Pflege ist in aller Munde, trotzdem geht es mit der Profession nur zögerlich voran. Woran das liegt und welchen Einfluss das auf die Außenwahrnehmung der Pflege hat, war Thema auf dem 21. Gesundheitspflegekongresses am 3. November in Hamburg.
Eröffnete den 21. Gesundheitspflegekongress am 3. November in Hamburg: Vera Lux, Pflegedirektorin und Geschäftsführerin Pflege an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH).
Genießen professionell Pflegende in anderen Ländern ein hohes Sozialprestige, sieht das in Deutschland anders aus. Das öffentliche Bild der Pflege sei geprägt von einem traditionellen Rollenbild, wenig ausdifferenziert und es halte sich der Eindruck „Pflege kann jeder“, konstatierte Vera Lux, Pflegedirektorin und Geschäftsführerin Pflege an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) bei der Kongresseröffnung am Freitag. Pflege sei zwar ein Thema, aber jeder verstehe etwas anderes darunter.
Aus Sicht der Öffentlichkeit verfügt die Berufsgruppe über wenig Autonomie und Verantwortung – „Der Arzt verordnet und die Pflege führt aus.“ Der Pflegeberuf gilt als belastend und schlecht bezahlt, Entwicklungsmöglichkeiten werden nicht gesehen. Das müsse sich ändern, so Lux: „Erschöpft, fertig, Pflege am Boden – das ist nicht das Bild, das die Pflege in Deutschland prägen sollte.“
Die eigene Rolle definieren
Um das Sozialprestige der Pflege zu stärken, den Beruf attraktiver zu machen und die Profession voranzubringen, sind aus Sicht der Pflegemanagerin grundlegende Schritte seitens Politik und Berufsgruppe erforderlich.
Wichtig sei zunächst ein professionelles Rollenverständnis in der Pflege, erklärte Lux. Die Berufsgruppe müsse beschreiben, „was wir tun“ und wofür Pflege in den verschiedenen Settings da ist. Pflegende können ihre Rolle oft nicht ausreichend artikulieren, so ihre Beobachtung.
Lux forderte eine Neuausrichtung der Pflege in einem „wertebasierten Gesundheitssystem“. Die Frage laute dabei: Was benötigt der Patient, auf welchem Niveau und mit welcher Qualifikation? Vor diesem Hintergrund sei das Profil der Pflege zu schärfen – nach unten, aber auch nach oben. „Dafür braucht es auch Akademisierung.“
Heilkundeübertragung muss kommen
„Essenziell“ ist aus Sicht von Lux zudem die Umverteilung der Aufgaben im Gesundheitswesen verbunden mit mehr Autonomie und Verantwortung für Pflegefachpersonen. Die Heilkundeübertragung im Rahmen eines Heilkundegesetzes müsse kommen. Anderenfalls werde sich die Pflege keinen Schritt weiterentwickeln. Das Pflegestudiumstärkungsgesetz wertete Lux als einen ersten Schritt, der aber „bei weitem“ nicht ausreiche.
Um komplexen Aufgaben gerecht zu werden, brauche es von Seiten der Pflege hohe Fachkompetenz. Notwendig sei eine Fortbildungspflicht. Karrierepfade seien auszubauen und zu entwickeln, digitale Anwendungen in der Pflege konsequent auszubauen.
Wenn die Pflege komplexere Aufgaben übernimmt und über mehr Entscheidungskompetenzen verfügt, wird sie auch anders wahrgenommen, ist Lux überzeugt. Sie müsse diese Verantwortung aber auch annehmen. „Pflege hat jetzt die Chance, über mehr Autonomie und Verantwortung einen Zugewinn an Prestige zu erlangen. Die Verantwortung liegt aber nicht nur im Außen, sondern auch bei uns selbst.“ (ne)