2.1 Einleitung
2.2 Gründe für Arbeitsunfähigkeiten
-
Tätigkeiten, die hohe körperliche oder psychische Beanspruchungen bedingenDie Art der ausgeübten Tätigkeit hat sowohl erheblichen Einfluss auf das Ausmaß und die Häufigkeit der Fehlzeiten als auch auf die Art der Erkrankung. Die Gründe für die Höhe der Fehlzeiten werden durch die berufsspezifischen Anforderungsprofile beeinflusst (Meyer et al. 2018).
-
Ein geringer AusbildungsstatusDie Bildung besitzt einen hohen Stellenwert für die Gesundheit. Der formale Bildungsabschluss korreliert mit der Stellung in der Arbeitswelt, woraus sich wiederum Bezüge zu berufsbezogenen Belastungen und Ressourcen sowie zur Einkommenssituation ergeben. Eine höhere Bildung führt zu einem höheren beruflichen Status mit einem höheren Einkommen und höherer Anerkennung und ist mit größeren Handlungs- und Gestaltungsspielräumen verbunden, was wiederum Gesundheitsbelastungen reduziert (Karasek und Theorell 1990; Siegrist 1999). Eine niedrige Bildung führt dagegen zu beruflichen Tätigkeiten, die mit einem größeren Maß an physiologisch-ergonomischen und psychischen Belastungen sowie höherer Arbeitsplatzunsicherheit verbunden sind. Sie zeigt zudem Zusammenhänge mit einer erhöhten Häufigkeit chronischer Erkrankungen, mehr Tabakkonsum, weniger sportlichen Aktivitäten und einer geringeren Inanspruchnahme von Präventionsangeboten wie Vorsorgeuntersuchungen (Datenreport 2018; Mielck 2000).
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Ein Wohnort bzw. Arbeitsplatz in bestimmten RegionenHierzu finden sich in den AU-Daten keine weiteren Indikatoren, die diese regionalen Unterschiede bei den Fehlzeiten näher begründen können. Allerdings ist zu beobachten, dass bestimmte Regionen bezüglich des AU-Geschehens sich auch im Zeitverlauf relativ konstant auffälliger oder unauffälliger im Regionalvergleich darstellen. Vermutlich nehmen hier die regional unterschiedlichen Arbeits- und Lebensbedingungen Einfluss auf die regionalen Fehlzeiten in Betrieben.
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Ein höheres AlterMit zunehmendem Alter nimmt die durchschnittliche Krankheitslast der Erwerbsbevölkerung zu. So erhöht sich die Wahrscheinlichkeit für chronische Krankheiten, aber vor allem nehmen Muskel-/Skelett-, Herz/Kreislauferkrankungen und Mehrfacherkrankungen (Multimorbidität) in der Tendenz zu (Hasselhorn und Rauch 2013).
-
Viel menschlicher Kontakt und daher höhere Ansteckungsgefahr mit Erkältungen und GrippeErkältungsviren werden vor allem von Mensch zu Mensch durch Tröpfcheninfektion übertragen. Daher steigt das Erkrankungsrisiko und damit auch das Risiko für Fehlzeiten durch eine höhere Anzahl menschlicher Kontakte. Oftmals sind es die auftretenden Grippe- und Erkältungswellen, die den Krankenstand spürbar ansteigen lassen (Meyer und Meschede 2016).
-
Weibliches GeschlechtVor allem die unterschiedliche Arbeits- und Lebensbedingungen von Frauen und Männern beeinflussen die geschlechtsspezifischen gesundheitlichen Belastungen und Risiken. Frauen sind eher im Dienstleistungsbereich sowie in sozialen Berufen oder in Gesundheits-, Pflege-, Erziehungs- und Bildungsberufen tätig. Diese Tätigkeiten sind oftmals mit besonders hohen psychischen Belastungen verbunden. Frauen arbeiten zudem häufiger in Teilzeit oder in Minijobs und sind außerdem überproportional in Tätigkeiten mit einem geringeren beruflichen Status zu finden. Zudem sind die Lebens- und Arbeitswelten von Frauen vielfach von der Anforderung geprägt, familiäre Belange (Kinderbetreuung oder die Pflege von Angehörigen) mit der Erwerbsarbeit zu vereinbaren, was wiederum zu vermehrten gesundheitlichen Belastungen führt (Klärs 2015).
-
Unbefristete Arbeit und VollzeitHier ist zu vermuten, dass bei den Unbefristeten und Vollzeitbeschäftigten weniger Präsentismus – d. h. trotz Erkrankung zu arbeiten – auftritt. So hat ein Teilzeitbeschäftigter oftmals das Problem, die Menge der Arbeit in weniger Arbeitszeit erledigen zu müssen. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Neigung, bei Arbeitsverdichtung krank zur Arbeit zu gehen, größer ist als bei Vollzeitbeschäftigten. Ebenso können befristet Beschäftigte den Druck verspüren, weniger am Arbeitsplatz zu fehlen, weil sie damit die Hoffnung verbinden, entfristet zu werden. Allerdings kann Präsentismus langfristig zu längeren krankheitsbedingten Ausfallzeiten führen (Schmidt und Schröder 2010).
-
Keine Anstellung bei einer ArbeitnehmerüberlassungUnsichere Beschäftigungsverhältnisse wie die Anstellung über eine Zeitarbeitsfirma zeigen den gleichen Effekt wie bei befristet Beschäftigten. Es wird an dieser Stelle vermutet, dass die Option, eine Erkrankung vollständig auszukurieren, weniger in Anspruch genommen wird, um die Chance auf eine reguläre Beschäftigung zu erhöhen.
2.3 Arbeitsunfähigkeiten von Pflegekräften
2.3.1 Datenbasis
Tätigkeitsschlüssel (nach der Klassifikation der Berufe 2010) | Berufsbezeichnung |
---|---|
8210 | Berufe in der Altenpflege (ohne Spezialisierung) |
8218 | Berufe in der Altenpflege (sonstige spezifische Tätigkeitsangabe) |
8132 | Berufe in der Fachkinderkrankenpflege |
8131 | Berufe in der Fachkrankenpflege |
8130 | Berufe in der Gesundheits- & Krankenpflege (ohne Spezialisierung) |
8219 | Führungskräfte – Altenpflege |
Schlüssel nach der Wirtschaftszweigklassifikation 2008 | Bezeichnung |
---|---|
881 | Soziale Betreuung älterer Menschen und Behinderter |
873 | Altenheime, Alten- und Behindertenwohnheime |
871 | Pflegeheime |
2.3.2 Pflegende Berufe im Überblick
Durchschnittsalter | Anteil weiblicher Beschäftigter in Prozent | Anteil der über 50-Jährigen in Prozent | |
---|---|---|---|
Pflegende Berufe | 40,6 | 85,5 | 31,1 |
Alle Berufe | 40,0 | 42,9 | 29,0 |
Ausbildung | Anteil in Prozent | |
---|---|---|
Pflegende Berufe | Alle Berufe | |
Ohne beruflichen Ausbildungsabschluss | 20,8 | 23,2 |
Mit Berufsausbildung | 76,9 | 68,5 |
Ohne beruflichen Ausbildungsabschluss | 20,8 | 23,2 |
Befristung | Anteil Personen in Prozent | |
---|---|---|
Pflegende Berufe | Alle Berufe | |
Unbefristet | 63,6 | 72,5 |
Befristet | 36,4 | 27,5 |
Vollzeit | 44,1 | 70,8 |
Teilzeit | 55,9 | 29,2 |
Tätigkeit | Beruf | Krankenstand | Arbeitsunfähigkeitstage je 100 Versichertenjahre | Arbeitsunfähigkeitsfälle je 100 Versichertenjahre | Tage je Fall | Personen | Anteil Personen in % | Erkrankte | AU-Quote in % |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
8210 | Berufe in der Altenpflege (ohne Spezialisierung) | 7,5 | 2.727,3 | 189,6 | 14,4 | 255.145 | 71,7 | 160.325 | 62,8 |
8130 | Berufe in der Gesundheits- & Krankenpflege (ohne Spezialisierung) | 7,4 | 2.708,4 | 168,1 | 16,1 | 88.503 | 24,9 | 52.233 | 59,0 |
8218 | Berufe in der Altenpflege (sonstige spezifische Tätigkeitsangabe) | 7,3 | 2.647,6 | 171,6 | 15,4 | 2.143 | 0,6 | 1.325 | 61,8 |
8132 | Berufe in der Fachkinderkrankenpflege | 7,1 | 2.600,0 | 141,1 | 18,4 | 133 | 0,0 | 75 | 56,4 |
8131 | Berufe in der Fachkrankenpflege | 6,9 | 2.526,8 | 141,9 | 17,8 | 2.817 | 0,8 | 1.534 | 54,5 |
8139 | Aufsichts-/Führungskr. Gesundheits-/Krankenpflege, Rettungsdienst, Geburtshilfe | 6,2 | 2.260,7 | 129,7 | 17,4 | 6.149 | 1,7 | 3.386 | 55,1 |
8219 | Führungskräfte – Altenpflege | 4,4 | 1.597,3 | 96,6 | 16,5 | 1.098 | 0,3 | 485 | 44,2 |
Pflegende Berufe insgesamt
|
7,4
|
2.708,0
|
182,3
|
14,9
|
355.988
|
100
|
219.363
|
61,6
| |
Alle Berufe
|
5,3
|
1.938,3
|
163,9
|
11,8
|
13.251.756
|
100
|
7.081.517
|
53,4
|
2.3.3 Pflegende Berufe im Einzelnen
2.3.4 Fallgeschehen
Anzahl Arbeitsunfähigkeitsfälle | AU-Quote in Prozent | |
---|---|---|
Pflegende Berufe | Alle Berufe | |
1 Fall | 25,5 | 23,0 |
2 Fälle | 15,9 | 13,3 |
3 und mehr Fälle | 20,2 | 17,2 |
Ohne AU | 38,4 | 46,6 |
2.3.5 Ausbildungsstatus
2.3.6 Alters- und Geschlechtsstruktur
Kennwerte | Pflegende Berufe | Alle Berufe | ||
---|---|---|---|---|
Beobachtet | Standardisiert | Beobachtet | Standardisiert | |
Krankenstand in Prozent | 7,4 | 6,9 | 5,3 | 5,4 |
Arbeitsunfähigkeitstage je 100 Versichertenjahre | 2.708,1 | 2.524,9 | 1.938,3 | 1.955,1 |
Arbeitsunfähigkeitsfälle je 100 Versichertenjahre | 182,4 | 175,1 | 163,9 | 163,2 |
2.3.7 Region
2.3.8 Vertragsart
Geschlecht | Vertragsart | Pflegende Berufe | Alle Berufe | ||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Krankenstand | AU-Tage je 100 VJa | AU-Fälle je 100 VJa | Durchschnittsalter | Krankenstand | AU-Tage je 100 VJa | AU-Fälle je 100 VJa | Durchschnittsalter | ||
Männlich | Vollzeit | 5,5 | 1.998,7 | 180,0 | 35,2 | 5,4 | 1.980,9 | 168,2 | 39,8 |
Männlich | Teilzeit | 6,2 | 2.245,0 | 168,6 | 38,0 | 4,0 | 1.444,4 | 116,4 | 39,3 |
Weiblich | Vollzeit | 7,0 | 2.560,3 | 190,3 | 38,7 | 5,1 | 1.878,2 | 179,3 | 37,4 |
Weiblich | Teilzeit | 8,1 | 2.969,9 | 178,8 | 43,2 | 5,6 | 2.056,5 | 153,0 | 43,5 |
Geschlecht | Vertragsart | Pflegende Berufe | Alle Berufe | ||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Krankenstand | AU-Tage je 100 VJa | AU-Fälle je 100 VJa | Durchschnittsalter | Krankenstand | AU-Tage je 100 VJa | AU-Fälle je 100 VJa | Durchschnittsalter | ||
Männlich | Unbefristet | 6,1 | 2.241,0 | 153,6 | 39,7 | 5,5 | 2.008,4 | 154,6 | 42,0 |
Männlich | Befristet | 5,1 | 1.860,7 | 209,3 | 31,8 | 4,3 | 1.569,0 | 190,1 | 33,4 |
Weiblich | Unbefristet | 8,2 | 2.999,1 | 717,0 | 44,1 | 5,6 | 2.051,6 | 157,3 | 42,8 |
Weiblich | Befristet | 6,5 | 2.383,3 | 210,4 | 36,3 | 4,7 | 1.706,4 | 193,8 | 34,7 |
2.3.9 Diagnosebezogene Auswertungen
ICD | Diagnose | Pflegende Berufe | Alle Berufe | ||
---|---|---|---|---|---|
AU-Tage je 100 VJa | AU-Fälle je 100 VJa | AU-Tage je 100 VJa | AU-Fälle je 100 VJa | ||
J00-J06 | Akute Infektionen der oberen Atemwege | 236,8 | 35,8 | 198,2 | 34,7 |
J09-J18 | Grippe und Pneumonie | 25,4 | 2,6 | 20,6 | 2,3 |
ICD | Diagnose | Pflegende Berufe | Alle Berufe | ||||
---|---|---|---|---|---|---|---|
AU-Tage je 100 VJa | AU-Fälle je 100 VJa | Tage je Fall | AU-Tage je 100 VJa | AU-Fälle je 100 VJa | Tage je Fall | ||
M54 | Rückenschmerzen | 297,6 | 19,2 | 15,5 | 196,8 | 16,0 | 12,3 |
M51 | Sonstige Bandscheibenläsionen | 99,0 | 2,6 | 38,7 | 62,5 | 2,0 | 31,3 |
M75 | Schulterläsionen | 79,3 | 2,2 | 35,9 | 56,1 | 1,9 | 29,5 |
ICD | Diagnose | Pflegende Berufe | Alle Berufe | ||||
---|---|---|---|---|---|---|---|
AU-Tage je 100 VJa | AU-Fälle je 100 VJa | Tage je Fall | AU-Tage je 100 VJa | AU-Fälle je 100 VJa | Tage je Fall | ||
F32 | Depressive Episode | 233,7 | 5,9 | 39,8 | 107,2 | 3,1 | 35,1 |
F43 | Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen | 157,2 | 6,4 | 24,5 | 73,5 | 3,5 | 20,9 |
F33 | Rezidivierende depressive Störung | 91,5 | 1,7 | 53,6 | 39,6 | 0,8 | 47,0 |
2.4 Handlungsmöglichkeiten im Rahmen von BGM
-
Stressbewältigung und Resilienzstärkung,
-
bewegungsförderliches Arbeiten,
-
gesundheitsgerechte Ernährung auch im Arbeitsalltag und
-
verhaltensbezogene Suchtprävention.
2.5 Bereichsübergreifende Zusammenarbeit und Netzwerkbildung
2.6 Fazit und Ausblick
-
… häufiger im Jahr krankgeschrieben,
-
… fallen pro Krankschreibung häufiger länger als sechs Wochen aus,
-
… auch bei einem höheren Ausbildungsstatus von längeren Fehlzeiten betroffen,
-
… wenn sie weiblich sind, systematisch in allen Altersgruppen häufiger als Männer von Fehlzeiten betroffen,
-
… überproportional von Muskel/Skelett-, psychischen Erkrankungen und Atemwegserkrankungen wie Erkältungen und Grippe betroffen,
-
… wenn sie als Teilzeitkräfte arbeiten, häufiger von Fehlzeiten betroffen als Vollzeitkräfte.