Einsamkeitsgefühle im Pflegeheim sind sehr prominente Gefühle, jedoch sind Forschungsergebnisse über das Erleben der Einsamkeit von Bewohner*innen rar [
11]. Paque et al. führten eine Studie in 3 flämischen Pflegeheimen bei Bewohner*innen ohne Demenzdiagnose und mit einem Mini Mental State Examination (MMSE) Score > 18 durch. Die Bewohner*innen wurden allgemein gefragt, mit welchen Gefühlen sie momentan Schwierigkeiten hätten. Spontan wurde selten die Einsamkeit primär erwähnt [
11]. Je nach erhaltener Antwort wurde der Fokus im Interview auf die Einsamkeit gelenkt. Die Beschreibung der Einsamkeit divergierte vom Alleinsein über Langeweile bis hin zum Gefühl, sich nicht zu Hause zu fühlen [
11]. Im Rahmen der Tiefeninterviews äußerte ein Bewohner, dass es ihm schwerfalle, über Einsamkeit zu sprechen, am ehesten könne er dies mit einem Gefühl des Unbeachtetseins oder der Ausgeschlossenheit beschreiben [
11]. Die Untersuchung von Hauge und Kirkevold über einsame und nichteinsame ältere Menschen in institutionellen und kommunalen Settings zeigte, dass alle 30 interviewten Personen Schwierigkeiten damit hatten, Einsamkeit zu beschreiben [
12]. Aussagen, die von Interviewten getroffen wurden, bezogen sich auf den Umstand, nicht besucht zu werden [
12]. Es wurde festgestellt, dass sich nichteinsame Menschen negativ und kritisch gegenüber einsamen Menschen äußerten. Die Autor*innen führen den Begriff der Stigmatisierung ein, mit der Begründung, dass eine allgemeine negative Einstellung gegenüber einsamen Menschen in der westlichen Gesellschaft vorhanden sei [
12]. Eine weitere Studie, durchgeführt mit 10 Teilnehmer*innen in Irland, zeigte, dass Einsamkeitsgefühle bei Pflegeheimbewohner*innen geäußert wurden, die sich der Langzeitpflegeeinrichtung nicht zugehörig fühlten [
5]. Vier von 10 Personen gaben an, dass mit dem Umzug in das Pflegeheim ein Abgeschnittensein von der Außenwelt stattgefunden habe. Vor allem Personen mit einem aktiven Gemeinschaftsleben litten nach dem Einzug in die Langzeitpflegeeinrichtung unter der Einsamkeit [
5]. Weitere Untersuchungen bestätigen diese Prozesse, die zu belastenden Einsamkeitsgefühlen und Problemen beim Knüpfen von Kontakten nach dem Einzug in die stationäre geriatrische Langzeitpflegeeinrichtung führen [
12]. Bewohner*innen äußerten, dass auch aufgrund des physischen Zustandes und des dadurch entstandenen Verlustes der Selbstständigkeit eine Teilnahme an sozialen Aktivitäten nicht mehr möglich war. Wie Studien zeigen, ist die physische Konstitution ein wichtiger Faktor in der Entstehung und Wahrnehmung der Einsamkeit [
12,
13].
Häufig ist das Einsamkeitserleben an einen schmerzlichen Verlust von oder Mangel an Freunden und Familienmitgliedern gekoppelt [
5,
11‐
14]. In einer weiteren qualitativen Untersuchung wurden 12 depressive Pflegeheimbewohner*innen befragt [
14]. Viele der Bewohner*innen erlitten schmerzliche Verluste naher Angehöriger. Bezogen auf das Personal äußerte der Großteil der Befragten, dass sie gern kommunizieren möchten, jedoch das Personal zu beschäftigt und überlastet wirke [
14]. Aktives Zuhören, einfühlsames und wertschätzendes Vorgehen können zu einer Verringerung der Einsamkeit führen [
5,
6]. Wiesen soziale Beziehungen eine hohe Qualität auf und wurde das Bedürfnis der Bewohner*innen nach bedeutungsvollen sozialen Kontakten befriedigt, verringerte sich das Einsamkeitserleben. Die Quantität an sozialen Kontakten und die Treffen mit anderen Bewohner*innen sowie der Kontakt mit Pflegepersonen oder anderen Gesundheitsberufen wurden als weniger bedeutungsvoll eingestuft [
5,
11].
Bei der Befragung in einer irischen Langzeitpflegeinrichtung wurden Bewohner*innen, die zwischen 2 und 8 Jahre in der Institution wohnten, befragt, und niemand äußerte, dass eine bedeutungsvolle oder sinnhafte Beziehung zu anderen Menschen aufgebaut wurde [
5]. Eine Verbindung mit der Außenwelt führte jedoch zu mehr sozialer Eingebundenheit und weniger Einsamkeit. Der Kontakt über diverse Medien wie Fernsehen oder Zeitung verhalf den Bewohner*innen nicht nur zu weniger Einsamkeit, sondern zu einem Gefühl der Zugehörigkeit [
5]. Hierzu finden sich unterschiedliche Ansichten, denn auch die neuen Medien führen zu dem Eindruck, nicht mehr mit der Gesellschaft mithalten zu können [
12]. Auch der Kontakt mit Bewohner*innen mit kognitiven Einschränkungen ist problematisch. Kognitive Defizite anderer Bewohner*innen führten zum vermehrten Rückzug, und die kognitiv uneingeschränkten Bewohner*innen beschrieben sich als anders, nicht zugehörig [
5].
Die Erforschung des Phänomens „Lebensqualität“ in Verbindung mit Einsamkeit bei 250 Bewohner*innen in Polen ergab, dass ältere (76+) weibliche Teilnehmerinnen sich häufiger und intensiver einsam fühlten als männliche Teilnehmer. Hierfür wurden die De Jong Gierveld Loneliness Scale (DJGLS) [
15] und der WHOQOL-BREF-Fragebogen [
30] eingesetzt [
13]. Eine signifikante Korrelation (
p < 0,041) besteht zwischen nichtzufriedenstellenden oder unzureichenden (ρ = −0,362
p < 0,001) Beziehungen zur eigenen Familie und erhöhtem Einsamkeitserleben [
13].