Zusammenfassung
In den vergangenen Jahren haben einige umstrittene Urteile und Studien die Diskussion um die Qualität gerichtlicher Gutachten im Familienrecht in den Fokus der medialen, politischen und fachlichen Öffentlichkeit gerückt. Die Regierungsparteien vereinbarten in ihrem Koalitionsvertrag, die Qualität von Gutachten, insbesondere im Familienrecht, in Zusammenarbeit mit den Berufsverbänden zu verbessern. Vertreter und Vertreterinnen juristischer, psychologischer und medizinischer Fachverbände, der Bundesrechtsanwalts- und der Bundespsychotherapeutenkammer haben nun, fachlich begleitet durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Mindestanforderungen an die Qualität von Sachverständigengutachten im Kindschaftsrecht erarbeitet. Die 3 wesentlichen Aspekte, an denen sich ein Gutachten messen lassen muss, sind wissenschaftlich fundiertes Vorgehen, Transparenz und Nachvollziehbarkeit. Diese Anforderungen sind im Papier in detaillierten Empfehlungen zu Vorgehen und Verfassen eines Gutachtens konkretisiert.
Abstract
In recent years many controversial verdicts and studies have brought discussions about the quality of expert opinions in family law into the focus of the media, political and expert public spheres. With the coalition contract, the ruling parties agreed on improving the quality of expert opinions, especially in the sector of family law, in collaboration with professional institutions. Representatives of the legal, psychological and medical associations, the Federal Bar Association and the Federal Chamber of Psychotherapists worked out guidelines for expert opinions in family law in cooperation with the Federal Ministry of Justice and Consumer Protection. The three main quality assurance aspects are scientifically founded procedures, transparency and traceability. These requirements are concretely illustrated in this article with recommendations concerning the procedure and composition of expert opinions.
Notes
Beschl. v. 19.11.2014, Az. 1 BvR 1178/14.
Salewski und Stürmer (2015). Qualität familienrechtspsychologischer Gutachten. ZKJ 2015, S. 5–9 und 132–134; Fichtner (2015) Seriöser Anzug oder Matschhose? ZKJ 2015, S. 9–14 und S. 63–67; Hommers (2014). Anmerkungen zu dem „Untersuchungsbericht I“ über „Qualitätsmerkmale in der Familienrechtspsychologischen Begutachtung“. PdR, 477–490.
Koalitionsvertrag CDU CSU SPD 2013, S. 154.
BGHSt 45, 164; BGH 1 StR 5/02.
Arbeitsgruppe Familienrechtliche Gutachten 2015 (2015). Mindestanforderungen an die Qualität von Sachverständigengutachten im Kindschaftsrecht. PdR 7–27.
Die nachfolgenden Ausführungen stellen eine Zusammenfassung des Papiers dar.
Das in Art. 6 GG geschützte Eltern- sowie das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 GG.
Der Anhang führt die derzeitigen Vorgaben aus dem Verfahrensrecht auf. Aktuell liegt ein Regierungsentwurf zur Reformierung des Sachverständigenrechts vor, s. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Sachverständigenrechts und zur Änderung des Gesetzes über Verfahren im FamFG, 25.09.2015, Bundesrat Drucksache 438/15.
Anm. der Verfasser: Mit diesen Empfehlungen gehen die Mindestanforderungen über die geplanten Änderungen des Regierungsentwurfs zur Sachverständigenreform hinaus. Dies hielt die Expertengruppe angesichts der notwendigen Anforderungen, der Reichweite und Bedeutsamkeit der Sachverständigentätigkeit für notwendig und angebracht.
Wenn vom Gericht gewünscht, sind Kurzgutachten, Stellungnahmen bzw. mündliche Gutachten möglich.
Diese sind je nach erhobenen Untersuchungsergebnissen immer wieder anzupassen.
Diese ist je nach erhobenen Untersuchungsergebnissen immer wieder anzupassen.
Zum Beispiel Düsseldorfer Tabelle – Leitlinien für den Unterhaltsbedarf; Mindestanforderungen an Schuldfähigkeits- und Prognosegutachten.
Literatur
Arbeitsgruppe Familienrechtliche Gutachten (2015) Mindestanforderungen an die Qualität von Sachverständigengutachten im Kindschaftsrecht. Prax Rechtspsychologie 2015:7–27
Boetticher A, Kröber H‑L, Müller-Isberner R, Böhm KM, Müller-Metz R, Wolf T (2007) Mindestanforderungen für Prognosegutachten. Forens Psychiatr Psychol 1:90–100
Boetticher A, Nedopil N, Bosinski HAG, Saß H (2007) Mindestanforderungen für Schuldfähigkeitsgutachten. Forens Psychiatr Psychol Kriminol 1:3–9
Fichtner J (2015) Seriöser Anzug oder Matschhose? ZKJ 1:9–14 (2:63–67)
Hommers W (2014) Anmerkungen zu dem „Untersuchungsbericht I“ über „Qualitätsmerkmale in der Familienrechtspsychologischen Begutachtung“. Prax Rechtspsychol 2:477–490
Salewski C, Stürmer S (2015) Qualität familienrechtspsychologischer Gutachten. ZKJ 1:5–9 (4:132–134)
Koalitionsvertrag CDU CSU SPD (2013). https://www.bundesregierung.de/Content/DE/_Anlagen/2013/2013-12-17-koalitionsvertrag.html
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Interessenkonflikt
A. Kannegießer und H.-H. Rotax koordinierten unter Begleitung des Justizministeriums die interdisziplinäre Arbeitsgruppe Familienrechtliche Gutachten 2015. A. Kannegießer, Rechtsanwältin und Fachpsychologin für Rechtspsychologie, Vorsitzende der Sektion Rechtspsychologie im Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen und des Fachgremiums Rechtspsychologie der Föderation Deutscher Psychologenvereinigungen. H.-H. Rotax, pensionierter langjähriger Familienrichter, Fachautor, bis 2015 stellvertretender Vorsitzender der Kinderrechtekommission des DFGT.
Dieser Beitrag beinhaltet keine von den Autoren durchgeführten Studien an Menschen oder Tieren.
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Kannegießer, A., Rotax, HH. Qualitätssicherung von Gerichtsgutachten im Familienrecht. Forens Psychiatr Psychol Kriminol 10, 116–121 (2016). https://doi.org/10.1007/s11757-016-0362-7
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