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Erschienen in: Pflegezeitschrift 8/2022

01.07.2022 | Diversity | Pflege Management Zur Zeit gratis

Diversifikation als Wachstumsstrategie

verfasst von: Tobias Fundis, Michael Radetzky

Erschienen in: Pflegezeitschrift | Ausgabe 8/2022

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Unternehmensentwicklung in der Altenpflege - Diversifikation bietet großes Potenzial für die erfolgreiche Entwicklung von Unternehmen. Das gilt auch für kleine und mittlere Unternehmen. Dieses Potenzial gilt es zu erkennen. Das Seniorenstift Eppingen sieht den gesellschaftlichen Wandel als Chance, das Unternehmen gezielt weiter zu entwickeln.
Nichts ist so beständig wie der Wandel - dieser Heraklit zugeschriebene Grundsatz gilt in der heutigen Zeit mehr denn je. Um den nachhaltigen Erfolg eines Unternehmens auch in Zukunft sicherstellen zu können, ist es von entscheidender Bedeutung, sich auf den Wandel einzulassen und ein Unternehmen kontinuierlich weiterzuentwickeln. Als Grundlage für eine solche Unternehmensentwicklung ist eine gezielte und langfristig ausgerichtete Wachstumsstrategie unerlässlich. Denn Wachstum ist insbesondere im nachfragestarken Markt der Altenpflege ein Schlüsselfaktor. Mithilfe verschiedener Diversifikationsmöglichkeiten kann die Wirtschaftlichkeit von Unternehmen deutlich gesteigert werden.
Besonders kleine und mittlere Unternehmen kann das konzeptionelle Erarbeiten einer fundierten Wachstumsstrategie vor gewisse Herausforderungen stellen. Das Beispiel der Seniorenstift Eppingen GmbH & Co. KG zeigt, wie mit einem systematischen Vorgehen auch kleine und mittelständische Unternehmen der Pflegebranche eine langfristige und zielgerichtete Wachstumsstrategie erarbeiten und Schritt für Schritt umsetzen können.
Hierfür ist es zunächst einmal wichtig, die Entwicklungen der Pflegebranche detailliert zu analysieren. Um dabei eine möglichst fachkundige Expertise zugrunde legen zu können, steht das Seniorenstift im Austausch mit verschiedensten Experten der Pflegebranche. Diese Expertise sowie eine umfassende Analyse der zu erwartenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen dienen als Grundlage für das weitere Vorgehen. Als zentrale Zukunftstrends lassen sich neben der Urbanisierung und der Digitalisierung vor allem der demografische Wandel und eine starke gesellschaftliche Entwicklung hin zu immer mehr Individualität herausstellen. Dies führt zum einen dazu, dass in der Pflegebranche die Nachfrage nach Angeboten für pflegebedürftige Menschen langfristig gesichert sein wird und somit eine Basis für Wachstumsperspektiven besteht, zum anderen nimmt das Bedürfnis der Menschen nach individuellen Wohn- und Versorgungsformen im Alter weiter zu. Diese Erkenntnisse, insbesondere in Bezug auf die zu erwartende Nachfrage, bestärken die Seniorenstift Eppingen, die aktuell zwei Einrichtungen für vollstationäre Pflege in Eppingen und Bad Rappenau betreibt, in ihren Wachstumsplänen.

Analyseprozess als Grundlage

Als potenzielle Diversifikationsmöglichkeiten zur weiteren Unternehmensentwicklung kommen für das Unternehmen grundsätzlich mehrere Alternativen in Frage. Da das Seniorenstift Eppingen bereits in der vollstationären Pflege tätig ist, wäre eine Spezialisierung dieser Leistungen in den Bereichen Demenz- oder Intensivpflege denkbar. Des Weiteren wäre eine teilstationäre Erweiterung durch das Angliedern einer Tages-/Nachtpflege möglich. Eine zusätzliche Option bestünde auch in der Implementierung eines ambulanten Dienstes sowie dem Angebot eines Betreuten Wohnens/Service Wohnens. In Anbetracht der Vielzahl unterschiedlicher Alternativen, entschied man sich dazu, einen strukturierten Analyseprozess vorzunehmen, um die strategisch sinnvollste Variante für das Unternehmen identifizieren zu können. Im Zuge dessen wurde eine umfangreiche SWOT-Analyse durchgeführt, in der die Stärken und Schwächen des Unternehmens sowie die Chancen und Risiken des Unternehmensumfeldes herausgearbeitet und gegenübergestellt wurden. Ziel dieser Analyse ist es, unternehmensinterne sowie externe Einflussfaktoren zu ermitteln, die sich auf die weitere Unternehmensentwicklung auswirken könnten. Dies können zum einen Wettbewerbsvorteile, wie Mitarbeiterpotenziale oder Standortfaktoren sein, zum anderen aber auch Veränderungen im Bereich der gesetzlichen Regelungen, Bewegungen auf dem Kapitalmarkt sowie die Verfügbarkeit von technologischen Innovationen. Auf der Grundlage der Analyse können dann die Diversifikationsalternativen mit dem höchsten Mehrwert für das Unternehmen herausgestellt werden. Durch die Betrachtung der internen Unternehmensaspekte ließen sich Stärken und Schwächen der Seniorenstift Eppingen erkennen. Zu den Stärken zählten beispielsweise die Vielzahl langjähriger Mitarbeiter*innen und die vorhandene Infrastruktur der vollstationären Einrichtungen.
Bei der Untersuchung der externen Einflussfaktoren wurde eine sogenannte PESTEL-Analyse durchgeführt. PESTEL steht hierbei für die englischen Begriffe political (politisch), economic (wirtschaftlich), social (sozio-kulturell), technological (technologisch), environmental (ökologisch) und legal (rechtlich). Im Rahmen dieser Analyse wird die Betrachtung der externen Einflussfaktoren systematisch in eben diese sechs Bereiche unterteilt und detailliert beleuchtet. Hierdurch konnten potentielle Chancen und Risiken identifiziert werden, die ebenfalls Auswirkungen auf die geplante Unternehmensentwicklung haben könnten. Unter anderem waren hier die gesellschaftliche Entwicklung hin zu immer mehr Individualität, aber auch die Anpassungen und Veränderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen im Pflegesektor wesentliche Faktoren. Auf Basis dieser umfassenden Analyse konnte das Unternehmen die verschiedenen Diversifikationsalternativen dem jeweiligen unternehmerischen Mehrwert entsprechend priorisieren.

Diversifikation zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit

Den höchsten Prioritätsrang erreichte die Implementierung eines ambulanten Dienstes. Ausschlaggebend war hier unter anderem die Möglichkeit, die ambulanten Versorgungsstrukturen als Distributionskanäle zu nutzen, um Dienstleistungen über die klassische hauswirtschaftliche und pflegerische Versorgung hinaus anknüpfen zu können. Hier sollen beispielsweise Leistungen wie Gärtnerarbeiten, Essen auf Rädern oder Unterstützung bei finanziellen und wirtschaftlichen Angelegenheiten angeboten werden. So kann die Wertschöpfungskette des Seniorenstifts Eppingen auf vorgelagerte Stufen erweitert werden und Leistungen unabhängig von den gesetzlichen Regelungen des Sozialgesetzbuchs sowie der Abhängigkeit von Pflegefachkräften erbracht werden. Gleichzeitig kann dadurch dem Bedürfnis der Kund*innen nach einem hohen Grad an Individualität entsprochen werden. In Anlehnung an das Mass-Customization-Verfahren aus Wirtschaft und Industrie, kann mit Hilfe eines Baukastenprinzips des Dienstleistungsportfolios ein möglichst individuelles Leistungsangebot erreicht werden. Einen besonderen Mehrwert dieses Vorgehens sieht die Seniorenstift Eppingen vor allem in Verbindung mit einem Betreuten Wohnen bzw. Service Wohnen. Die Kund*innen könnten durch das Wohnangebot im Zusammenspiel mit dem Dienstleistungsportfolio des ambulanten Dienstes möglichst lange in den eigenen vier Wänden wohnen und somit einen hohen Grad an Autonomie und Individualität, selbst bei zunehmendem Pflegebedarf, erlangen bzw. sich erhalten. Leistungen wie beispielsweise eine hauswirtschaftliche Unterstützung, pflegerische Versorgung oder die Lieferung von Mahlzeiten, können entsprechend der eigenen körperlichen Verfassung sukzessive hinzugebucht werden und auf diese Weise ein lebenslaufbegleitendes Wohnens ermöglichen. Im Kontext eines Betreuten Wohnens/Service Wohnens lassen sich auch gewisse Synergieeffekte nutzen. So verringern sich die Rüstzeiten des ambulanten Dienstes erheblich und etwaige Fahrten zwischen den einzelnen Kunden entfallen komplett. So kann die Effizienz der Leistungserbringung gesteigert und der Ressourcenverbrauch reduziert werden.
Der Einsatz entsprechender digitaler Lösungen kann diesen Effekt zusätzlich verstärken. Dadurch lässt sich ein deutlich gesteigerter Return on Investment (ROI) erzielen. Denkbar wäre, dieses Leistungskonstrukt im Zuge der weiteren Unternehmensentwicklung auch noch durch eine Tages- beziehungsweise Nachtpflege zu erweitern. Dies würde das Portfolio der Versorgungsleistungen ausbauen und den Grad an Synergieeffekten weiter erhöhen. Aufgrund der regulatorischen Bestimmungen und dem benötigten Investitionsvolumen liegt diese teilstationäre Diversifikationsalternative allerdings auf einer nachgelagerten Stufe der Unternehmensentwicklung. Ebenso ist auch der erweiterte Ausbau im Bereich der vollstationären Pflegeleistungen, aufgrund des hohen finanziellen Volumens im Vergleich zu den Alternativen, erst in der langfristigen Perspektive in Betracht zu ziehen.

Fazit

Da jedes Unternehmen unterschiedliche Rahmenbedingungen und Gegebenheiten aufweist, müssen die Analyse und Abwägung verschiedener Wachstumsschritte immer individuell vorgenommen werden.
Im Seniorenstift Eppingen gelang es, eine langfristige Wachstumsstrategie zu erarbeiten. Das Vorgehen kann möglicherweise auch anderen Einrichtungen als Hilfestellung dienen.
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Metadaten
Titel
Diversifikation als Wachstumsstrategie
verfasst von
Tobias Fundis
Michael Radetzky
Publikationsdatum
01.07.2022
Verlag
Springer Medizin
Schlagwort
Diversity
Erschienen in
Pflegezeitschrift / Ausgabe 8/2022
Print ISSN: 0945-1129
Elektronische ISSN: 2520-1816
DOI
https://doi.org/10.1007/s41906-022-1316-7

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