Skip to main content
Erschienen in: Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 5/2011

01.10.2011 | Originalarbeit

Der einwilligungsunfähige Patient ohne Bevollmächtigten oder Betreuer in der Akutgeriatrie

verfasst von: PD Dr. M. Schuler

Erschienen in: Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie | Ausgabe 5/2011

Einloggen, um Zugang zu erhalten

Zusammenfassung

Hintergrund

Ausgestellte Vollmachten und eingerichtete Betreuungen gewinnen für die Behandlung von Patienten im Krankenhaus an Bedeutung. Fehlen diese im Bedarfsfall, werden Krankenhausbehandlung und Entlassung schwieriger. Ziel der Untersuchung war, das Problem erstmals aus Sicht einer akutgeriatrischen Abteilung zu beschreiben und in Bezug auf Verweildauer und Erlössituation zu diskutieren. Zudem wurde versucht, die Zusammenarbeit mit Betreuungsbehörde und dem Amtsgericht zu verbessern, mit dem Ziel, die Dauer bis zur Bestellung eines Betreuers zu beschleunigen.

Material und Methode

Insgesamt wurden 24 konsekutive Patienten, bei denen während des Krankenhausaufenthalts eine Betreuung angeregt wurde, mit 25 konsekutiven Patienten nach der Intervention verglichen.

Ergebnisse

In Bezug auf die Gesamtzahl der behandelten Patienten wurde im Jahr 2008 bei 2,1% und 2009 bei 4,6% eine Betreuung angeregt. Im Vergleich zu allen Patienten waren sie schwerer krank und wurden länger behandelt. Durch die Intervention konnte eine mittlere, nichtsignifikante Verkürzung der Behandlungszeit von 2,8 Tagen erreicht werden. Unabhängige Risikofaktoren für lange Behandlungsdauern waren schwerere Erkrankungen und ein seit Aufnahme späterer Zeitpunkt des Betreuungsantrags. Bei Patienten, die über der oberen Grenzverweildauer nach der Abrechnungssystematik für deutsche Krankenhäuser behandelt wurden, waren der Umzug in ein Pflegeheim nach Entlassung und die Notwendigkeit eines professionellen Betreuers einzig bedeutend für die Länge der Behandlung im Vergleich zu denen, deren Behandlungsdauer unterhalb der oberen Grenzverweildauer lag.

Schlussfolgerungen

Die Ergebnisse belegen, dass im deutschen Abrechnungssystem für Krankenhäuser soziale Problemstellungen nicht ausreichend berücksichtigt werden. Die Betreuungsverfahren bis zum Bestellen eines professionellen Betreuers dauern für Krankenhauspatienten zu lange. Die Notwendigkeit einer rechtzeitig ausgestellten Vorsorgevollmacht muss in der Bevölkerung mit Nachdruck propagiert werden. Dem Krankenhaus bleibt momentan nur, die Patienten mit fehlender, aber notwendiger Betreuung frühzeitig zu identifizieren und mit den zuständigen Vor-Ort-Behörden in engem Kontakt zu bleiben.
Fußnoten
1
§ 1896 BGB Voraussetzungen:
1) Kann ein Volljähriger auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen, so bestellt das Betreuungsgericht auf seinen Antrag oder von Amts wegen für ihn einen Betreuer. Den Antrag kann auch ein Geschäftsunfähiger stellen. Soweit der Volljährige auf Grund einer körperlichen Behinderung seine Angelegenheiten nicht besorgen kann, darf der Betreuer nur auf Antrag des Volljährigen bestellt werden, es sei denn, dass dieser seinen Willen nicht kundtun kann.
1a) Gegen den freien Willen des Volljährigen darf ein Betreuer nicht bestellt werden.
2) Ein Betreuer darf nur für Aufgabenkreise bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist. Die Betreuung ist nicht erforderlich, soweit die Angelegenheiten des Volljährigen durch einen Bevollmächtigten, der nicht zu den in § 1897 Abs. 3 bezeichneten Personen gehört, oder durch andere Hilfen, bei denen kein gesetzlicher Vertreter bestellt wird, ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können.
3) Als Aufgabenkreis kann auch die Geltendmachung von Rechten des Betreuten gegenüber seinem Bevollmächtigten bestimmt werden.
4) Die Entscheidung über den Fernmeldeverkehr des Betreuten und über die Entgegennahme, das Öffnen und das Anhalten seiner Post werden vom Aufgabenkreis des Betreuers nur dann erfasst, wenn das Gericht dies ausdrücklich angeordnet hat.
 
Metadaten
Titel
Der einwilligungsunfähige Patient ohne Bevollmächtigten oder Betreuer in der Akutgeriatrie
verfasst von
PD Dr. M. Schuler
Publikationsdatum
01.10.2011
Verlag
Springer-Verlag
Erschienen in
Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie / Ausgabe 5/2011
Print ISSN: 0948-6704
Elektronische ISSN: 1435-1269
DOI
https://doi.org/10.1007/s00391-011-0230-1

Weitere Artikel der Ausgabe 5/2011

Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 5/2011 Zur Ausgabe

Beiträge zum Themenschwerpunkt

Dimensionen und Deutungsmuster des Alterns

Beiträge zum Themenschwerpunkt

Altsein ist später