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02.07.2019 | Ethik | Nachrichten

Pfleger halten nichts von Emotions-IT

verfasst von: Christoph Winnat

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Der Mensch will nicht ersetzt werden: Pfleger werden mit Robotern, die in sozial-interaktive Dimensionen vordringen, nicht warm, auch wenn der Fachkräftemangel und der demografische Wandel der Branche Probleme bereiten.

© RIKENIn Japan sind Pflege-Roboter mit Gesicht längst keine Seltenheit mehr.

„Satt und sauber“ – droht mit zunehmendem Robotik-Einsatz das Negativ-Ideal durchrationalisierter Pflege auf breiter Front Einzug in Krankenhäuser und Heime zu halten?

Die ethischen Herausforderungen algorithmengelenkter Versorgung waren Diskussionsthema der Jahrestagung des Deutschen Ethikrates Ende Juni in Berlin.

Dort wurden auch erste Ergebnisse einer Studie zum Technikeinsatz in der Pflege vorgestellt und was Mitarbeiter davon halten. Realisiert haben die Umfrage unter 355 hauptberuflichen Pflegern das Berliner Universitätsklinikum Charité und das Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP); der Abschlussbericht liegt bislang noch nicht vor.

Demnach sind den Pflegeprofis vor allem von ihnen selbst zu steuernde Assistenztechnologien bekannt, die gleichwohl noch nicht besonders weit verbreitet sind.

Von Kuschelrobotern wie der in Japan populären Robbe „Paro“ oder Servicemaschinen, die auf Anforderung pflegerische Teilaufgaben eigenständig übernehmen, haben die meisten (über zwei Drittel) dagegen noch nie etwas gehört.

Am bekanntesten (>90 Prozent) sind den Befragten Hebehilfen, mit denen eine Mehrheit (>60 Prozent) auch schon arbeitet. Sturz-Detektoren oder GPS-Tracker für Demenzkranke sind nur knapp der Hälfte der befragten Pflegekräfte ein Begriff, wobei jeweils weniger als 20 Prozent mit solchen Überwachungsgeräten schon arbeiten.

Wo Geräte sind, werden sie genutzt

Von Technikfeindschaft kann unter Pflegern allerdings keine Rede sein. Wo die Möglichkeit zur Anwendung von Assistenzsystemen besteht, würden „diese vom Großteil des Personals genutzt“ heißt es. Akzeptiert werden von den professionellen Pflegekräften vor allem Anwendungen, die ihrer eigenen körperlichen Unterstützung, der Patienten-Überwachung oder der Dokumentation dienen.

Soziale und emotionale Assistenztechnik wird kaum gutgeheißen. „Wer Schmuse-Roboter einsetzt, um alleingelassene Demente ruhig zu stellen, hat seinen Beruf nicht verstanden“, wird in der Ergebnispräsentation exemplarisch eine 53-jährige Studienteilnehmerin zitiert.

Der maschinelle Zugriff auf das Leben der Pflegebedürftigen und die Interaktion von Mensch und Roboter stellen die Pflegearbeit vor vielfältige Herausforderungen.



- Deutscher Ethikrat aus einer Pressemitteilung zur Jahrestagung 2019 -

Dabei handelt es sich offenbar um eine Mehrheitsmeinung, wie die konkrete Nachfrage bestätigt. So hätten, heißt es, über 55 Prozent der Befragten die vorgegebene These bejaht, „dass technische Geräte im Bereich sozialer und emotionaler Unterstützung zum Verlust menschlicher Wärme führen“.

Den anderen Assistenztechnologien werden von deutlich weniger Befragten ähnlich negative Folgen zugeschrieben. Gerade einmal rund ein Fünftel der Befragten sieht in Monitoring-Technik oder Systemen zur körperlichen Unterstützung ein Risiko fürs Zwischenmenschliche, hinsichtlich IT-gestützer Dokumentation sogar noch weniger (etwa 15 Prozent).


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