Mehr als 8,5 Millionen Menschen sind aktuell in Deutschland an Diabetes mellitus erkrankt. Sie sind auf diabetesgeschultes Pflegepersonal in stationären oder ambulanten Einrichtungen angewiesen. In einem Positionspapier fordert der Landesverband NRW e.V. der Selbsthilfeorganisation Deutsche Diabetes-Hilfe eine strukturiertere Fort- und Weiterbildung von Pflegekräften.
Bei der Diabetestherapie gibt es rasante Weiterentwicklungen sowie zahlreiche technologische Neuerungen. Diese erfordern auch bei Pflegekräften ein hohes Maß an Fachwissen.
Etwa jeder fünfte Patient im Krankenhaus hat einen Diabetes mellitus. „Trotz dieser hohen Prävalenz ist die Aus- und Weiterbildung von Pflegefachkräften zu Diabetes nicht ausreichend. In der Ausbildung zur Pflegefachkraft werden etwa 20 Stunden zum Thema Diabetes unterrichtet, eine verpflichtende Fortbildung zu diesem Thema nach dem Examen gibt es nicht“, sagt Claudia Lenden, Gesundheits- und Krankenpflegerin aus Köln, auf einer online-Pressekonferenz. Im Arbeitsalltag erschweren zudem Zeitmangel, organisatorische und strukturelle Probleme in der Zusammenarbeit mit dem ärztlichen Personal sowie anderen Schnittstellen die kompetente Versorgung von Menschen mit Diabetes Typ 1 oder Typ 2, so Lenden weiter.
In einer multizentrischen Querschnittsanalyse wurde das diabetologische Fachwissen von Pflegepersonal mittels eines Fragebogens erhoben. Das Ergebnis: Nur etwa ein Drittel der Befragten konnte korrekte Antworten zur Ernährung bei Diabetes und nur 16% zur Insulindosisanpassung geben. Das bestätigen auch Diabetespatienten, die nach Aufenthalten in Kliniken und Pflegeinrichtungen häufig davon berichten, dass sich die Pflegefachkräfte nicht mit ihrer Erkrankung auskennen. „Pflegenden fehlt es oft an differenziertem Fachwissen, zum Beispiel zur Behandlung von Unter- und Überzuckerungen oder zum Umgang mit technischen Geräten wie Insulinpumpen“, stellt Lenden fest.
Konflikte mit Angehörigen programmiert
Ein Viertel der Betroffenen mit Typ-2-Diabetes gehört der Altersgruppe der über 75-Jährigen an, circa eine Million ist über 80 Jahre alt. Die meisten werden häufig allein von Angehörigen versorgt, einige durch ambulante Pflegedienste unterstützt. Diese Situation führe häufig zu Konflikten, sagt Doris Schöning, Mitglied im Fachbeirat der Deutschen Diabetes-Hilfe – Menschen mit Diabetes, Landesverband Nordrhein-Westfalen (DDH-M NRW). Denn die Mitarbeitenden des ambulanten Pflegedienstes verfügten zwar über eine hohe pflegerische Kompetenz, doch leider meist über ein geringes diabetologisches Wissen. „Angehörige erhalten auf einmal semikorrekte Informationen von den Pflegenden – anders als Diabetesteams sie vermitteln.“
In einem Positionspapier fordert die Deutsche Diabetes Hilfe vor den Landtagswahlen in NRW daher eine strukturierte diabetologische Fort- und Weiterbildung professionell Pflegender in ambulanten und stationären Einrichtungen der Langzeit- und Akutpflege sowie in der Psychiatrie. Den Pflegenden müsse Zeit und die Möglichkeit gegeben werden, sich fortlaufend zum Thema weiterzubilden, sind sich die Referierenden einig.