sonneneinstrahlung ausgesetzt werden. Wenn möglich sollte das Spielen während der Mittagssonne nicht draußen stattfinden, da zu dieser Zeit die Sonnenintensität besonders hoch ist. Draußen sollte sowohl im Sommer als auch im Winter eine Mütze oder ein Hut mit Nackenschutz getragen werden. Kleidung, insbesondere Badekleidung, kann einen UV-Schutz (UV-Protektions-Faktor 30 oder - Prüfsiegel "UV-Standard 801") beinhalten. Außerdem ist das Tragen von weiter, luftiger und langärmliger Kleidung sowie Schuhen, die auch den Fußrücken bedecken, sinnvoll (BzgA 2019).
Hautschutz bei kalten Temperaturen: Auch im Winter ist die Sonnenintensität nicht unerheblich. Deshalb sind Säuglinge und Kleinkinder auch bei sonnigem Winterwetter mit einem Sonnenschutzmittel einzucremen. Ansonsten lässt sich die Haut von Säuglingen mit einer Wind- und Wettercreme vor Kälte und Austrocknung schützen. Falls die Haut aufgrund der Kälte gerötet sein sollte, kann eine Creme mit Panthenol Abhilfe schaffen. Neben warmer Kleidung einschließlich Schal, Mütze, Handschuhe, Winteroverall und ggf. Fußsack, kann vor dem Spaziergang auch ein erwärmtes Kirschkernkissen in den Fußsack gelegt werden. Achtung Verbrennungsgefahr! Bitte die Temperatur des Körnerkissens prüfen (Gebauer-Sesterhenn & Praun 2014).
Mit einer dem Alter und damit der Anatomie der Haut angepassten Pflege kann Erkrankungen und Infektionen vorgebeugt werden. Da die Wissenschaft auf diesem Gebiet immer neue Erkenntnisse erlangt, sollten sich Hebammen und Pflegekräfte regelmäßig informieren, um Eltern adäquat beraten zu können.

Empfehlungen: Atopische Dermatits

  • Verwendung von hautneutralen Pflegeprodukten
  • Haut nach dem Duschen, Baden oder Waschen gut und ausreichend mit einem Basistherapeutikum mit dem Wirkstoff Zink (Creme oder Salbe) eincremen
  • Schieferöle (Bituminosulfonate) in Form von Badezusätzen oder Salben verwenden
  • Nach ärztlicher Anordnung sind antibiotische oder antimykotische Therapien bei einer Superinfektion sinnvoll
  • Je nach Schwere einer chronischen Neurodermitis ist das Tragen von antimikrobieller Kleidung (z.B. silbernitrathaltige Wäsche) zu empfehlen
  • Informationen für Eltern (z.B. Selbsthilfegruppen)
  • Cave: Derzeit sind keine Studien zur Anwendung von Zink und Schieferölen bei Neurodermitis vorhanden. Es ist eine Empfehlung, die auf guten klinischen Erfahrungen bei Patient*innen mit entzündlichen Hauterkrankungen basiert.

Empfehlungen: Wunder Windelbereich

  • Windelwechsel alle 2 bis 3 Stunden und sofort nach Stuhlgang
  • Bei Mädchen ist die Wischrichtung von der Scheide zum Anus zu beachten, um einer Harnwegsinfektion oder Zystitis vorzubeugen
  • Einmalwaschlappen und Wasser mit milden Seifen oder Detergenzien zur Reinigung benutzen. Bei Stuhlverschmutzungen können ölhaltige Pflegetücher verwendet werden. Ansonsten sind Öle kontraindiziert, da sie die Austrocknung der Haut fördern.
  • Gebrauch von Feuchttüchern ohne Zusatz von Alkohol und Duftstoffen und nur für unterwegs
  • Gerötete Stellen mit in Schwarztee getunkten Kompressen oder mit dem Schwarzteebeutel selbst betupfen (Büthe 2020), Schwarztee wirkt desinfizierend und entzündungshemmend.
  • Das Kind zu Hause auch mal ohne Windel lassen, so dass Luft an den Intim- und Analbereich kommt, offene Lagerung im Bett mit Einmalschutzunterlage
  • Bei Windeldermatits: Salben und Cremes mit den Zusätzen von Zinkoxid und Dexpanthenol, um die Hautschutzbarriere wiederherzustellen (ebd.)
  • Bei Windelsoor: Verwendung antimykotischer Salben (Gnaiger-Rathmanner & Hör 2018)

Fazit

Die Haut von Neugeborenen und Säuglingen ist sehr viel empfindlicher als Erwachsenenhaut und bedarf daher besonderer Pflege.
Zum Schutz der intakten Haut sollten Babys nach dem Baden nur trocken getupft und nicht trocken gerubbelt werden.
Bei Windeldermatitis helfen zinkhaltige Cremes, bei einem Windelsoor antimykotische Salben. Zur richtigen Therapie sollte in beiden Fällen eine ärztliche Diagnose erfolgen.
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Metadaten
Titel
Faktencheck Babyhaut
verfasst von
Janine Burmester
Publikationsdatum
01.08.2021
Verlag
Springer Medizin
Erschienen in
Hebammen Wissen / Ausgabe 3/2021
Print ISSN: 2730-7247
Elektronische ISSN: 2730-7255
DOI
https://doi.org/10.1007/s43877-021-0102-x

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