Arbeitgeberverband und Pflegegewerkschaft kritisieren die Empfehlungen der Pflegekommission zur Anhebung der Mindestlöhne in der Altenpflege scharf. Von drohender Insolvenzwelle bis zu „Kosmetik ohne viel Nutzen“ reichen die Kommentare. Der Deutsche Pflegerat äußert sich dagegen verhalten.
Nach Bekanntwerden der Empfehlungen der Pflegekommission zur erneuten Anhebung der Mindestlöhne in der Altenpflege „hagelt“ es vornehmlich Kritik aus unterschiedlichen Richtungen. Neben dem Deutschen Pflegerat e.V. (DPR) meldeten sich auch der Arbeitgeberverband Pflege (AGVP) und die Pflegegewerkschaft Bochumer Bund zu Wort.
Arbeitgeberverband fordert „Pflegegipfel“
Beim Arbeitgeberverband Pflege (AGVP) stoßen die Vorschläge der Pflegekommission auf wenig Gegenliebe. Er lehnt die Empfehlungen als einseitig ab. AGVP-Präsident Thomas Greiner erklärte: „Deutschland braucht eine gute Altenpflege und die gibt es nicht ohne gut bezahlte Pflegekräfte.“ Allerdings gebe es, so Greiner weiter, auch „keine gute Altenpflege, wenn sie für die Pflegebedürftigen unbezahlbar ist oder Pflegeeinrichtungen unter einer Insolvenz- und Schließungswelle begraben werden. Die Belange der Pflegebedürftigen dürfen wir als Mitglieder der Pflegekommission nicht ignorieren, nur weil sie nicht mit am Tisch sitzen.“ Greiner warnt davor, dass die Pflegeplatzsuche für Pflegebedürftige noch beschwerlicher werden wird, weil viele Einrichtungen unter der Last, gestiegene Löhne vorzufinanzieren, kollabieren würden. Gleichzeitig werde sich die Kostenspirale für die Pflegebedürftigen, die einen Platz ergattern können, noch schneller drehen. Der AGVP-Präsident ruft dazu auf, sich zusammenzusetzen, „um die Finanzierung der Altenpflege auf ein solides Fundament zu stellen und die Versorgung der Pflegebedürftigen widerstandsfähig abzusichern.“ Dazu fordert er einen Pflegegipfel.
Bochumer Bund findet Kommission nutzlos
Die Pflegegewerkschaft Bochumer Bund spricht von einer „kosmetischen Behandlung ohne viel Nutzen.“ Die Mindestlohnkommission sei im derzeitigen Lohngefüge mehr oder weniger nutzlos. Sie renne den viel zu niedrigen Tarifabschlüssen stets hinterher und stelle kaum ambitionierte Forderungen bzw. verfolge eine an den Notwendigkeiten orientierte Lohnpolitik. Aus Sicht der Gewerkschaft bleibt die Pflege bei der Lohnentwicklung stehen „und das auf einem schlechten Niveau.“ Folglich blieben die Pflegeberufe in Deutschland international nicht konkurrenzfähig und im Wettbewerb mit anderen Berufen unattraktiv, so die Einschätzung des Bochumer Bundes.
Signal für mehr Beschäftigung
Dagegen sieht der Deutsche Pflegerat e.V. (DPR) in den Empfehlungen ein „gutes Signal für mehr Beschäftigung“. DPR-Präsidentin Christine Vogler erklärt: „Klar sein muss, dass die Mindestlohngrenzen keine Lohnstandards sein dürfen. Sie können auch keine Maßgabe für Tarifvereinbarungen sein. Sie sind eine Mindestgrenze. Der jetzt vereinbarte Mindestlohn für Beschäftigte in der Altenpflege liegt deutlich über dem allgemeinen Mindestlohn. Damit wird gezeigt, dass die Berufe in der Pflege gut bezahlt werden. Dafür hat auch die seit September 2022 geltende Tarif-Treue-Regelung in der Langzeitpflege gesorgt.“ Als „bedenklich“ wertet Vogler die geringen Unterschiede im Mindestlohn zwischen Pflegefachpersonen, qualifizierten Pflegehilfskräften und Pflegehilfskräften. Der kleine Mehrverdienst ist aus ihrer Sicht kaum Anreiz, sich für eine qualifiziertere Ausbildung zu entscheiden, was eine Gefahr für die qualitative Sicherung der Pflege sein kann. Mit Blick auf die Pflegebedürftigen stellt Vogler klar, dass die „notwendigen Steigerungen der Löhne in der Pflege nicht zu einer weiteren Erhöhung der Kosten für die Pflegebedürftigen und deren Angehörige“ führen dürfen. Sie sieht den Staat in der Pflicht, Lösungen zu finden. Dazu gehöre auch die vollständige Refinanzierbarkeit der Kosten für die Einrichtungen. (SK)