Der Verlust des Ehemanns oder der Ehefrau ist allgemein mit funktionellen Einbußen und einer erhöhten Mortalität verknüpft. Müsste das für ohnehin eingeschränkte ältere Personen nicht in besonderem Maße gelten? Eine US-Studie hat das untersucht.
Nach dem Verlust des Partners erleiden Menschen mit bestehenden Einschränkungen und Vorerkrankungen weitere funktionelle Einbußen.
Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels.
Ein Team um Rebecca Rodin von der Icahn School of Medicine at Mount Sinai hat sich die Daten von 13.824 Teilnehmern – im Schnitt 70 Jahre alt, 46,4% weiblich – der Health and Retirement Study Database aus den Jahren 2008 bis 2018 angesehen. Die Angaben waren mit Krankenversicherungsdaten verknüpft. 5732 Probanden mussten den Verlust des Lebenspartners hinnehmen.
Rodin und Kollegen interessierten sich dafür, wie sich vorbestehende Einschränkungen im Alltag auf die Folgen auswirken, die das weitere Leben als Witwe oder Witwer mit sich bringt. Der Blick galt dabei der Hilfsbedürftigkeit bei sechs Aktivitäten des täglichen Lebens (Gehen, Anziehen, Baden, Essen, Hinlegen und Aufstehen aus dem Bett, Toilettengang) oder bei fünf instrumentellen Aktivitäten (Kochen, Einkaufen, Telefonieren, Medikamentengebrauch, Umgang mit Geld). Für jede bewältigte dieser Aktivitäten gab es einen Punkt auf einer von 0 bis 11 reichenden Skala. Als eingeschränkt bewertet wurde, wem mindestens zwei Punkte fehlten.
Die Forscher stellten nun Probanden mit Demenz, einer Krebserkrankung oder einem Herz- bzw. Lungenleiden und funktionellen Einschränkungen merkmalsgleichen Probanden ohne solche Defizite gegenüber. Dabei zeigte sich für die an Krebs Erkrankten ein funktioneller Abfall von weiteren im Mittel 1,17 Punkten auf der genannten Skala direkt nach Verlust des Partners oder der Partnerin. Bei Patienten mit Demenz gingen im Schnitt weitere 1,0 Punkte verloren. Hingegen war für Patienten mit Herz- oder Lungenkrankheiten kein signifikanter Rückgang der Punktzahl festzustellen.
Einfluss auf die Mortalität im Folgejahr
Dass der Rückgang der Funktionalität auf die Erkrankung an Krebs oder Demenz zurückzuführen war und nicht auf die vorbestehenden Einschränkungen selbst, legte eine Sensitivitätsanalyse nahe. Denn bei funktionell eingeschränkten Probanden, die keine dieser Erkrankungen aufwiesen, war nach dem Partnerverlust kein weiterer funktioneller Abfall festzustellen.
Das Leben ohne Partner erhöhte auch die Sterblichkeit der eingeschränkten Personen im folgenden Jahr, und zwar um 8% für Krebspatienten und um 14% für Patienten mit Demenz, jeweils im Vergleich zu Personen ohne Verlust des Ehepartners. Für Patienten mit Herz- oder Lungenleiden ergab sich hinsichtlich der Mortalität keine signifikante Steigerung. Etwaige Unterschiede in der Sterblichkeit fielen jedoch nach Abgleich gegen Störfaktoren wie Alter, Geschlecht, Krankheitsstadium, Begleitkrankheiten und Vermögensstand nicht mehr statistisch signifikant aus.
„In unserer Kohortenstudie haben wir festgestellt, dass funktionell eingeschränkte ältere Menschen mit Krebs oder Demenz nach dem Verlust ihres Lebenspartners weitere funktionelle Einschränkungen erfahren“, schreiben Rodin et al. in ihrer Zusammenfassung. Das zeige, dass Personen mit diesen Erkrankungen und einem hohen Versorgungsbedarf stärker von den Effekten der Witwen- oder Witwerschaft betroffen seien. Diese Erkenntnis könne helfen, die Einschätzung der Bedürfnisse und die Planung der künftigen Versorgung nach dem Tod des Ehepartners anzuleiten.
Quelle: Springer Medizin
Das Wichtigste in Kürze |
Frage: Wie wirkt sich der Verlust des Ehepartners auf ältere Patienten mit funktionellen Einschränkungen und Vorerkrankungen aus? Antwort: Funktionell eingeschränkte, an Krebs oder Demenz erkrankte Patienten erleiden nach dem Verlust des Lebenspartners weitere funktionelle Einbußen. Bedeutung: Die Befunde können helfen, die künftige Versorgung von funktionell eingeschränkten Patienten nach dem Tod des Partners zu planen. Einschränkung: Ob sich die Ergebnisse auf Patienten mit anderen als den untersuchten ernsten Krankheiten verallgemeinern lassen, ist unklar. |