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Erschienen in: Notfall + Rettungsmedizin 8/2022

Open Access 21.11.2022 | short communication

100. Krankenhaus erfolgreich zum Cardiac Arrest Center zertifiziert

Cardiac Arrest Center Zertifizierung erfolgreich in Deutschland implementiert

verfasst von: Nadine Rott, M.Sc., Lina Horriar, Bernd W. Böttiger

Erschienen in: Notfall + Rettungsmedizin | Ausgabe 8/2022

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Zusammenfassung

Cardiac Arrest Center (CAC) sind zertifizierte Krankenhäuser, die zur Weiterbehandlung prähospital reanimierter Patientinnen und Patienten spezialisiert sind. In Deutschland finden Audits seit Ende 2018 statt. Unter dem Ziel eines bundesweiten, flächendeckenden Ausbaus konnte nun das 100. Krankenhaus als CAC zertifiziert werden. Auch in den neuen internationalen Reanimationsleitlinien 2021 wird die besondere Bedeutung von CAC im neu entwickelten Kapitel „lebensrettende Systeme“ hervorgehoben.
Hinweise

Zusatzmaterial online

Die Online-Version dieses Beitrags (https://​doi.​org/​10.​1007/​s10049-022-01098-6) enthält zum Download eine Infografik des GRC zu den Anforderungen an Cardiac Arrest Center.
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Ein Cardiac Arrest Center (CAC) ist ein zertifiziertes Krankenhaus, das zur Weiterbehandlung prähospital reanimierter Patientinnen und Patienten in ganz besonderer Weise spezialisiert ist. Nach einer Pilotphase Ende 2018 wurde 2019 das deutschlandweite Zertifizierungs-Roll-out für CAC durch den Deutschen Rat für Wiederbelebung (German Resuscitation Council; GRC) und die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung (DGK) gestartet [1]. Im November 2022 konnte nun das 100. Krankenhaus erfolgreich zum CAC zertifiziert werden. Damit nähern wir uns – weltweit einzigartig – einem bundesweiten, flächendeckenden Ausbau mit dem Ziel der Verbesserung der Behandlungsqualität und der Überlebensraten von präklinisch reanimierten Patientinnen und Patienten.
Der Herz-Kreislaufstillstand ist in Europa die dritthäufigste Todesursache [2]. Allein in Deutschland sind jährlich weit über 70.000 Menschen betroffen [3]. Nach einer erfolgreich durchgeführten Reanimation ist die Weiterbehandlung in der spezialisierten Klinik wesentlich für die Überlebenschancen von Patientinnen und Patienten. Qualität, Spezialisierung, Fachkompetenz und Ausstattung der Kliniken beeinflussen massiv den Verlauf der weiteren Prognose. Von solchen spezialisierten und zertifizierten Kliniken wird eine Verdopplung des Überlebens erwartet [4].
Schon seit Jahren wird in den internationalen Leitlinien zur Reanimation gefordert, präklinisch reanimierte Patientinnen und Patienten in spezialisierten Krankenhäusern weiter zu behandeln [5]. Unter dem Schirm des GRC wurden 2017 erstmals in Deutschland mit einer Arbeitsgruppe aus Fachärztinnen und Fachärzten aus den Bereichen Anästhesiologie, Kardiologie, Notfallmedizin und Intensivmedizin Basisanforderungen für CAC erstellt. In einem Konsensuspapier wurden Qualitätskriterien und strukturelle Voraussetzungen für CAC festgehalten. Die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI), die DGK und die Deutsche Gesellschaft für Internistische Intensiv- und Notfallmedizin (DGIIN) konsentierten diese Kriterien und publizierten sie in den entsprechenden Fachzeitschriften der Gesellschaften [6]. Das Kuratorium mit Mitgliedern aus GRC und DGK hat Mitte 2021 einen überarbeiteten Kriterienkatalog für die CAC Zertifizierung abgestimmt und veröffentlicht. Dabei wurden auf Basis der ersten Erfahrungen Kriterien angepasst, konkretisiert und zum Teil zur Umsetzbarkeit im klinischen Alltag neu definiert [7].
Auch die neuen internationalen Reanimationsleitlinien 2021 hoben noch einmal die Bedeutung der CAC im neu entwickelten Kapitel „Lebensrettende Systeme“ hervor. CAC wurden unter den 5 lebensrettenden Systemen aufgeführt, mit denen die Überlebenskette Betroffener nach plötzlichem Herz-Kreislaufstillstand zum Erfolg geführt werden kann [8]. Den Rettungsdiensten soll durch diese spezialisierten Kliniken eine zielsichere Zuweisung der erfolgreich reanimierten Patientinnen und Patienten ermöglicht werden. Für Betroffene ist entscheidend, dass Fehltransporte in Krankenhäuser, die diese Anforderungen nicht erfüllen können, verhindert werden.
In Deutschland finden Auditierungen von CAC seit Ende 2018 statt, die ersten Kliniken konnten 2019 erfolgreich zertifiziert werden. Im Jahr 2022 wurde nun das 100. Krankenhaus zertifiziert (Abb. 1). Bereits in 14 der 16 deutschen Bundesländer sorgen diese Krankenhäuser für eine bessere Patientinnen- und Patientenversorgung. Auch im deutschsprachigen Ausland wurden bereits erste Kliniken nach diesen Vorgaben zertifiziert.
Zu den wichtigsten Qualitätskriterien für ein CAC zählen:
  • Eine besondere Struktur mit u. a. Verfügbarkeit einer geeigneten Übernahmeeinrichtung für reanimierte Patientinnen und Patienten und eines definierten Cardiac Arrest Receiving Teams, der 24/7-Verfügbarkeit eines Herzkatheterlabors mit der Möglichkeit der unmittelbaren Primär-PCI rund um die Uhr, der Verfügbarkeit eines Platzes auf der Intensivstation mit Nachweis einer fachintensivmedizinischen Betreuung sowie das Vorhandensein eines lokalen Qualitätszirkels zur Reanimationsversorgung
  • Die Sicherstellung einer adäquaten Prozessqualität mit Nachweis von Standard Operating Procedures (SOP), z. B. zur Schnittstellenkommunikation mit dem Rettungsdienst (die strukturierte und dokumentierte Notfallpatientenanmeldung, die Definition von Kommunikationswegen – ausdrücklich in beiden Richtungen – und die klare Festlegung von Verantwortlichkeiten sowie vorhandene oder zukünftige Komponenten telemedizinischer Technologien) und zur Übernahme von Notfallpatientinnen und -patienten nach prähospitaler Reanimation
  • Eine Qualitätssicherung mit Nachweis einer standardisierten und vergleichenden Erfassung des Behandlungsverlaufs und des Outcomes bis zur Entlassung [6].
Eine Studie aus 2022 untersuchte den Einfluss der CAC auf das Einweisungsverhalten von Notärztinnen und Notärzten und Rettungsfachpersonal. Die Hauptergebnisse waren, dass bei 75,1 % der Teilnehmenden die CAC Zertifizierung von Krankenhäusern bei ihrem künftigen Einweisungsverhalten von Patientinnen und Patienten mit präklinischem Herz-Kreislaufstillstand eine Rolle spielen würde. 78,8 % der befragten Notärztinnen und Notärzte und des Rettungsfachpersonals befürworteten die Einführung der CAC Zertifizierung, 78,3 % erwarteten dabei, dass die CAC Zertifizierung zu einer Verbesserung der Patientinnen- und Patientenversorgung führen wird. Die zusätzliche akzeptierte Transportzeit, um ein CAC zu erreichen, wurde mit 16,3 min (95 %-KI 15,2–17,3) angegeben [9].
Auch auf europäischer Ebene gibt es mittlerweile erste Bestrebungen, einheitliche Kriterien für CAC zu etablieren. Hierzu positionierten sich die wichtigsten europäischen Verbände und Gesellschaften, die sich mit der Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Herz-Kreislaufstillstand außerhalb des Krankenhauses befassen (Association for Acute CardioVascular Care of the European Society of Cardiology [AVCV], European Association of Percutaneous Coronary Interventions [EAPCI], European Heart Rhythm Association [EHRA], European Resuscitation Council [ERC], European Society for Emergency Medicine [EUSEM] und European Society of Intensive Care Medicine [ESICM]). Sie stellten in einem Positionspapier Mindestanforderungen an die Behandlungsmodalitäten für Patientinnen und Patienten nach einem Herz-Kreislaufstillstand dar. Die leitliniengerechte Therapie sowie eine konsequente Organisation der Behandlung von solchen Patientinnen und Patienten sollen auch in den anderen europäischen Ländern in Zukunft die Überlebensrate verbessern [10].
Wie Studiendaten zeigen, eröffnen CAC ein großes Potenzial zur Verbesserung der Outcomes von Patientinnen und Patienten nach prähospitalem Herz-Kreislaufstillstand. Durch die einheitlichen Strukturen der CAC gewährleisten diese eine optimale Patientenversorgung. Die Transportzeit in ein CAC scheint jedoch ein limitierender Faktor zu sein, der Rettungsfachpersonal davon abhalten könnte, ein CAC aufzusuchen. Um die Transportzeit zu verkürzen und Rettungsfachpersonal die Möglichkeit zu geben, ein CAC anzufahren, bedarf es eines stetigen Ausbaus an CACs und der kontinuierlichen Rezertifizierung dieser, um eine deutschlandweite, flächendeckende Versorgung dieser hochkomplexen Patientinnen und Patienten zu gewährleisten.

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt

N. Rott und L. Horriar sind Mitarbeiterinnen des Deutschen Rates für Wiederbelebung. N. Rott ist Editorial Board Member Resuscitation Plus. B.W. Böttiger ist Schatzmeister und Immediate Past Director Science and Research des European Resuscitation Council (ERC), Gründer des ERC Research Net, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Rates für Wiederbelebung/German Resuscitation Council (GRC), Mitglied im Präsidium der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), Gründer der Deutschen Stiftung Wiederbelebung, Bundesarzt des Deutsches Roten Kreuzes (DRK), Mitglied im Beirat der Deutschen Herzstiftung, Mitherausgeber der Zeitschrift Resuscitation, Schriftleiter der Zeitschrift Notfall+Rettungsmedizin, Mitherausgeber der Zeitschrift Brazilian Journal of Anesthesiology. Für Vorträge hat er Honorare der folgenden Firmen erhalten: Forum für medizinische Fortbildung (FomF), Baxalta Deutschland GmbH, ZOLL Medical Deutschland GmbH, C. R. Bard GmbH, GS Elektromedizinische Geräte G. Stemple GmbH, Novartis Pharma GmbH, Philips GmbH Market DACH, Bioscience Valuation BSV GmbH.
Für diesen Beitrag wurden von den Autor/-innen keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen.
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Literatur
7.
Zurück zum Zitat Scholz KH, Busch HJ, Frey N et al (2021) Qualitätskriterien und strukturelle Voraussetzungen für Cardiac Arrest Zentren – Update 2021: Deutscher Rat für Wiederbelebung/German Resuscitation Council (GRC) [Quality indicators and structural requirements for Cardiac Arrest Centers-Update 2021]. Notfall Rettungsmed 24:826–830. https://doi.org/10.1007/s10049-021-00920-xCrossRef Scholz KH, Busch HJ, Frey N et al (2021) Qualitätskriterien und strukturelle Voraussetzungen für Cardiac Arrest Zentren – Update 2021: Deutscher Rat für Wiederbelebung/German Resuscitation Council (GRC) [Quality indicators and structural requirements for Cardiac Arrest Centers-Update 2021]. Notfall Rettungsmed 24:826–830. https://​doi.​org/​10.​1007/​s10049-021-00920-xCrossRef
10.
Zurück zum Zitat Sinning C, Ahrens I, Cariou A et al (2020) The cardiac arrest centre for the treatment of sudden cardiac arrest due to presumed cardiac cause—Aims, function and structure: Position paper of the Association for Acute CardioVascular Care of the European Society of Cardiology (AVCV), European Association of Percutaneous Coronary Interventions (EAPCI), European Heart Rhythm Association (EHRA), European Resuscitation Council (ERC), European Society for Emergency Medicine (EUSEM) and European Society of Intensive Care Medicine (ESICM). Eur Heart J Acute Cardiovasc Care 9:S193–S202. https://doi.org/10.1177/2048872620963492CrossRefPubMed Sinning C, Ahrens I, Cariou A et al (2020) The cardiac arrest centre for the treatment of sudden cardiac arrest due to presumed cardiac cause—Aims, function and structure: Position paper of the Association for Acute CardioVascular Care of the European Society of Cardiology (AVCV), European Association of Percutaneous Coronary Interventions (EAPCI), European Heart Rhythm Association (EHRA), European Resuscitation Council (ERC), European Society for Emergency Medicine (EUSEM) and European Society of Intensive Care Medicine (ESICM). Eur Heart J Acute Cardiovasc Care 9:S193–S202. https://​doi.​org/​10.​1177/​2048872620963492​CrossRefPubMed
Metadaten
Titel
100. Krankenhaus erfolgreich zum Cardiac Arrest Center zertifiziert
Cardiac Arrest Center Zertifizierung erfolgreich in Deutschland implementiert
verfasst von
Nadine Rott, M.Sc.
Lina Horriar
Bernd W. Böttiger
Publikationsdatum
21.11.2022
Verlag
Springer Medizin
Erschienen in
Notfall + Rettungsmedizin / Ausgabe 8/2022
Print ISSN: 1434-6222
Elektronische ISSN: 1436-0578
DOI
https://doi.org/10.1007/s10049-022-01098-6

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